Schulpolitik in Wermelskirchen „Wir haben fünf Jahre verschwendet“

Wermelskirchen · Harsche Kritik an Politik und Verwaltung zum Gesamtschul-Prozess gibt es von zwei Liberalen. Sie hatten sich 2017 für den Umbau der Sekundarschule ausgesprochen. Dafür gab es nur Gegenwind. Jetzt wird am Weyersbusch doch so gebaut.

Am Standort der auslaufenden Sekundarschule soll die Gesamtschule entstehen, so der kommunalpolitische Beschluss.

Am Standort der auslaufenden Sekundarschule soll die Gesamtschule entstehen, so der kommunalpolitische Beschluss.

Foto: Jürgen Moll

„Wir haben viele Abende in der Fraktion gestritten, diskutiert, gerechnet. Wir haben Fakten überprüft und Zahlen nachgerechnet, und wir haben sagen können, was nicht stimmt. Aber alle unsere Anträge zum Umbau der Sekundarschule im Bestand 2017 wurden abgelehnt.“ Enttäuscht hören sich Jürgen Manderla und Stephan Theil an. Beide haben sich kommunalpolitisch im Rat engagiert – inzwischen haben sie einen Schlussstrich gezogen. Doch das Thema Sekundar-/Gesamtschule kocht bei ihnen immer noch hoch. Denn: „Ich bin eigentlich entsetzt. Wir haben fünf Jahre verschwendet“, argumentiert Theil. Denn: „Die Verwaltung wollte auf Teufel komm raus die neue Schule auf dem Gelände der Realschule bauen.“

Ein Remscheider Architektenbüro war damals beauftragt worden, sieben verschiedene Varianten zu untersuchen – vom Umbau im Bestand bis zum Neubau. „Das hat viel Geld gekostet. Locker über 500.000 Euro“, so Manderla. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist bekannt: ein Neubau an der Rot-Kreuz-Straße mit Kosten über 50 Millionen Euro. Der seinerzeit von einer großen Ratsmehrheit beschlossene Kostendeckel für den Neubau war schon damals nicht haltbar: „Das wussten eigentlich fast alle“, so Stephan Theil. Jürgen Manderla fügt hinzu: „Wir haben jede Zahl und so manche Aussage in dem Papier auch widerlegt. Klar, wir haben den Umbau im Bestand favorisiert. Aber die Verwaltung und auch das Büro haben das negiert“, berichtet Manderla. „Wir haben so manche Schläge einstecken müssen, auch unter der Gürtellinie“, ist der Liberale enttäuscht über das damalige Klima. Seine Einschätzung: „Man wollte dieser kleinen Fraktion von der FDP kein Recht geben.“

Es gab auch Varianten, in denen der Umbau im Bestand dargestellt wurde – auch da hätte das Sekundarschulkonzept umgesetzt werden können. Theil wirft der Verwaltung „einen buchhalterischen Trick“ vor: „Damals wurde die Variante für den Neubau Realschule 4,5 zügig gerechnet, alle anderen Varianten fünfzügig. Und heute? „Selbst mit gymnasialer Oberstufe ist ein Umbau im Bestand am Weyersbusch möglich. 2017 nicht.“

 Jürgen Manderla (l.) und Stephan Theil gehörten der FDP-Fraktion an.

Jürgen Manderla (l.) und Stephan Theil gehörten der FDP-Fraktion an.

Foto: Udo Teifel

Auch das Thema „Deponie Weyersbusch“ sei laut Manderla als Argument genutzt worden, gegen den Umbau im Bestand abzustimmen. Zehn bis zwölf Millionen Euro seien als Kosten für die Sicherung der Deponie angeführt worden; Theil: „Dafür hätte man Fördermittel beantragen können. Bis zu 80 Prozent Fördergeld hätten wir bekommen können. Das hat die Verwaltung damals bestätigt.“ Laut Manderla, immerhin von Hause aus Bauingenieur, wäre auch eine Verkapselung möglich gewesen. „Das ist heute Standard bei solchen Objekten.“ Aber seiner Ansicht nach habe die Verwaltung damals alles daran gesetzt, dass dort nicht gebaut werden kann: „Man wollte keinen Umbau im Bestand, sondern einen Neubau.“ Außerdem habe es geheißen, eine Sanierung dauere ewig. „Jetzt haben wir fünf Jahre verloren. Was ist geschehen? Nichts.“ So hätte die alte Grundschule schon längst abgerissen werden können.

Und wenn im Bestand umgebaut worden wäre, hätte man an der Rot-Kreuz-Straße Grundstücke verkaufen können – die Einnahmen hätten in einen Umbau fließen können. „Wir waren außerdem gegen den Neubau, weil es keine sinnvolle Nachnutzung für die Gebäude am Weyersbusch gab. BGV-Archiv und VHS – wer trägt denn da die massiven Unterhaltungskosten von mehreren 100.000 Euro?“

Die FDP habe vor fünf Jahren gesagt, was heute passiert: der betriebswirtschaftlich richtige Schritt, der Umbau im Bestand. „Das gibt aber heute keiner zu“, so Stephan Theil.

Für Jürgen Manderla und Stephan Theil ist jetzt wichtig, dass den Eltern endlich etwas präsentiert werde. „Sonst wandern sie weiter ab nach Hückeswagen, Odenthal, Burscheid oder Lennep.“ Es müsse jetzt klappen, quasi der große Wurf, damit die Gesamtschule gegründet werden kann. Laut Theil zögen die Parteien immer noch nicht an einem Strang. „Wir brauchen 100 Anmeldungen aus Wermelskirchen. Sonst wird das nichts.“ Die Kommunalpolitik müsse über ihren Schatten springen und mit einer Stimme sprechen, so die Liberalen: „Wir müssen den Eltern die Sicherheit geben, dass ihre Entscheidung für die Gesamtschule die richtige ist.“

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