Deutschkurse am Gymnasium Wermelskirchen „Goethes ,Faust’ wird auch weiter gelesen“

Wermelskirchen · Lehrpläne sind im Wandel – auch im Fach Deutsch. Worauf es ankommt, verrät die Leiterin der Gymnasial-Fachschaft.

 Sandra Meurer ist Leiterin der Fachschaft Deutsch am Wermelskirchener Gymnasium.

Sandra Meurer ist Leiterin der Fachschaft Deutsch am Wermelskirchener Gymnasium.

Foto: Melanie Aprin

Es gab Zeiten, in denen Gymnasiasten auch in Wermelskirchen an der literarischen Bedeutung von Vormärz-Autoren wie Georg Büchner kaum vorbeikamen. Dessen Werke aus dem 19. Jahrhundert wie „Woyzeck“ oder „Dantons Tod“ waren ebenso im Kanon wie der Roman „Deutschstunde“ des Nachkriegsautors Siegfried Lenz. Doch die Vorgaben des NRW-Schulministeriums ändern sich: „Derzeit muss sich selbst im Leistungskursus Deutsch kein Schüler mehr mit Büchner quälen“, schmunzelt Sandra Meurer, Jahrgang 1977 und seit Beginn des laufenden Schuljahres Leiterin der Fachschaft Deutsch.

Keinen Literaten wie Büchner mehr lesen zu müssen, heiße aber nicht, dass es für angehende Abiturienten mit einem Schwerpunkt auf dem Fach Deutsch leichter geworden sei: „Goethes ,Faust’ steht weiter auf dem Lehrplan“, sagt die gebürtige Bottroperin und ergänzt, dass dessen Analyse auch nach wie vor Mühe bereite. Dennoch führe an ihm kein Weg vorbei: „Sich den Aufbau eines klassischen Dramas erschließen zu können, zählt zur Oblikatorik des Zentralabiturs.“ Wenn Goethe nicht mehr auf dem Plan stehe, folge Lessing, dessen „Nathan der Weise“ ebenfalls nicht nur Leistungskursler ereilen wird: „Auch im Grundkursus wird dieses Werk Thema werden.“ Und das nicht etwa, weil es der einzelne Lehrer gerne so hätte, sondern weil ganz klare Vorgaben aus Düsseldorf existieren.

Freiräume gebe es aber dennoch: „In der Sekundarstufe 1 sind die Lehrkräfte in der Auswahl der Lektüren ungebundener“, sagt Meurer und betont, dass sie persönlich diese Freiräume sehr schätze: „Jede Klasse ist verschieden und so auch die entsprechenden Bedürfnisse.“ Mit Auswahlmöglichkeiten bei der Literatur könne ein Pädagoge darauf eingehen. Wenn sie beispielsweise den Eindruck habe, dass Cybermobbing ein Thema sei, biete es sich an, mit Mittelstuflern den Roman „Ich blogg dich weg!“ von Agnes Hammer zu lesen – selbst wenn es keine akuten Fälle von Mobbing in der Klasse gebe. Eine häufig wiederkehrender Literatur sei der unterhaltsame Kinderroman „Rennschwein Rudi Rüssel“ des Schriftstellers Uwe Timm. Der Autor erhielt für dieses Werk den Jugendliteraturpreis. Meurer: „Maßgeblich ist nicht, ob ein Roman eine Auszeichnung erhalten hat. Maßgeblich ist, ob wir als Deutschlehrer mit der Analyse eines Buchs ein bestimmtes Ziel erreichen können.“

Der Jugendroman „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf sei in ihrer Fachschaft auch deshalb so beliebt, weil es in dem Buch um einen 14-jährigen Außenseiter geht, der trotzdem einen besten Freund findet. „Mit Themen wie Außenseitertum und ausgeprägten Freundschaften können sich Heranwachsende identifizieren.“

Indes sei der Deutschunterricht nicht nur auf die Lektüre von Romanen und deren Analyse beschränkt. Denn auch auf den Gymnasien gebe es noch deutlich sichtbare Schwächen bei der Rechtschreibung. Das erfordere, „in den Klassen 5 und 6 teilweise Diktate mit einem weiterführenden Schreibauftrag“ schreiben zu lassen. Ebenso wichtig sei der integrierte Grammatikunterricht, der Gymnasialschüler in Nordrhein-Westfalen bis in die Mittelstufe begleite.

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