Vorstoß Debatte um Verzicht auf Wahlplakate

Ratingen · Die neue Wählergemeinschaft der Optimisten prescht vor und will sich ganz auf digitale Formate konzentrieren.

 So sah es bei der Europawahl 2019 in der Stadt aus, hier am Europaring. Die SPD könnte sich zum Beispiel eine Obergrenze für die Zahl der Wahlplakate vorstellen.

So sah es bei der Europawahl 2019 in der Stadt aus, hier am Europaring. Die SPD könnte sich zum Beispiel eine Obergrenze für die Zahl der Wahlplakate vorstellen.

Foto: Achim Blazy (abz)

Der Wahlkampf ist längst da – inhaltlich und optisch. In diesem Jahr werden Bürgermeister und Stadtrat neu gewählt. Bei der vergangenen Wahl gab es einen turbulenten Kampf um Stimmen, insbesondere durch die Verwendung zahlreicher Wahlkampfplakate, -aufsteller und -flyer. Und das fing bereits weit vor dem offiziellen Beginn der aktiven Wahlwerbung mit den Bürgermeisterkandidaten an.

In diesem Jahr prangt bereits seit längerer Zeit der aktuelle Bürgermeister als Kandidat der CDU an zahlreichen prominenten Stellflächen. Und es ist davon auszugehen, dass bald auch die übrigen Kandidaten folgen werden, glauben jedenfalls die Optimisten, die eine neue Wählergemeinschaft bilden. Immerhin bewerben sich in diesem Jahr sieben Kandidaten um den Job des Stadtoberhauptes.

„Das kann ja dann noch lustig werden“, witzelt der Bürgermeisterkandidat der Optimisten-Wählergemeinschaft, Thomas Woywod, „wenn jeder Kandidat dann seine Plakate aufhängt. Und dann kommen sechs Wochen vor der Wahl noch die üblichen Wahlplakate der Parteien und Wählergruppen hinzu.“

Was das für die Stadt bedeutet, sei nicht auszudenken, meint er. An jeder freien Stelle dürfte dann bald irgendein Wahlplakat hängen. Das Stadtbild ändere sich über Wochen dramatisch, und die negativen Auswirkungen für die Umwelt wären laut Optimisten vermutlich größer als der Informationsgewinn für die Bürger zu den Wahlthemen.

Die Optimisten verzichten daher komplett auf Werbeplakate. „Wir wollen Aufmerksamkeit für unsere Wählergruppe nicht durch lustige Werbesprüche, sondern im Austausch mit den Bürgern erzielen“, betont Woywod, „und dasselbe gilt auch für mich als Bürgermeisterkandidat.“

Das Problem dabei ist aber, dass sich im Zuge der Corona-Pandemie-Beschränkungen kaum Möglichkeiten ergeben, in größeren Versammlungen aufzutreten. Daher setzt man verstärkt auf digitale Lösungen.

„Wir haben das Thema Digitalisierung immer so verstanden, dass es dem Bürger nutzen soll. Daher wollen wir unseren Wahlkampf auch intensiv über Online-Lösungen führen“, betont der stellvertretende Vorstand der Optimisten, Jochen Drahorad. Und er weist darauf hin, dass Worte immer nur auf den Weg verweisen, „auf den eigentlichen Weg gelangt man aber nur durch Handeln, also Schritt für Schritt“.

Woywod hat auch schon klare Pläne für die Rolle eines Bürgermeisters: „Uns geht es um Service, Bürgerbeteiligung und die Ausrichtung am Gemeinwohl für alle Bürger unserer Stadt. Und diese Punkte gilt es vorab mit unseren Bürgern auf Internetplattformen zu diskutieren.“ Die Optimisten kündigen dazu einen Chatroom auf ihrer Internetseite und Social-Media- Aktivitäten an. „Gerade im konstruktiven Austausch von Meinungen sehen wir weit mehr Einflussmöglichkeiten als im Anheften von Werbebotschaften“ betont Drahorad.

Jedenfalls sollte sich dadurch der Wahlkampf von der Materialschlacht hin zu einem regen Austausch von Ideen entwickeln können, so die Optimisten.

Christian Wiglow, SPD-Fraktionschef, betont auf RP-Anfrage: „Wahlen leben davon, dass sich ausreichend Menschen daran beteiligen. Dafür sind Wahlplakate ein probates Mittel, um Aufmerksamkeit zu erregen. Daher halte ich von dem Vorschlag, ganz auf Plakate zu verzichten, recht wenig. Gerade in Zeiten von Corona und Kontaktbeschränkungen, die ja andauern werden, sind viele andere Ansprachen schwer oder nur begrenzt möglich.“

Und er fügt an: „Viele Wähler erwarten auch, dass die Parteien Plakate aufhängen. Zumindest ich habe in über 30 Jahren aktiver politischer Arbeit schon oft die Nachfrage gehört, wann wir denn endlich Plakate aufhängen würden. Daher lasse ich auch nicht unwidersprochen die gerne aufgestellte Aussage stehen, die Plakate würden die nerven“

Es sei allerdings richtig, über die Menge der Plakate zu sprechen. Es müsse nicht jeder Baum behängt werden, man könnte eine Obergrenze pro Partei festlegen (wenn sich denn alle dran hielten). Und weitere Aufhängorte ermöglichen wie die Masten der Straßenbeleuchtung. Dafür müssten aber die Stadtwerke mitspielen.

„Und ich bin dafür, Bereiche wie die Fußgängerzone ganz auszusparen. Trotzdem möchte ich für mehr Toleranz werben: Wahlen sind je nach Gremien alle vier bis fünf Jahre. Das müsste doch hinzunehmen sein.“ Übrigens seien ihm aus anderen Städten solche Diskussion nicht bekannt.

Wie sich andere politische Mitbewerber zum Thema Verzicht auf Wahlplakate positionieren werden, ist noch nicht klar. Die CDU hat bereits Tatsachen geschaffen. Man halte die Wahlplakate für sinnvoll, „Bäume wie die zum Beispiel auf dem Hauser Ring werden auch nicht durch die Plakate beschädigt“, meinte CDU-Fraktionschef Ewald Vielhaus.

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