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Sender setzt Rotstift an RBB will fast 50 Millionen Euro einstreichen

Berlin · Die Sparpläne im Krisen-Sender RBB werden konkreter. Fast 50 Millionen Euro sollen eingespart werden. Betroffen ist auch ein Format mit Jörg Thadeusz.

 Das beleuchtete Logo des Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist an der Fassade am Sitz des Senders an der Masurenallee angebracht. (Archivfoto)

Das beleuchtete Logo des Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist an der Fassade am Sitz des Senders an der Masurenallee angebracht. (Archivfoto)

Foto: dpa/Carsten Koall

Der in eine tiefe Krise gestürzte Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) will bis Ende 2024 insgesamt 100 Stellen streichen. Außerdem sollen Sendungen eingestellt werden. Hintergrund sind geplante Einsparungen von fast 50 Millionen Euro, wie der öffentlich-rechtliche ARD-Sender am 22. Februar in Berlin mitteilte. Die Rede war von „Misswirtschaft der vergangenen Jahre“.

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Interims-Intendantin Katrin Vernau, seit Herbst im Amt, sagte laut Pressemitteilung: „Ohne unser entschiedenes Handeln noch in der laufenden Beitragsperiode würden wir spätestens Ende 2024 in einen finanziellen Abgrund blicken. Die Zahlungsfähigkeit wäre nicht mehr ohne Weiteres sichergestellt.“

Neben den 100 Stellen, die wegfallen sollen - insgesamt gibt es im Sender aktuell 1650 Stellen - wird es Veränderungen im Fernseh-Sendeschema geben. Die RBB-Hörfunkwellen bleiben dagegen laut ARD-Sender erhalten. „Der RBB wird keine Radiowelle einstellen.“

Wie genau das TV-Programm aussehen wird, ist noch nicht im Detail bekannt. Die Entwicklung der angestrebten Formate müsse noch erfolgen. Weiter hieß es: „Nach 22 Uhr wird kein Geld mehr in Fernseh-Formate investiert. Die Sendung „Thadeusz und die Beobachter“ wird der RBB ab 2024 nicht mehr produzieren.“ Darüber berichteten zuerst „B.Z.“ und „Bild“.

Bereits im Herbst wurde bekannt, dass 2024 auch die ARD-Themenwoche wegfallen wird. Bei früheren Themenwochen hatte auch der Satiriker Dieter Nuhr dafür einen Beitrag geleistet. Zudem soll es 2024 keine fiktionale Serie des RBB mehr geben - und auch keinen RBB-Mittwochsfilm im Ersten. Das bekannte Satireformat „Nuhr im Ersten“ wird hingegen auch 2024 vom Sender fortgeführt.

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Der RBB teilte weiter über Twitter mit: „Weil nach 22 Uhr im Schnitt weniger Menschen fernsehen, sparen wir hier an allen Tagen und stellen für den späten Abend künftig keine Sendungen mehr her.“

Das heißt, der RBB müsste Kooperationen mit anderen Sendern eingehen. Vernau hatte unlängst im Landtag Brandenburg in einem Ausschuss gesagt, dass man mit dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) stärker zusammenarbeiten wolle. Auf ARD-Ebene wird derzeit ohnehin diskutiert, ob es künftig eine Art Mantelprogramm für mehrere ARD-Sender geben könnte, um Synergien zu schaffen.

Zudem wird der RBB seine Federführung der ARD-Seite für das gemeinsame „Mittagsmagazin“ mit dem ZDF abgeben. Der RBB versicherte aber zugleich, der ARD sei die Kooperation sehr wichtig. ZDF-Intendant Norbert Himmler sagte: „ZDF und RBB haben in den letzten fünf Jahren bewiesen, wie man eine effiziente gemeinsame Produktionsinfrastruktur auf die Beine stellt. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Kooperation auch dann erhalten bleibt, wenn der RBB die Federführung innerhalb der ARD niederlegt.“

Der RBB war im Sommer 2022 in eine beispiellose Krise gestürzt, als durch Medienberichte Vetternwirtschafts- und Verschwendungsvorwürfe gegen die Spitze laut geworden waren. Die gesamte damalige Geschäftsleitungsriege ist nicht mehr im Amt. Im Zentrum des Skandals stehen die fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger und der Sender-Chefaufseher Wolf-Dieter Wolf. Die beiden wiesen Vorwürfe zurück.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung. Rechnungshöfe prüfen derzeit ebenfalls, eine externe Anwaltskanzlei arbeitet zudem an einem Bericht.

ARD, ZDF und Deutschlandradio werden über Rundfunkbeiträge finanziert, die Haushalte und Firmen zahlen. Die Höhe liegt bei monatlich 18,36 Euro, die aktuelle Beitragsperiode dauert noch bis Ende 2024. Auf den RBB entfielen 2021 nach Angaben des Sender-Beitragsservices im Jahre 2021 rund 436 Millionen Euro Erträge.

Der RBB will bei den Millionen-Einsparungen auch die Geschäftsleitung verkleinern und die Direktionen reduzieren. Perspektivisch um die Hälfte verringert werde zudem die im ARD-Vergleich überdurchschnittlich hohe Anzahl an außertariflich Beschäftigten im RBB.

Der RBB plant auch den Verkauf von zwei Immobilien und zwei unbebauten Grundstücken am Rande des Senderstandorts Potsdam. Darunter sei auch das Gebäude, in dem aktuell die Electronic Media School (EMS) untergebracht sei. Die Journalistenschule werde in die Senderstandorte integriert.

Am Donnerstag gehen die Tarifverhandlungen im Sender weiter, wie es von der Gewerkschaft Verdi hieß. Gerade jetzt benötigten die Beschäftigten ein klares Bekenntnis zum Schutz der langjährigen Freien, die einen großen Teil des RBB-Programms gestalteten.

In einem Interview des „Tagesspiegels“ sagte Interims-Intendantin Vernau unterdessen, dass sie bereit wäre, weiterhin Intendantin zu sein. Vernau ist als Interims-Chefin eigentlich nur bis Mitte September dieses Jahres im Amt. Bis dahin muss ein neuer Intendant gewählt werden.

In einer vorherigen Version dieses Artikels hieß es, dass auch eine Sendung von Dieter Nuhr betroffen sei, die für die ARD-Themenwoche geplant war. Das ist missverständlich. Nach Rücksprache mit der Nachrichtenagentur dpa, von der dieser Text stammt, haben wir den Part geändert.

(albu/top/dpa)
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