Einzelhandel in Wermelskirchen Das Ziel ist Langfristigkeit

Wermelskirchen · Nicht unkontrolliert Geld ausgeben, sondern passend vermitteln: Nach diesem Prinzip nutzen Stadt und WiW ein Förderprogramm zur Stärkung der Innenstädte, um Leerstände zu beseitigen. In fünf Fällen ist das bereits gelungen.

Auch Samira Mulasalihovic und ihr Mann Samir gehören mit ihrem auf Bad-Einrichtung spezialisierten Geschäft „Berg Möbel“ an der Kölner Straße zu denen, die bereits das Förderprogramm nutzen.

Auch Samira Mulasalihovic und ihr Mann Samir gehören mit ihrem auf Bad-Einrichtung spezialisierten Geschäft „Berg Möbel“ an der Kölner Straße zu denen, die bereits das Förderprogramm nutzen.

Foto: Stephan Singer

Seit Mai diesen Jahres betreiben Samira und Samir Mulasalihovic ihr Geschäft „Berg-Möbel“ an der Kölner Straße. Das Fachgeschäft für Bad-Einrichtungen befindet sich in den Räumen der ehemaligen Apotheke, die zuvor leer standen. Die Räumlichkeiten sind von der Stadt angemietet, die wiederum einen Untermietvertrag mit den Gewerbetreibenden geschlossen hat. Dieses Verfahren ist Bedingung, um Fördergelder aus einem Programm des Landes Nordrhein-Westfalen zur Stärkung der Innenstädte zu generieren. Der Clou dabei: Die Stadt mietet ein leerstehendes Ladenlokal zu 70 Prozent der eigentlichen Kaltmiete an. Der Vermieter verzichtet auf 30 Prozent, hat dafür jedoch die Sicherheit der Vertragslaufzeit. Die Stadt ihrerseits schließt einen Untermietvertrag mit den Gewerbetreibenden ab und reduziert die Miete nochmals um 40 Prozent, so dass der Mieter für die Startphase an einem neuen Standort nur 30 Prozent der eigentlich fälligen Kaltmiete zahlt. Den „Verlust“ der Stadt gleicht das NRW-Förderprogramm aus.

Das Förderprogramm ist Anfang diesen Jahres gestartet und läuft bis Ende 2023. „Aber das Land hat bereits eine Anknüpfung angekündigt“, sagt André Frowein, Vorsitzender des Marketingvereins „Wir in Wermelskirchen“ (WiW). Gemeinsam mit dem Leiter des Amtes für Stadtentwicklung, Florian Leßke, und der Fördermittelmanagerin der Stadt, Lisa Engstfeld (aktuell in Elternzeit), hatte André Frowein den Fördermittelantrag gestellt, die Zusage erreichte die Stadt im Sommer 2021 (wir berichteten). „Uns war gleich wichtig, dass wir konkret Interessierte passend zusammenbringen, um erfolgreich zu sein. Diese Arbeit übernimmt WiW“, erläutert André Frowein: „Andere Städte scheinen einfach Leerstände anzumieten, ohne sich im Detail um die Neubesetzung zu kümmern. Das ist Geld mit der Gießkanne auf die Straße schütten.“

Dass das dezidierte Verfahren in Wermelskirchen funktioniert, macht der WiW-Vorsitzende an fünf Beispielen fest, bei den das Förderprogramm schon gefruchtet hat: Friseur Tillmanns und Schlaganfallhilfe an der Eich, „Berg-Möbel“ an der Kölner Straße sowie „Dampfrevolution“ und das gerade eröffnete Geschäft „Fashion & more“ an der Telegrafenstraße. „Besonders toll ist, dass es für alle fünf Geschäfte bereits Anschlussmietverträge zwischen Vermietern und Mietern für die Zeit nach Ende der Förderung ab 2024 gibt“, betont André Frowein: „Das ist genau das, worum es geht. Wir wollen Langfristigkeit schaffen. Das nützt dem Gewerbetreibenden, dem Vermieter und dient der Attraktivität der Innenstadt.“ Zu den Rahmenbedingungen des Förderprorgamms gehöre auch, dass ein Fachanwalt für Mietrecht beteiligt ist. „Wir klopfen es genau ab, damit es dauerhaft passt. Und als WiW binden wir die Gewerbetreibenden in die vorhandenen Strukturen wie Aktionen und Netzwerke ein, um für ihre Geschäfte Frequenz zu schaffen“, stellt André Frowein dar.

Derzeit sehen Stadt und WiW drei „gravierende Leerstände“ in der Innenstadt, skizziert Frowein: „Die ehemaligen Apotheken Adlerapotheke und An der Post sowie die ungenutzten Ladenlokale an der Telegrafenstraße.“ Es gebe bereits Interessenten für die Flächen, aber: „Das ist nicht immer einfach. In der Telegrafenpassage wird komplett saniert – da gibt es schon viele Ideen und einen ständigen Austausch. Zum Beispiel bei den ehemaligen Apotheken herrscht ein Schwebezustand, weil teils Insolvenzverfahren laufen, deren Abschluss erst abgewartet werden muss.“

Generell richte sich das Förderprogramm des Landes an Interessenten, die in der Innenstadt ein neues Geschäft eröffnen oder sich durch einen Umzug vergrößern wollen, erläutert André Frowein die Bedingungen: „Und es geht um den Innenstadtbereich, also Markt, Obere Remscheider, Kölner, Carl-Leverkus-Straße, Eich und Telegrafenstraße.“ Bedarfe für Geschäfte seien nach wie vorhanden, sagt André Frowein und zitiert aus dem Einzelhandelsgutachten der von der Stadt beauftragten CIMA Beratung und Mangement GmbH: „Für Haushaltswaren oder Elektronik sieht das Gutachten Bedarf. Genauso für Modellbau, Lederwaren oder für ein Produktportefolio rund um die Naherholung.“

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