Blickpunkt Wirtschaft in Radevormwald Als Gira sein erstes Patent anmeldete

Radevormwald · Vor 120 Jahren meldete Richard Giersiepen eine technische Innovation an – in Großbritannien. Es wurde die Grundlage für den Erfolg der Wuppertaler Firma, die sieben Jahre später nach Radevormwald zog.

 Der erste Radevormwalder Standort an der Weststraße im Jahr 1910. Gegründet wurde Gira allerdings in Wuppertal-Barmen.

Der erste Radevormwalder Standort an der Weststraße im Jahr 1910. Gegründet wurde Gira allerdings in Wuppertal-Barmen.

Foto: Gira

Schalter und Steckdosen – daran denken viele Menschen zuerst, wenn sie den Firmennamen Gira hören. Tatsächlich ist die Geschichte des im Sommer 1905 gegründeten Familienunternehmens aus dem Bergischen Land aufs Engste mit der technischen Entwicklung von Schaltern und Steckdosen verbunden. Damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, hatte Richard Giersiepen, ein begeisterter Tüftler, den vor allem die seinerzeit noch in den Kinderschuhen steckende Elektrotechnik faszinierte, eine Idee für die Weiterentwicklung des sogenannten Tumbler-Schalters.

Das Radevormwalder Unternehmen erinnert nun an die Anmeldung des ersten Gira-Patents vor 120 Jahren. Das war im Februar 1903. Richard Giersiepen beantragte das Patent in Abstimmung mit seinem Bruder Gustav in Großbritannin, denn dort war die Elektrizität in Haushalten und Gewerbebauten bereits viel weiter verbreitet als auf dem europäischen Festland. Nachdem das Patent im Oktober 1903 mit der Nummer 2976 erfolgreich eingetragen worden war, machte sich das Brüderpaar an die Arbeit, um aus der Idee ein serienreifes Produkt zu machen und die Grundlagen für dessen Herstellung und Vermarktung zu schaffen. Die Verbindung nach Großbritannien spielt auch heute für das bergische Unternehmen eine Rolle: Seit dem Jahr 2003 – also 100 Jahre nach der Patentanmeldung – ist Gira mit einer Handelsvertretung im Vereinigten Königkreich aktiv, seit 2010 gibt es eine eigene Repräsentanz. Im vergangenen Jahr wurde dann die Übernahme des britischen Unternehmens Wandsworth verkündet (unsere Redaktion berichtete).

 „Verbesserung an oder in Bezug auf elektrische Schalter“ – das Patent wurde in Großbritannien angemeldet, wo die Elektrizität früh Einzug hielt.

„Verbesserung an oder in Bezug auf elektrische Schalter“ – das Patent wurde in Großbritannien angemeldet, wo die Elektrizität früh Einzug hielt.

Foto: Gira

Doch zurück in die Anfangszeit von Gira: Fast zwei Jahre dauerte es, bis die zunächst in Wuppertal ansässige „Gebr. Giersiepen Fabrik von Apparaten für elektrische Beleuchtung“ – so die damalige Bezeichnung des Technologie-Start-ups – die ersten eigenen Schalter produzierte. In erster Linie auf die britische Insel exportierte das junge Technologieunternehmen zunächst den verbesserten Tumbler-Schalter. Dessen Vorteil gegenüber den damals üblichen Schaltern bestand vor allem in seinem optimierten Kipp-Mechanismus, so dass – wie es in der Patentschrift hieß – „jede Möglichkeit des Festklebens des Federkontakts oder des Kurzschlusses der Drähte durch metallische Teile des Gehäuses absolut ausgeschlossen“ war. Dieses Alleinstellungsmerkmal begründete auch den Markterfolg des ersten Gira-Schalters, der bald schon in verschiedenen Varianten angeboten wurde und viele Jahre Teil des Produktsortiments war.

Das Patent bildete nicht nur das Fundament für die Gründung und erfolgreiche Entwicklung von Gira. Es begründete darüber hinaus zugleich auch den besonderen Anspruch des Technologiemittelständlers an die Entwicklung neuer Produkte, der bis heute dessen Innovationskultur prägt. „Bei der Entwicklung technischer Lösungen geht es uns nie allein um Ingenieurskunst und Technologien, sondern uns treibt vielmehr an, mit unseren Innovationen ein Stück Lebensqualität und emotionale Mehrwerte für ihre Nutzerinnen und Nutzer zu schaffen – wie beim ersten Gira-Schalter von 1905 etwa Wohlgefühl und Sorglosigkeit durch die verbesserte Produktsicherheit und die für damalige Verhältnisse komfortable Bedienung“, erklärt Christian Feltgen, Technologie-Geschäftsführer bei Gira.

Dabei hilft, dass die heute mehr als 150 Ingenieure unterschiedlicher Disziplinen bei Gira zusammen mit Technikern immer wieder Bestehendes in Frage stellen und grundlegend neu denken, um innovative und zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln.

Einige geschützte Erfindungen stecken beispielsweise in der neuen Gira-Steckdosengeneration und im Smart-Home-System „Gira One“, die beide ab März 2023 an Kunden zwischen London und Schanghai ausgeliefert werden, teilt das Radevormwalder Unternehmen mit.

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