Eifgen-Areal in Wermelskirchen CDU hat Angst vor einem „Shit-Storm“

Wermelskirchen · Die Christdemokraten bleiben bei ihrem Antrag auf geheime Abstimmung und verlieren dennoch. Eine knappe Mehrheit des Stadtrats will das Eifgenverfahren mit Investor Lo-Projects beenden.

 Die Entscheidung am Montagabend, die in geheimer Abstimmung getroffen wurde, fand großes mediales Interesse.

Die Entscheidung am Montagabend, die in geheimer Abstimmung getroffen wurde, fand großes mediales Interesse.

Foto: Kathrin Kellermann

Die außergewöhnlich hohe Anzahl der Besucher tat ihr Übriges hinzu: Spannungsgeladene Atmosphäre und konzentrierte Gesichter, aus deren Mimik weder ein „Pro“ noch ein „Contra“ abzulesen war, prägten den Beginn der ersten Sitzung des Stadtrats nach November. Ganz oben auf der Tagesordnung: Die Entscheidung über die Entwicklung des Areals im Eifgental rund um die Gebäude Eifgen 8/9 sowie des ehemaligen Freibads. Wie sich bereits vor der Stadtratssitzung abzeichnete, fiel das Votum knapp aus: 29 der insgesamt 54 Stadtrats-Mitglieder stimmten für die Fortsetzung des Verfahrens mit dem Düsseldorfer Investor Lo-Projects, 25 dagegen (wir berichteten aktuell). Letztere wollten mit ihrer Nein-Stimme vor allem dem Wermelskirchener Projekt Bowl Church eine Chance geben, in einem neu aufzurollenden Verfahren oder durch freie Vergabe das Eifgengebäude-Ensemble zu erwerben.

Besonders augenfällig war die Anspannung in den Mienen der mit 19 Stadtverordneten stärksten Ratsfraktion, der CDU. Die Versteinerung in den Gesichtern der Christdemokraten nahm noch zu, als nach dem Fraktionsvorsitzenden Michael Schneider („Die Modelle von Lo-Projects und Bowl Church sind nicht vergleichbar, deshalb ist die Entscheidung eine Herzensangelegenheit, ein Gewissensentscheid, und jedes CDU-Ratsmitglied stimmt nach eigenem Ermessen ab.“) auch CDU-Ratsmitglied Manfred Groß das Wort ergriff: „Bowl Church kam nach Ablauf der Frist zu spät. Wir dürfen zukünftige Investoren nicht vor den Kopf stoßen.“ Karl-Heinz Wilke, ebenfalls CDU, trat ebenfalls ans Rednerpult: „Die Mehrheit unserer Fraktion wird wohl zugunsten von Bowl Church stimmen.“ Was innerhalb der Fraktion dann für erhebliche Unruhe sorgte. Überprüfbar war das letztlich nicht, denn: Die von Michael Schneider beantragte geheime Abstimmung zum „Schutz der Stadtverordneten vor Shit-Storms“ setzte die CDU-Ratsfraktion durch. Wie Hauptamtsleiter Jürgen Scholz erläuterte, wären für eine geheime Abstimmung elf Stimmen notwendig gewesen.

 CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Schneider, der nach eigenen Angaben Fan der Bowl Church ist, war nach der Entscheidung sichtlich geknickt.  Foto: Kathrin    Kellermann

CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Schneider, der nach eigenen Angaben Fan der Bowl Church ist, war nach der Entscheidung sichtlich geknickt. Foto: Kathrin Kellermann

Foto: Kathrin Kellermann

Die Vertreter der anderen Fraktionen betonten, dass aus ihrer Sicht keine geheime Abstimmung nötig sei. Jochen Bilstein (SPD), stellte fest: „Es ist eine hochemotionale Angelegenheit. Wir betreiben hier keine Hinterzimmer-Politik.“ Der Wettbewerb, den Lo-Projects schließlich gegen einen weiteren Bewerber gewonnen habe, sei korrekt abgelaufen. Die Sozialdemokraten votierten mit sieben Stimmen für die Vorbereitung des Grundstücksverkaufs an den Investor, drei SPD-Fraktionsmitglieder dagegen. Die gaben sich in Form von Heike Lehmann, Michael Faubel und Petra Weber zu erkennen. Letztgenannte sagte: „Bowl Church ist bereit, viel mehr zu investieren als Geld. Dieses Engagement können wir nicht einfach wegschieben.“

Auf dieses Engagement hob ebenso Grünen-Fraktionssprecher Stefan Janosi ab: „Bowl Church will sich aktiv in ökologische Projekte im Eifgental einbringen.“ Die Grünen votierten nach Angaben des Fraktionssprechers „mehrheitlich“ für die Beendigung des Verfahrens mit Lo-Projects, denn das Risiko „eines späteren Verkauf des Areals durch den Entwickler“ sei nicht auszuschließen. Aus Sicht des Bürgerforums habe es nie einen Grund gegeben, das Verfahren mit Lo-Projects zu beenden, erklärte Büfo-Chef Oliver Platt – die Wählervereinigung hatte sich im Vorfeld bereits positioniert: „Bowl Church war da schlicht zu spät. Die Dimension der Diskussion sucht ihresgleichen. Sie hat Geschmäckle und gewissen Schaden hinterlassen.“

Für die FDP betonte Marco Frommenkord: „Es gibt bei uns keinen Fraktionszwang und eine geheime Abstimmung ist für uns nicht nötig. Bei genauer Betrachtung ist die geplante Entwicklung im Eifgental seit der Auflage des Interkommunalen Entwicklungs- und Handlungskonzepts öffentlich.“ Wie die Liberalen mehrheitlich abstimmten, sagte Frommenkord indes nicht: „Wir sind für eine schnelle, zielstrebige Entwicklung und einen neuen Akteur in der Stadt.“ Einstimmig gegen Lo-Projects stellte sich die WNKUWG-Fraktion, für die Henning Rehse sagte: „Büros aus Glas und Stahl lassen sich anderswo bauen.“ Bowl Church sollte eine Chance bekommen, wenngleich er generell gegen einen Verkauf des Eifgental-Areals durch die Stadt sei, stellte Mike Galow (Die Linken) seine Ansicht klar. Als „gar nicht so groß“, schätzte Karl Springer von der AfD, die ihre beiden Stimmen für die Fortsetzung des Lo Projects-Verfahrens abgab, das öffentliche Interesse ein: „Das waren vor allem Bowl Church-Protagonisten, die für ihre Sache geworben haben.“

Die geheime Abstimmung kommentierte Dr. Christian Klicki (CDU): „Die CDU ist völlig uneins – pluralistisch. Die Entscheidung ist eine Gewissenssache und sollte geheim erfolgen.“ Und weiter: „Wir müssen in Zukunft sensibler agieren. Es ist nicht richtig, in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden.“

Wegen der Durchsetzung der geheimen Wahl stellte manch ein Ratsmitglied der CDU ein schlechtes Zeugnis aus. So meinten Frank Kaluscha (Die Grünen) und Frommenkord nach der Abstimmung: „Da muss man sich doch zu stellen und bekennen. Der CDU wäre es wohl lieber gewesen, in gewohnt einheitlicher Linie zu entscheiden.“ Mit einem Schmunzeln kommentierte Henning Rehse: „Nach dem desaströsen Bild, der CDU ist Christian Lindner seinem Direktmandat bei der Bundestagswahl wieder ein Stück näher gekommen.“

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