Nacht der Flut in Solingen-Unterburg Gemeinde mobilisiert Hilfe nach der Flut

Solingen/Wermelskirchen · Das Hochwasser hat auch die Evangelische Kirche in Unterburg und das Gemeindehaus geflutet – die Zukunft ist ungewiss. Die zuständige Kirchengemeinde in Wermelskirchen startet mit Andachten, Spendenaktionen und Seelsorge.

 Die Musik in Gemeindehaus und Kirche in Unterburg ist vorerst verstummt: Das Hochwasser hat beide Gebäude massiv beschädigt.

Die Musik in Gemeindehaus und Kirche in Unterburg ist vorerst verstummt: Das Hochwasser hat beide Gebäude massiv beschädigt.

Foto: Sarah Kannemann/Kirchengemeinde

Heute Abend werden die Posaunen am alten Rathaus in Unterburg spielen. Das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde in Wermelskirchen wird sich auf den Weg in den kleinen Ort machen, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen – und sich den Schaden anzusehen, den das Hochwasser angerichtet hat. „Wir sind alle zusammen unterwegs“, sagt Pfarrerin Almuth Conrad, „und genau dieses Signal wollen wir auch senden.“

Deswegen lädt die Evangelische Kirchengemeinde, die auch für den Seelsorgebereich in Unterburg zuständig ist, zur Andacht an das alte Rathaus ein. Angesprochen sind vor allem die Menschen im Ort und Einsatzkräfte. Parallel finden um 18 Uhr in vielen anderen Gemeinden der Rheinischen Landeskirche ebenfalls Gedenkandachten statt – wie etwa in der Stadtkirche in Wermelskirchen.

„Wir sind da und wir bleiben“, betont Almuth Conrad, „und wir wollen uns als Ansprechpartnerin für die Menschen in Unterburg anbieten.“ Deswegen hat die Evangelische Kirchengemeinde ein Seelsorgetelefon eingerichtet. Hier können Betroffene im Gespräch mit den Pfarrern der Gemeinde über ihre Not ins Gespräch kommen, über ihre Ängste oder ihre Wut.

Gleichzeitig ist eine Spendenaktion der Kirchengemeinde angelaufen, mit der sie um finanzielle Unterstützung für die Menschen im Ort bittet – die weder an Konfessionen, noch an Gemeindezugehörigkeit gebunden ist. Auch die Landeskirche hat ein finanzielles Hilfsprogramm für die erste Unterstützung in der Not aufgelegt – an dem auch die Kirchengemeinde teilnimmt. Betroffenen in Not kann so unbürokratisch ein Handgeld ausgezahlt werden.

Der Musik-Bereich der Kirchengemeinde hat entschieden, in den nächsten Wochen ebenfalls für den guten Zweck zu spielen: Der Erlös der ersten Sommerserenade im Kirchhof am Samstag, 20.30 Uhr, kommt den Feuerwehrleuten in Unterburg zugute. „Wir haben bei den Einsatzkräften in Solingen nachgefragt, wo wir helfen können“, erzählt Kirchenmusikerin Jutta Benedix. Der Erlös der nächsten Sommerserenaden soll ebenfalls Flutopfern zu gute kommen. Praktische und seelsorgerliche Hilfe gehen Hand in Hand.

Gleichzeitig ist die Kirchengemeinde auch selbst von der Flut betroffen: Das Wasser ist in die Kirche in Unterburg eingedrungen und hat auch das Gemeindehaus geflutet. Die Demenz-WG und die Tagespflege der Diakonie, zu deren Trägern auch die Kirchengemeinde gehört, sind stark vom Hochwasser betroffen. „Wir können den Schaden noch gar nicht absehen“, sagt Almuth Conrad.

Fest steht allerdings: Die Holzkonstruktion am Boden, auf der die Bänke in der Kirche angebracht waren, ist komplett zerstört. Freiwillige haben große Teile der Bänke bereits aus dem Gotteshaus getragen. Auch die beiden Heizungsanlagen in der Kirche und im Gemeindehaus sind nicht mehr betriebsbereit. Aus Mobiliar wurde Müll. „Es geht jetzt erstmal ums Trocknen“, sagt Pfarrerin Conrad. Wer noch ein Trockungsgerät übrig habe, sei sehr willkommen. Der Arbeitseinsatz hält an. „Wir freuen uns sehr, dass sich so viele Freiwillige gemeldet haben“, sagt Almuth Conrad.

 Die Bodenkonstruktion unter den Bänken ist zerstört. Pfarrerin Almuth Conrad und Ehrenamtliche nehmen den Schaden in Augenschein.

Die Bodenkonstruktion unter den Bänken ist zerstört. Pfarrerin Almuth Conrad und Ehrenamtliche nehmen den Schaden in Augenschein.

Foto: Sarah Kannemann/Kirchengemeinde

Und doch schwebt über der Kirche und dem Gemeindehaus die Frage nach der Zukunft: Kirche und Gemeindehaus seien nicht gegen das Wasser versichert gewesen – weil sich dazu nie eine Versicherung bereit erklärt habe. „Wir werden uns vor der Instandsetzung fragen müssen, für welche Zwecke wir die Kirche herrichten würden“, sagt die Pfarrerin. Am Ende stelle sich also die Standortfrage. „Das klingt hart“, sagt sie. Aber die Diskussion werde ergebnisoffen geführt: „Womöglich finden wir einen Kooperationspartner, ein neues Konzept und neue Ideen“, sagt die Pfarrerin. So sei die Kirche schon mal als Hochzeitskirche im Gespräch gewesen, gemeinsam mit der Gemeinde Hilgen-Neuenhaus arbeite man an einem Meditationsweg. „Aber im Hinterkopf haben wir natürlich auch die Sorge vor einem nächsten Hochwassern“, sagt die Pfarrerin. Sie ahnt, dass es so auch vielen der Anwohner in Unterburg geht. Eine Katastrophe solchen Ausmaßes habe doch niemand in Betracht gezogen. „Hier haben die Menschen mit existenziellen Sorgen zu kämpfen“, sagt die Pfarrerin. Da stehe eine Standortfrage fürs erste hinten an: Am 22. August, 14 Uhr, sind Interessierte dann in der Burger Kirche eingeladen, um über die Zukunft des Standorts ins Gespräch zu kommen.

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