Naturschützer in Radevormwald Unbekannte vereiteln Kitzrettung – mit fatalen Folgen

Radevormwald · Drei kleine Rehe wurden bei einer Rettungsaktion nahe der Ortschaft Im Busch möglicherweise aus falsch verstandener Tierliebe aus Boxen befreit. Das bedeutete den Tod der Kitze, die zurück ins hohe Gras flüchteten.

 Eines der toten Jungtiere, das von den Rettern gefunden wurde.

Eines der toten Jungtiere, das von den Rettern gefunden wurde.

Foto: Olaf Brese

Olaf Brese ist wütend, sehr wütend. Und zwar auf Unbekannte, die am vergangenen Mittwoch offensichtlich den Tod von drei Rehkitzen verursacht haben. Möglicherweise handelten sie aus fehlgeleiteter Tierliebe, doch für die drei kleinen Rehe bedeutete das ein blutiges Ende.

Um fünf Uhr in der Frühe hatte sich Jagdpächter Brese mit Heike Höller und ihren freiwilligen Helfern sowie Carsten Enneper, dem Drohnenpiloten des Vereins Rader Kitzretter, am Höllerhof getroffen. Der Verein hat bereits in der Vergangenheit viele Kitze vor dem Tod durch Mähmaschinen retten können. Die kleinen Rehe werden oft von den Ricken im hohen Gras abgelegt und werden daher leicht Opfer der Mähmesser, wenn man sie nicht vorher ortet und behutsam aus der Gefahrenzone schafft.

Dank der Drohnen ist die schwierige und aufwendige Suche nach den Tieren im Gras nun erfolgversprechender geworden. Tatsächlich konnten, so berichtet Olaf Brese, an dem genannten Morgen sechs Tiere aus der Wiese geholt werden. Sie werden jeweils vorsichtig in Transportboxen abgelegt und nach der Mahd dann wieder freigelassen.

 Helfer des Vereins „Rader Kitzretter“ durchkämmen die Wiese, um die Kitze vor der Mahd in Sicherheit zu bringen. Dank Drohnentechnik können die Tiere nun besser geortet werden.

Helfer des Vereins „Rader Kitzretter“ durchkämmen die Wiese, um die Kitze vor der Mahd in Sicherheit zu bringen. Dank Drohnentechnik können die Tiere nun besser geortet werden.

Foto: Olaf Brese

Dann allerdings passierte etwas, das in den vielen Jahren der Kitzrettung noch nie vorgekommen und „an Gedankenlosigkeit nicht zu übertreffen“ ist, regt sich der Jagdpächter auf. Als Brese nach der Mahd die Kitze aus den Transportboxen entlassen will, stellt er fest, dass zwei der Boxen, die sich in der Nähe eines Wirtschaftsweges befanden, geöffnet worden sind.

Kurz darauf entdecken die Kitzretter dann, was sie befürchtet haben: Die drei frei gelassenen Kitze sind, wie es der Instinkt ihnen befiehlt, wieder zurück ins Gras geeilt. Und dort von der Maschine des Landwirts, der im guten Glauben mähte, dass sich keine Tiere mehr in der Wiese befanden, getötet worden.

Olaf Brese hat Bilder der toten Tiere gemacht – kein Anblick für zart besaitete Gemüter. Der Wirtschaftsweg, an dem die Transportboxen abgestellt waren, wird auch gerne von Spaziergängern benutzt. Ob dort vorbeikommende Personen die eingesperrten Kitze sahen, die Situation falsch einschätzten und die Deckel öffneten? Das zumindest vermutet Olaf Brese. Leider gebe es immer wieder Menschen, die meinten, es besser zu wissen. „Sei es in der Brut- und Setzzeit, in der immer wieder Hunde unangeleint sich an wehrlosen Kitzen vergreifen, jagende und hetzende Hunde, deren Verhalten von ihren Besitzern ignoriert wird“. Oder eben, wie möglicherweise in diesem Fall, schlecht informierte Tierfreunde, die ohne das nötige Hintergrundwissen drei kleine Kitze in den Tod schickten.

Doch könnten die Tiere nicht auch selber aus den Boxen entkommen oder von der Ricke befreit worden sein? Claudia Möllney, Sprecherin des örtlichen Hegerings und Mitgründerin der „Rader Kitzretter“, meint: „Das ist vielleicht nicht völlig unmöglich, aber doch sehr unwahrscheinlich.“ Es habe in Radevormwald schon einen Fall gegeben, in dem ein Kitz offenbar befreit worden sei, zum Glück ohne tödliche Folgen. „In einem Revier in Ennepetal wurde eine der Boxen eingetreten“, berichtet sie. Also gebe es durchaus Menschen, die sich bemüßigt fühlen, die Tiere zu befreien. „Wahrscheinlich nicht, um den Tod der Tiere zu verursachen“, sagt Möllney. Aber leider fehle heute bei vielen Menschen das Wissen über Tiere, Natur und die Zusammenhänge. „Ich habe schon von Kindern auf die Frage ,Wo leben Kaninchen?‘ die Antwort gehört: ,Im Tierheim!‘“ Und leider gebe es auch jene uneinsichtige Zeitgenossen, deren freilaufende Hunde Rehe totbeißen. „Wenn Sie mit diesen Leuten versuchen zu reden, werden Sie oft noch aggressiv angegangen“, sagt Möllney leicht resigniert.

Um zu verhindern, dass solche Vorfälle sich erneut ereignen, rät Möllney den Pächtern und Helfern, die Transportboxen künftig mit Hinweiszetteln zu versehen – damit Spaziergänger wissen, dass es hier nicht etwa um Tierquälerei, sondern vielmehr um eine Rettungsaktion geht. „Wer sich in so einem Fall nicht sicher ist, kann auch das Ordnungsamt informieren“, rät sie. Bei der Stadtverwaltung in Radevormwald ist zudem Regina Hildebrandt vom Bauverwaltungsamt Ansprechpartnerin zum Thema Kitzrettung (☏ 02195 606-150).

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