Hitze im Kreis Viersen So trotzen die Menschen der Affenhitze

Die Temperaturen bis rund um die 40-Grad-Marke lassen nicht nur viele Senioren im Kreis Viersen ächzen. Manche Chefs reagieren mit hitzefrei. Auch Tiere sind gestresst — ein paar Ausnahmen gibt es jedoch.

 Swietlana Ziolkowski vom Schnellrestaurant Dammer hat am Donnerstag hitzefrei. Als es noch nicht ganz so heiß war, hat Chef Phillip Feldges Ventilatoren aufgestellt und erfrischende Wassermelone ausgeteilt.

Swietlana Ziolkowski vom Schnellrestaurant Dammer hat am Donnerstag hitzefrei. Als es noch nicht ganz so heiß war, hat Chef Phillip Feldges Ventilatoren aufgestellt und erfrischende Wassermelone ausgeteilt.

Foto: Nadine Fischer

Auch ohne Thermometer hinter der Theke weiß Philipp Feldges: Zwischen eingeschalteter Fritteuse, Hähnchengrill und Wärmelampe im Schnellrestaurant Dammer in Viersen-Dülken ist es derzeit ganz schön heiß. „Unerträglich heiß, das ist eine Zumutung“, sagt der Juniorchef. Deshalb hat der 30-Jährige den Mitarbeitern für Mittwoch und Donnerstag kurzerhand hitzefrei gegeben. Auch der Inhaber eines Schuhgeschäftes in der Viersener Fußgängerzone reagierte am Mittwoch auf die Hitze, machte seinen Laden frühzeitig dicht – und bat mit einem Zettel im Schaufenster die Kunden um Verständnis.

An den Temperaturen bis rund um die 40-Grad-Marke haben derzeit Menschen und Tiere im Kreis Viersen zu knabbern. „Zu uns kommen verstärkt insbesondere ältere Menschen, die über Kreislaufprobleme klagen beziehungsweise eingeliefert werden“, sagt Sigrid Baum, Sprecherin des Krankenhauses St. Irmgardis in Viersen-Süchteln. „Häufige Ursache, so unsere Ärzte, sei eine nicht ausreichende Flüssigkeitsaufnahme der Patienten. Das kann zu Symptomen wie Schwindel, Kreislauf- und Orientierungs-Störungen sowie Konzentrationsschwäche führen.“ Einige Patienten seien so schwer erkrankt, dass am Dienstag alle Beatmungsplätze ausgelastet waren.

  Tam und Sandra aus der Eismanufaktur Solo Qui in der Fußgängerzone Viersen versorgen die Kunden mit Eis. „Wenn es aber zu heiß ist, kommen nicht so viele“, erklärt der Inhaber.

Tam und Sandra aus der Eismanufaktur Solo Qui in der Fußgängerzone Viersen versorgen die Kunden mit Eis. „Wenn es aber zu heiß ist, kommen nicht so viele“, erklärt der Inhaber.

Foto: Emily Senf

Auch im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) Viersen mussten bereits hitzebedingt Patienten behandelt werden. „Die Zentrale Notaufnahme meldet ein leicht erhöhtes Aufkommen“, berichtet Krankenhaus-Sprecher Kaspar Müller-Bringmann. Vor allem Senioren, die zu wenig getrunken haben, aber auch Obdachlose mit Kreislaufproblemen seien in der Notaufnahme angekommen. Um dafür zu sorgen, dass es in den Wartebereichen des AKH nicht zu heiß wird, seien wo nötig Ventilatoren aufgestellt worden, ergänzt Müller-Bringmann.

 Die Totenkopfäffchen im Tierpark Brüggen genießen die Hitze ebenso wie die Watussikühe. Die legen sich gerne in die pralle Sonne.

Die Totenkopfäffchen im Tierpark Brüggen genießen die Hitze ebenso wie die Watussikühe. Die legen sich gerne in die pralle Sonne.

Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen)

Auch im Altenpflegeheim Marienheim in Nettetal-Hinsbeck wird vorgesorgt. Die Mitarbeiter haben für die 112 Bewohner Ventilatoren aufgestellt und den Eisvorrat aufgefüllt. Statt Bewegung gibt es derzeit ruhigere Angebote wie Vorlesen. Es gibt kühle Bettlaken, feuchte Lappen und Kaltschalen. Im Tierheim Nettetal leiden vor allem die Hunde unter der Hitze. „Sie sind fix und fertig“, sagt Heimleiter Ralf Erdmann. Anders als das Katzenhaus sei das Haus für die derzeit rund 20 Hunde nicht klimatisiert. Etwa 24 Grad Innentemperatur herrschen drinnen, die Mitarbeiter befeuchten den Boden mit Wasser, damit sich die Tiere auf die kühleren Flächen legen können – nach draußen möchten sie meist gar nicht, weil es ihnen dort zu warm ist. Um die Vierbeiner nicht zusätzlich zu stressen, bleibt das Hundehaus in dieser Woche für Besucher geschlossen. „Besucher würden die Tiere zu sehr aufregen“, erläutert Erdmann. In Kombination mit dem Hitze-Stress könne die Aufregung einen Kreislaufkollaps auslösen.

  Cony Ringendahl, ehrenamtliche Mitarbeiterin im Dülken-Büro, hat sich am Mittwoch zur Abkühlung eine Schüssel Eis vor den Ventilator gestellt. Am Donnerstag und Freitag lässt Leiter Andreas Goßen das Büro zu.

Cony Ringendahl, ehrenamtliche Mitarbeiterin im Dülken-Büro, hat sich am Mittwoch zur Abkühlung eine Schüssel Eis vor den Ventilator gestellt. Am Donnerstag und Freitag lässt Leiter Andreas Goßen das Büro zu.

Foto: Nadine Fischer

Was die Hunde im Nettetaler Tierheim stresst, genießen die Watussikühe im Natur- und Tierpark Brüggen. „Sie bleiben in der prallen Sonne liegen“, sagt Betreiberin Helga Kerren. „Auch die Ziegen, die Totenkopfäffchen und die Maras sind Sonnenliebhaber.“ Weil der Park im Wald liegt, sei es dort immer etwas kühler, erläutert Kerren. „Im Moment ist dies sehr von Vorteil.“ Aber: „Wir haben bei der Hitze nachmittags weniger zu tun, die Kunden gehen dann wohl alle schwimmen.“

Damit das Park-Personal nicht in der Mittagshitze schuften muss, wurde der Dienstplan leicht verändert: „Die Tierpfleger fangen früher mit der Arbeit an, sodass die anstrengenden Arbeiten wie Misten schon morgens erledigt sind“, erläutert Kerren. Auch im Dülken-Büro hat sich das Personal Gedanken dazu gemacht, wie sich der Arbeitsalltag erträglicher gestalten lässt. „Wir können hier keine Fenster öffnen“, sagt Leiter Andreas Goßen. „Die warme Luft, die durch die Tür reinströmt, landet hier in einer Sackgasse“, ergänzt er. Um für ein wenig Abkühlung zu sorgen, hat sich die ehrenamtliche Mitarbeiterin Cony Ringendahl deshalb am Mittwoch eine mit Eisbrocken gefüllte Schüssel vor den surrenden Tischventilator gestellt. Am Donnerstag und Freitag hält es Goßen wie Feldges vom nahegelegenen Schnellrestaurant Dammers: Das Dülken-Büro bleibt geschlossen, Cony Ringendahl hat hitzefrei.

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