Interview mit Rita Pickardt Eine Ära endet – aber nicht so ganz

Wald · Nach 22 Jahren an der Spitze hat sich die Walderin nicht mehr um den Vorsitz des CDU-Stadtbezirksverbands beworben. Für ihren Stadtteil setzt sie sich aber weiterhin ein.

 „Ich würde meinen Mann Jochen immer wieder heiraten“, sagt Rita Pickardt nach 50-jähriger Ehe über ihren „Fels in der Brandung“. „Wir haben viel gemeinsam durchgemacht.“

„Ich würde meinen Mann Jochen immer wieder heiraten“, sagt Rita Pickardt nach 50-jähriger Ehe über ihren „Fels in der Brandung“. „Wir haben viel gemeinsam durchgemacht.“

Foto: Fred Lothar Melchior

Ex-Staatssekretär Bernd Wilz als Versammlungsleiter, Vertreter vieler Walder Gruppen, die sich für Ihren Einsatz bedankten: Hatten Sie das bei der jüngsten Sitzung des Stadtbezirksverbands erwartet?

Pickardt Mein alter Vorstand hat mich überrascht. Es war einfach überwältigend. Es wurden immer mehr Menschen: Vertreter der evangelischen Kirche, der Ditib-Gemeinde, der Gruppen, die sich um das Freibad Ittertal und die Jahnkampfbahn kümmern, des Werberings, des Fördervereins Stadtsaal/Stadtpark Wald, des DPWV und andere waren da. Ich war einfach überwältigt und konnte hinterher nichts mehr sagen.

Sie und Ihr Mann Jochen sind 1984 in die CDU eingetreten. Warum in diese Partei?

Pickardt Mein Elternhaus war immer schon christdemokratisch geprägt. Ich bin zu einer Zeit eingetreten, als es die ersten Diskussionen über die Gesamtschule gab. Anfangs war ich sehr skeptisch. Heute sage ich, dass es das Beste ist, was Wald passieren konnte.

1986 haben Sie Ihre ersten Posten für die CDU übernommen – als Mitglied im Ausländer- und im Behinderten-Beirat. Es folgten ein Sitz im Rat ab 1994 und weitere Ausschüsse. Den Vorsitz im Walder Stadtbezirksverband haben Sie seit 22 Jahren inne.

Pickardt Da hieß es zuerst: Eine Frau an der Spitze? Ob das gut geht? Hans-Werner Gabriel hatte große Fußstapfen hinterlassen. Ich habe viel von HWG gelernt. Daraus ist mehr geworden: Es gibt noch Freundschaften in der Partei.

Es gibt aber auch Zoff.

Pickardt Wenn wir uns in Wald in einem demokratischen Prozess und auch in Diskussionen mit Waldern zu einem Thema positioniert haben, stehen wir alle einheitlich dafür ein. Auch wenn wir in der Kreispartei dafür ab und an als rebellisch angesehen werden.

Fabian Kesseler wurde einstimmig zu Ihrem Nachfolger gewählt. Eine gute Wahl?

Pickardt Ich bin sehr froh, dass Herr Kesseler es übernommen hat. Er ist ein Wauler Jung, kompetent und bodenständig. Fabian Kesseler wird es mit anderen Ideen, aber verlässlich weiterführen. HWG hat sich bei mir nicht eingemischt. Das werde ich bei meinem Nachfolger genauso halten.

Sie sind jetzt noch ein Jahr lang Ratsmitglied und zwei Jahre lang stellvertretende Vorsitzende im Stadtbezirksverband. Und dann?

Pickardt Danach werde ich kein politisches Amt mehr übernehmen.

Sie haben 2018 das Bundesverdienstkreuz für Ihren Einsatz erhalten. Was hat Sie von Ihren vielen anderen „Ämtern“ am meisten geprägt?

Pickardt Der Familientag für Behinderte und Nichtbehinderte war das Größte. Als ich den Förderverein vor 28 Jahren gegründet habe, gab es noch keine Inklusion. Wir haben mit 22 Vereinen und Verbänden in der Heimstatt Adolph-Kolping, die auch gekommen waren, begonnen. Zum Schluss waren es über 80. Den Familientag gibt es zwar wegen des hohen Aufwands nicht mehr; ich bin aber weiter Vorsitzende des Vereins. Vielleicht habe ich jetzt mehr Zeit, neue Ideen zu entwickeln. Die Menschen mit Behinderung brauchen uns.

Wie geht es sonst weiter?

Pickardt Ich werde mit Sicherheit noch etwas machen in Wald. Das ist meine Heimat. Aber nichts mehr, wo ich die Nummer eins bin. Ich möchte mehr Zeit für unsere Familie und für Freundschaften haben.

Was wünschen Sie sich für Wald?

Pickardt Für den Stadtpark wünsche ich mir, dass der Spielplatz ausgebaut wird. Auch könnte durch mehr Tische und Bänke die Kommunikation unter den Besuchern gefördert werden. Von den Nutzern erwarte ich mehr Rücksicht: Die Musikmuschel wird ständig beschmiert; Hundebesitzer kümmern sich – trotz vorhandener Tüten – nicht um die Hinterlassenschaften ihrer Tiere. Für die Jahnkampfbahn wünsche ich mir, dass es mit der Überdachung weitergeht. Die weitreichende Barrierefreiheit könnte durch noch mehr rollstuhlgerechte Plätze besser genutzt werden. Das Stadion kann immer Unterstützung gebrauchen. In der Jahnkampfbahn kann ich mir auch gut einen offenen Gottesdienst vorstellen. Oder an anderer Stelle eine riesenlange Tafel mit weißen Tischdecken. Bei einem großen gemeinsamen Essen können sich dann alle Walder Nationaltäten einbinden.

Und was planen Sie für sich selbst?

Pickardt Ein langsames Ausklingen der vielen Ämter. Man hat mir gesagt, ich würde doch sowieso nie aufhören. Ich will aber nicht mehr alles organisieren, werde jedoch weiter – wenn gewünscht – Ideen beisteuern. Wer Hilfe oder eine Auskunft braucht, kann sich an mich wenden. Privat liebe ich das Meer; in Norddeich kennen wir inzwischen fast jedes Haus. Für das nächste Jahr planen wir dann unsere dritte Kreuzfahrt. Gerade die mediterranen Länder gefallen mir sehr gut.

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