Berufsorientierung in Wermelskirchen Betriebe bewerben sich im Klassenraum

Wermelskirchen · Schultour mal anders: Der Marketingverein bringt bei einem Besuch in Klassenräumen Unternehmer und Bewerber zusammen – und bereitet so einen großen Aktionstag für März vor.

Ungewohnter Besuch im Gymnasium: Auszubildende heimischer Unternehmen – wie Niklas Siebel, Arnold Pohlhaus und Mohammed Türkel (v.l.) – starteten gestern mit dem Marketingverein „WiW“ und Moderatorin Angelique Frowein eine Schultour. 
  Foto: Theresa Demski

Ungewohnter Besuch im Gymnasium: Auszubildende heimischer Unternehmen – wie Niklas Siebel, Arnold Pohlhaus und Mohammed Türkel (v.l.) – starteten gestern mit dem Marketingverein „WiW“ und Moderatorin Angelique Frowein eine Schultour. Foto: Theresa Demski

Foto: Theresa Demski

Sie sitzen in der letzten Reihe in dem hellen Klassenraum. Eigentlich wissen Alina (15) und Chiara (14) schon ziemlich genau, welche berufliche Richtung sie nach dem Abitur einschlagen wollen – auch wenn sie noch zwei Jahre Zeit haben, bis sie ihren Schulabschluss in der Tasche haben. Die eine möchte Logistikmanagement studieren, die andere den Weg ins Grundschullehramt antreten. „Ich habe verschiedene Praktika gemacht“, erzählt Alina, „und wir haben das Thema auch im Deutschunterricht durchgenommen“. Sie seien mit der Berufsorientierung am Gymnasium bisher ganz gut zurechtgekommen, sagen die beiden. Wer sich allerdings bei ihren Mitschülern in der Klasse umhört, der trifft auf ganz unterschiedliche Stimmen. Ein Schüler erzählt, er wisse noch gar nicht, in welche Richtung es mal gehen soll. „Vielleicht irgendwas mit Mediendesign“, sagt er. Und ein Mitschüler hinter ihm hat überlegt, in den sozialen Bereich zu gehen. „Ich möchte Kontakt mit Menschen, nicht mit Computern“, sagt er. Währenddessen gibt es in der Reihe der Schülerinnen gleich mehrere Mädchen, die das Jurastudium anstreben. Ihre berufliche Zukunft ist für die Schüler ein großes Thema – die einen haben Antworten gefunden, die anderen suchen noch.

Genau an dieser Stelle setzt der Marketingverein „Wir in Wermelskirchen“ (WiW) gemeinsam mit heimischen Unternehmen an. An Montagmorgen geben sie den Startschuss für die Schultour unter dem Motto „Connect with your future“. Es gehe vor allem darum, die Jugendlichen auf ihrem Weg zu unterstützen, sagt André Frowein. Aber hinter der Aktion steht auch einmal mehr der zunehmende Fachkräftemangel im Handwerk, genauso wie in der Industrie und in sozialen Berufen. Und so schwingt am Montagmorgen auch der Appell an die Schüler mit, jenseits der Universitäten nach guten Wegen Ausschau zu halten.

„Wir nehmen wahr, dass die Zahl der Studienabbrecher, die sich bei uns für eine Ausbildung bewerben, deutlich steigt“, erzählt Ricarda Bartsch, Ausbildungsleiterin bei Suer. Also wollen die Unternehmen früher ansetzen und die vielen verschiedenen Möglichkeiten aufzeigen, die in Beruf und Karriere führen können. Dafür haben die meisten Unternehmen am Montagmorgen ihre Auszubildenden ins Gymnasium geschickt – viele von ihnen kennen die Unterrichtsräume der Schule noch bestens aus eigener Erfahrung. Ob Mick Wende und Tim Ritscher von der Sparkasse, Arnold Pohlmann vom Bauzentrum Tönnes, Mohammed Türkel von Suer oder Niklas Siebel von der Lebenshilfe: Die Auszubildenden erzählen von ihrem eigenen Weg. Mohammed Türkel berichtet vom Fachabitur und der Ausbildung, vom abgebrochenem Studium und schließlich von seiner Entdeckung des neuen Ausbildungsgangs zum Kaufmann für E-Commerce. Und Niklas Siebel erzählt von seinem Architekturstudium, das er abbrach, um Heilerziehungspfleger zu werden. „Sucht nicht nur bei Google, welche Berufe die höchsten Verdienste haben“, appelliert Arnold Pohlhaus, der nach seiner kaufmännischen Ausbildung bei Tönnes gerade nebenbei seinen Bachelor macht, „sondern macht das, was zu euch passt, was ihr könnt und was ihr wollt.“

Von Nicola Flanhardt von Steinco bis zu Jungunternehmer und Mediengestalter Lucas Zecher: Die Gäste ermutigen die Jugendlichen, ihre Talente und Interessen einzubringen – und so auch ungewöhnliche Wege einzuschlagen. „Wer heute eine Ausbildung beginnt, bleibt ja nicht die nächsten 40 Jahren in diesem Beruf“, erinnert André Frowein, Vorsitzender des Marketingvereins. Berufsbegleitendes Studium, Weiterqualifizierung, eigene Schwerpunkte: „Es gibt so viele Möglichkeiten, nach einer soliden Ausbildung weiter Karriere zu machen und ganz individuelle Wege einzuschlagen“, sind sich die Vertreter der heimischen Unternehmen einig – und geben auch gleich einen Einblick, wie das in ihren jeweiligen Häusern gelingen kann.

In den nächsten Tagen machen Vertreter aus insgesamt 14 Unternehmen auch noch Station in der Sekundarschule, am Berufskolleg und an der Verbundsschule. Mit dem Besuch ist die Einladung zum großen Aktionstag im nächsten Frühling verbunden: Am 4. März finden die Präsentation heimischer Betriebe, Speeddatings mit Ausbildern und Bewerbungsmappen-Checks statt. Dann dürfte für viele Abschlussschüler die heiße Phase der Bewerbungen begonnen haben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort