Literarischer Sommer in Neuss Eine Geschichte um verschwundene Kunst von Franz Marc

Neuss · Der „Literarische Sommer“ machte einen Ausflug nach Sinsteden. Im Kreiskulturzentrum stellte Bernhard Jaumann seinen Roman vor.

 Bernhard Jaumann las aus „Der Turm der Blauen Pferde“.

Bernhard Jaumann las aus „Der Turm der Blauen Pferde“.

Foto: Markus Rick (rick)

Der 20. Literarische Sommer fand auch im Kulturzentrum Sinsteden statt. Bernhard Jaumann las Ausschnitte aus seinem Buch „Der Turm der Blauen Pferde“. Im Mittelpunkt steht das von den Nazis als „Entartete Kunst“ gebrandmarkte Werk, das dem Buch den Titel gab und das bis heute verschwunden ist. Die Lesung passte übrigens gut zu der aktuellen Ausstellung „Wertewechsel und Skandal in der Kunst“ im Kulturzentrum.

Bernhard Jaumann wurde vor 62 Jahren in Augsburg geboren, er lebt in Bad Aiblingen. Der Gymnasiallehrer hat sich immer wieder Auszeiten gegönnt, um Länder Italien, Mexiko, Australien oder Namibia kennenzulernen und zu erkunden. Allein seine Zeit in Namibia hat ihn zu drei Kriminalromanen animiert.

Am Freitag entführte er die Zuhörer in die letzten Tage des 2. Weltkriegs, genauer gesagt in einen Tunnel in Berchtesgaden. Zwei – wie sich herausstellen sollte, sehr unterschiedliche – Freunde, Xaver und Ludwig, geraten in Streit, als sie in einem versteckten Zug jede Menge Gemälde entdecken. Die Enttäuschung, dass es bei dem Fund nicht um die kriegsentscheidende Wunderwaffe, sondern um Kunst handelt, ist bei Ludwig deutlich geringer als bei seinem Freund: Er sieht das Bild „Der Turm der blauen Pferde“ und ihm wird klar, dass die Nazi-Propaganda ein Lügengespinst war. Er fühlte sich wie neugeboren. Als Xaver sich anschickt, das Bild zu zerstören, erschlägt er ihn. Er musste unbedingt seine Blauen Pferde verteidigen.

Ein anderer Strang erzählt von einem Schrauben-Millionär und Kunstsammler vom Starnberger See, dem ein Deal angeboten wird, auf den er schließlich eingeht: Er kauft den „Turm der Blauen Pferde“ für drei Millionen Euro. Anschließend beauftragt er eine Detektei, um zu prüfen, ob es sich bei diesem Bild um das Original handelt.

Bernhard Jaumann schildert die Vorgehensweise der Detektive Klara Ivanovic und Max Müller akribisch. Die Spur führt unter anderem zu Hermann Göring. Claudia Büchel, die Leiterin der Neusser Stadtbibliothek, die ebenso wie die Leiterin des Kulturzentrums Sinsteden, Kathrin Wappenschmidt die Besucher begrüßten, fand es bemerkenswert, dass Max Müller Bibliothekar war.

Man merkt dem Buch an, dass der Autor enorm viel recherchiert hat. Und selbstverständlich verriet er nicht, wie die Geschichte endet. Welche Rolle spielt Klara Ivanovic’ Vater, der Maler, der an Parkinson leidet? Finden die Detektive den Verkäufer des Bildes, der unter falschem Namen aufgetreten war? Verrät die Quittung vom 9. Januar 1958 über 75 D-Mark, dass der angebliche Franz Marc eine Fälschung ist?

Bernhard Jaumann deutete folgendes an: „Es gibt noch viele Wendungen, Sie kennen noch nicht das letzte Ergebnis der Recherchen.“ Er verwies auf den Kunstsammler Gurlitt, in dessen Wohnung Hunderte von Bildern berühmter Künstler gefunden worden waren – daraus leitete er die Hoffnung ab, dass auch „Der Turm der Blauen Pferde“ eines Tages gefunden werden könne.

Übrigens: Der 20. Literarische Sommer ist längst noch nicht zu Ende, er geht noch bis zum 12. September. Am Freitag kommt Jörg Hilbert mit „Ritter Rost – der Schrottkönig“ in die Neusser Stadtbibliothek.

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