Explosion in Ratingen Polizei findet Messer und Dolche im Keller des Beschuldigten – Haftbefehl erlassen

Ratingen/Düsseldorf · Am Tag nach der Explosion in dem Ratinger Hochhaus ist der Beschuldigte dem Haftrichter vorgeführt worden. Die Rettungskräfte wurden mit einer brennbaren Flüssigkeit kontaminiert. Auf einer Pressekonferenz gaben die Ermittler weitere Einzelheiten bekannt.

Ratingen: Ermittlungen am Tag nach der Explosion - Fotos
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Ermittlungen am Tag nach der Explosion in Ratingen

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Nach der verheerenden Explosion in einem Ratinger Hochhaus sucht die Polizei weiter nach dem Motiv des mutmaßlichen Täters. „Wir gehen davon aus, dass es sich um ein versuchtes Tötungsdelikt handelt“, sagte Heike Schultz, Einsatzleiterin des Polizeipräsidiums Düsseldorf am Freitag auf einer Pressekonferenz. „Wir haben aber keine abschließende Auffassung zur Motivlage des Täters. Da arbeiten wir noch dran“, betonte Schultz. Es gebe aber konkrete Hinweise darauf, dass er dem Lager der Corona-Leugner zuzurechnen sei. Die Tat scheint gut durchdacht und vermutlich über mehrere Tage geplant worden sein“, so Schultz weiter.

Nach Auskunft der zuständigen Staatsanwältin Laura Neumann wurde gegen den 57-Jährigen bereits Haftbefehl wegen versuchten Mordes in neun Fällen und weiterer Delikte sowie eine Unterbringung in Untersuchungshaft beantragt. „Es ist mit dem Beschuldigten gesprochen worden. Wir gehen derzeit nicht von einer Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit aus“, sagte Neumann. Ein psychiatrischer Sachverständiger sei aber beauftragt worden, in der nächsten Woche ein Gutachten über den Beschuldigten anzufertigen.

Explosion Ratingen: Bilder - NRW-Innenminister Reul vor Ort
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NRW-Innenminister Reul nach Explosion in Ratingen

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Laut Ermittlungsleiterin sind bei dem beschuldigten 57-jährigen auch Messer und Dolche in dessen Keller sichergestellt worden. „Auch haben wir das Gefäß entdeckt, in der eine brennbare Flüssigkeit wie Benzin und vielleicht noch andere Stoffe enthalten waren“, erklärte Schultz.

Die durch die Explosion schwerst verletzten Feuerwehrleute und Polizisten kämpften am Freitag weiterhin um ihr Leben; manche musste in ein künstliches Koma versetzt werden. Insgesamt waren durch die Explosion und den anschließenden Brand mehr als 30 Menschen verletzt worden, davon mehrere lebensgefährlich, darunter zwei Polizisten. Nach der Explosion hatte der 57-Jährige noch ein Feuer in der Wohnung gelegt. Dietmar Henning, leitender Polizeidirektor und Einsatzleiter, sagte, dass die Einsatzkräfte auch mit einer brennenden Flüssigkeit kontaminiert worden seien, wodurch sie schwerste Verbrennungen erlitten. Es könnten auch Gase gegen sie eingesetzt worden sein. Dies müsse jedoch weiter untersucht werden. Schwer bewaffnete Spezialkräfte hatten den Beschuldigten schließlich überwältigt und festgenommen; dabei wurde der Tatverdächtige leicht verletzt.

Der Tatverdächtige war der Polizei vorher bekannt. Wegen eines nicht gezahlten Geldbetrags lag gegen ihn ein Vollstreckungsbefehl vor. Bereits vor der Tat am Donnerstag habe ein Vollzugsbeamter versucht, den bestehenden Haftbefehl gegen den Tatverdächtigen zu vollziehen, sagte Einsatzleiterin Schultz. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch niemand die Tür geöffnet, weshalb der Zugriff zu einem späteren Zeitpunkt erneut versucht werden sollte. Ob dies in Zusammenhang mit den Ereignissen gestern stehe, sei unklar. „Die Tat scheint aber gut durchdacht und vermutlich über mehrere Tage geplant worden sein“, so Schultz.

Polizei und Feuerwehr waren am Donnerstagvormittag gegen 11 Uhr zu dem Hochhaus in Ratingen gerufen worden, weil sich dort eine Person in Not aufhalten sollte. Neben dem 57-Jährigen lebte dort auch noch dessen Mutter. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung waren die Einsatzkräfte auf eine weibliche Leiche gestoßen, bei der es sich vermutlich um dessen Mutter handelt. Die Leiche soll dort schon länger gelegen haben. Unabhängig von dem Fall verstarb in dem Hochhaus am selben Tag noch eine ältere bettlägerige Person nach einem internistischen Notfall.

 Die Spurensicherung betritt den Tatort in einem Hochhaus am Tag nach der Explosion.

Die Spurensicherung betritt den Tatort in einem Hochhaus am Tag nach der Explosion.

Foto: dpa/Roberto Pfeil

„Wir sind tief erschüttert, fassungslos, und wütend auf diese Tat, für die es keine Rechtfertigung gibt. Das war ein Angriff auf Menschen, die helfen wollten“, sagte Mettmanns Landrat Thomas Hendele. Mit Entsetzen reagierte auch die Düsseldorfer FDP-Bundespolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann auf die Tat. „Die Hinterhältigkeit dieser Attacke auf unsere Sicherheitskräfte hat eine neue Dimension erreicht. Das in einer Zeit, in der die Hemmschwelle gegenüber denen, die für unsere Gesundheit und unsere Sicherheit sorgen, immer weiter sinkt. Das dürfen wir so nicht hinnehmen“, sagte Strack-Zimmermann. Ratingens Bürgermeister Klaus Pesch nahm die Tat emotional sehr mit. „Das hat mich völlig aus der Bahn geworfen“, sagte er.

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