Asselborn im TV-Talk mit Anne Will Trump, der "Elefant im Porzellanladen"

Düsseldorf · "Wie gefährlich ist Trumps Außenpolitik?" - so lautete Anne Wills Frage an ihre Gäste. Gefährlich weil unberechenbar, meinten die. Doch vor allem wolle der US-Präsident wohl daheim Punkte sammeln.

Darum ging's

Zum seit Monaten schwelenden Nordkorea-Konflikt addiert der US-Präsident derzeit noch den Streit um Israels Hauptstadt. Donald Trumps Entscheidung, die Botschaft zu verlegen und Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, polarisiert die Region und die Weltgemeinschaft. Anne Will möchte im Sonntagsabend-Talk mit ihren Gästen diskutieren, wie gefährlich diese Politik eigentlich ist.

Darum ging's wirklich

Der Nahe Osten ist in Aufruhr, seit Trump Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt hat. Angesichts dieser Entscheidung des US-Präsidenten versuchen zwei Politiker, ein Journalist, eine Autorin und ein Historiker Trumps oft unberechenbare Methodik zu analysieren. Sie debattieren über die Zwei-Staaten-Lösung für Israelis und Palästinenser sowie über die Siedlungspolitik von Premierminister Netanjahu und werfen einen kurzen Blick nach Nordkorea.

Die Gäste

  • Jean Asselborn, Luxemburgs Außenminister
  • Cem Özdemir, Parteivorsitzender Bündnis 90/Grüne
  • Irene Dische, deutsch-amerikanische Autorin
  • Stefan Niemann, Leiter des ARD-Studios Washington
  • Michael Wolffsohn, Historiker und Publizist

Frontverlauf

Anne Will beginnt am Sonntagabend ihren TV-Talk mit Analysen zur Politik Trumps in Jerusalem und endet in Nordkorea. Historiker Michael Wolffsohn kann als einziger in der Runde der Entscheidung des amerikanischen Präsidenten für Jerusalem als Hauptstadt auch Positives abgewinnen. Funktional sei Westjerusalem ohnehin seit 1950 Hauptstadt des Landes, dort befinde sich die Knesset. Es sei sinnvoll, diese Realität endlich anzuerkennen, so Wolffsohn. Er hoffe, der Schritt könne auch anderes in dem festgefahrenen Konflikt ins Rollen bringen. "Nach 70 Jahren Fehlschlägen" könne jetzt eventuell etwas passieren, was aus der Sackgasse führe.

Cem Özdemir räumt ein, es habe im Nahost-Konflikt viele verpasste Gelegenheiten gegeben, ihm fehle allerdings die Fantasie, dort einen neuen Weg dank Trump zu sehen. Die Zwei-Staaten-Lösung sei in seinen Augen nach wie vor ohne Alternative. Trumps Aktion trage eher dazu bei, dass der Hass weiter zunehme, und "das kann nicht der richtige Weg sein".

Jean Asselborn, der wegen des Schneetreibens erst zur Halbzeit die Runde komplettiert, widerspricht Wolffsohns faktischer Sichtweise: "Dann könnte man auch sagen, dass die Krim bei Russland bleibt - das ist derzeit ja auch ein Fakt." Özdemir sagt, er könne den von Wolffsohn genannten positiven Aspekt ebenfalls nicht erkennen: "Eine komplizierte Situation wird noch komplizierter", so der Grüne. Trump löse lediglich daheim Wahlkampfversprechen ein und mache sich bei einer bestimmten Wählergruppe beliebt.

Auch Autorin Irene Dische zweifelt die Motive Trumps an: Für ein Botschaftsgebäude gebe es nicht einmal genug Bauland in der Stadt. In die Immobiliendiskussion wollen ihre Gesprächspartner allerdings nicht so recht einsteigen. Zwischenzeitlich hadert Dische: "Warum nimmt man hier Trump denn plötzlich ernst? Der kennt doch gar nicht den Unterschied zwischen Ost- und Westjerusalem."

Allzweckwaffe Kushner?

Dass Trumps Schwiegersohn Jared Kushner in der Region jetzt als Vermittler unterwegs ist, kann nicht nur ARD-Journalist Stefan Niemann schwer nachvollziehen. Nach der jüngsten Jerusalem-Entscheidung könne Kushner ohnehin nicht mehr erfolgreich vermitteln. Wolffsohn geht noch weiter, er hält Kushner Junior nicht nur für einen ungeeigneten Hauptverhandler, sondern für einen Anfänger: "Ihn als politische Allzweckwaffe zu verkaufen, ist ein schlechter Witz."

Einstimmig verurteilen Anne Wills Gäste Netanjahus Politik des fortgesetzten Siedlungsbaus. Er stehe nicht zuletzt der angestrebten Zwei-Staaten-Lösung für die Region im Weg. "Stellen Sie sich vor, Nachbarn wie Belgien würden sich in Luxemburg Landflecken nehmen und mit Stacheldraht einzäunen", so Außenminister Asselborn. "Das ist eine permanente Provokation und gegen die Würde der Palästinenser." Özdemir sagt: "Man muss auch als Freund Israels den Siedlungsbau kritisieren." Zugleich habe er "null Verständnis" wenn Demonstranten in Berlin Flaggen mit dem Davidstern verbrennen.

Was soll nun zu diesem Zeitpunkt Trumps Entscheidung? Niemann kritisiert, er erkenne keine Strategie. Für den Journalisten wie für Özdemir und Dische wirkt der Schritt nach wie vor, als wolle Trump mit derlei großen Gesten vor allem bei den Wählern daheim punkten. "Er hat ohnehin eine Allergie gegen multilaterale Abkommen", spielt Niemann auf den Ausstieg aus dem Pariser Klimapakt an. Derlei ziehe bei Anhängern der "America First"-Parolen.

Im Porzellanladen Nordkorea

Zuletzt wirft die Runde einen Blick nach Nordkorea, wo nach wie vor Militärmanöver und die Drohungen des Diktators Kim Jong Un für bedrohliche Spannungen sorgen. Asselborn und Niemann sind der Ansicht, Trump wolle dort eigentlich keinen Krieg anzetteln, sondern nur den Druck auf China und Nordkorea erhöhen. Wolffsohn allerdings sagte, Trump verhalte sich dabei wie ein "Elefant im Porzellanladen".

Özdemir nennt Trumps Politik dort "durchaus gefährlich", vor allem weil sie so "erratisch" sei. Seiner Meinung nach führe der Weg aus der Krise über direkte Gespräche und eine Annäherung, die Kim Jong Un nebenbei klar mache, dass niemand an seinem Sturz arbeite. Der Westen und Südkorea müssten allerdings auf weitere Manöver dort verzichten, um die Lage nicht eskalieren zu lassen. Richtig sei, so der Grüne, dass Deutschland weiter eine Botschaft dort habe, vor allem um die Gesprächskanäle aufrecht zu erhalten.

(juju)
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