Konzert im Eifgen in Wermelskirchen Ignaz Netzer im Eifgen – rauchig, anklagend, tief melancholisch

Wermelskirchen · Der „Blusinator“ der Nation gastierte erstmals in Wermelskirchen. Im Haus Eifgen beschenkte er die wenigen Gäste mit einem Wohnzimmerkonzert.

 Blues-Legende Ignaz Netzer bei seinem intimen Auftritt im Haus Eifgen.

Blues-Legende Ignaz Netzer bei seinem intimen Auftritt im Haus Eifgen.

Foto: Michael Dierks

Klagen und Jammern, das tut Ignaz Netzer nur in seiner Musik. Der knallharten Realität des „Showbiz“ begegnet der Blues-Musiker aus Baden-Württemberg augenscheinlich mit Gelassenheit, einer Prise Resignation und dieser Portion Weisheit, die einem wohl das Musikerleben lehrt. Ironie ist eine weitere Waffe, die der 64-Jährige in kritischen Momenten bestens einzusetzen weiß. „Ich freue mich, dass mein erstes Konzert in Wermelskirchen so ausverkauft ist“, sagte Netzer sarkastisch zu Beginn seiner Bühnenzeit, während ein Dutzend Besucher im leeren Raum ihn von ihren Hockern aus anlächelten. Haus Eifgen hatte wahrlich auch schon mal mehr Publikumszuspruch erfahren, doch sollte das kein Indikator für die Qualität des Künstlers sein, viel mehr ein Indikator über die fehlende Blues-Expertise in der Region.

Schließlich ist es ein Geschenk, wenn es ein Musiker, vermeintlich unangestrengt in wenigen Takten meistert, seine Hörer in andere Welten und andere Zeiten zu katapultieren. Blues in seiner ursprüglichsten Form, rauchig, anklagend, jammernd, tief melancholisch, das ist, was Ignaz Netzer in Perfektion beherrscht.

Wer die Augen schloss, während der Schwabe und ehemalige Realschullehrer an seiner Akustikgitarre zupfte und nahezu nuschelnd über „Stagger Lee“ sang, malte sich nicht nur jenen schwarzhäutigen Kutscher aus dem vergangenen Jahrhundert aus, sondern sah vor dem inneren Auge auch einen alten, in sich gekehrten Bluessänger aus dem tiefsten Louisiana vor sich sitzen, die Gitarre auf dem Schoß, den Kopf gesenkt, singend. Netzers Stimme, sie erinnerte immer wieder an einen jungen Joe Cocker: tief, unprätentiös und trotzdem fest zupackend. Eine Stimme, die sich dank ihrer tiefen Frequenz und trotz aller Schmerzen in der Musik problemlos in die Gehörgänge legt, um dort zu verweilen und wohltuende Ruhe zu vermitteln.

Zwischen den Stücken wurde Netzer gesprächig, gab kurze Details zu Stücken und Instrumenten, denn neben seiner Akustikgitarre packte Netzer auch zu einer Stahlgitarre, fachkundig auch Resonatorgitarre genannt, die laut Netzer Mitte der 1940er Jahre aufkam, um den Pianisten, „die wahnsinnig viel Lärm machen“, Paroli bieten zu können. „Verstärker gab es damals nicht, und die Gitarren hörte man neben den Pianisten gar nicht“, erklärte Netzer. Rundum ein vorzügliches Konzert, das bei den Dellmännern viel zu wenig Aufmerksamkeit generierte. Chance vertan. Doch vielleicht kommt der Blusinator ja bald noch mal ins Bergische.

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