Info-Veranstaltung in Mönchengladbach Wie ein Implantat Hören wieder möglich macht

Mönchengladbach · Nach einem Hörsturz wurde Bärbel Kebschull auf dem linken Ohr taub. Durch eine Prothese, ein Cochlea-Implantat, kann sie heute wieder hören. Wie das funktioniert und wo man sich am 17. Juni bei einer Veranstaltung in Mönchengladbach Informationen zu diesem Hilfsmittel holen kann.

 Bärbel Kebschull trägt seit 2016 ein Cochlea-Implantat, das unter die Haut hinterm Ohr eingesetzt wurde.

Bärbel Kebschull trägt seit 2016 ein Cochlea-Implantat, das unter die Haut hinterm Ohr eingesetzt wurde.

Foto: Norbert Prümen

Lange Zeit war Bärbel Kebschull beruflich sehr eingespannt. Schließlich führte der Stress zu einem Hörsturz. „Ich hielt mich für unabkömmlich, ich habe mich nicht krankschreiben lassen“, sagt sie rückblickend. Schließlich merkte sie, dass sie nicht mehr so gut hörte wie zuvor, wenn sie den Telefonhörer ans linke Ohr hielt, „es hörte sich immer so an, als ob der andere nuscheln würde.“ Sie ging zum Akustiker, bekam Hörgeräte. 2015 folgte ein zweiter Hörsturz, und Bärbel Kebschull stellte fest, dass sie auf dem linken Ohr gar nichts mehr hörte.

2016 wurde ihr in den Kliniken Maria-Hilf in Mönchengladbach unter die Haut hinter dem Ohr ein Cochlea-Implantat (CI) eingesetzt. Das ist eine elektronische Hörprothese, die die Funktion des Innenohrs ersetzen kann. Ein Mikrofon außen am Ohr empfängt Schallwellen, beispielsweise Stimmen. Ein Sprachprozessor verarbeitet dieses Signal und überträgt es an das Implantat, das das Signal in elektrische Impulse übersetzt, die den Hörnerv stimulieren. Der Hörnerv leitet die Impulse weiter ans Gehirn – der Mensch kann wieder hören.

Informationen zu diesem Implantat können sich Mönchengladbacher am 17. Juni mitten in der Stadt abholen. Denn im Juni und Oktober findet in Nordrhein-Westfalen die NRW Selbsthilfe-Tour 2022 statt. In diesem Zeitraum kommen in vielen Städten die Selbsthilfekontaktstellen und Landesorganisationen der Selbsthilfe mit einem bunten Lastwagen und einer Bühne in die Innenstädte, um über ihr Angebot zu informieren. Am 17. Juni wird der Wagen von 11 bis 16 Uhr auf dem Sonnenhausplatz stehen. In dieser Zeit gibt es ein Bühnenprogramm mit Vorträgen und Informationen rund um das Thema Hörbeeinträchtigungen, Hörverlust sowie die Behandlung mit der Innenohrprothese, dem Cochlea Implantat. Schirmherr der Veranstaltung ist nach Angaben des Cochlea Implantat Verbands NRW Prof. Jochen Windfuhr, Facharzt für HNO-Heilkunde an den Kliniken Maria Hilf. Zudem stehen Vertreter des Verbands an Infoständen für Fragen zur Verfügung.

Bis Bärbel Kebschull wieder hören konnte, dauerte es eine Weile. Sie musste es neu erlernen. Dazu verbrachte Kebschull im Frühjahr 2016, nach der Operation, fünf Wochen in einer Reha-Klinik. „Es ging relativ schnell, dass ich nach der OP wieder etwas hören konnte, ganz leise, wenn ich mich konzentrierte“, erzählt die 59-Jährige. In der Reha habe sie „täglichen Input“ bekommen – denn das Gehirn muss erst einmal lernen, die übertragenen Schwingungen zu verarbeiten. „Das sind elektrische Impulse, die sich anders anhören als natürliche Wellen“, sagt die Tönisvorsterin. Deshalb hörten sich Geräusche und Stimmen auch anders an. „Für mich ist es ganz schlimm, dass sich Musik nun anders anhört: Wenn man AC/DC hört und auf einmal den Eindruck hat, die spielten elektronisch, dann ist das ganz grauenvoll.“ Sie habe das Hören durch das Implantat angenommen als etwas Neues, sagt Bärbel Kebschull, „aber es ist anders“.

Hören sei ein ganz wichtiger Teil des täglichen Lebens, erklärt die 59-Jährige: „Wenn man nichts mehr hört, gerät man in eine Glocke. Viele Ertaubte ziehen sich zurück, Isolation und Depression können die Folge sein“, sagt Kebschull. Schließlich bemerkten andere Menschen nicht, dass man taub sei. Wenn man angesprochen werde und nicht antworte, werde man für arrogant gehalten, „niemand kommt auf die Idee, dass man taub sein könnte“, sagt Kebschull und gibt ein weiteres Beispiel: „Jemand fragt Sie nach dem Weg und Sie können nicht antworten.“ Oder, noch schlimmer: „Sie haben Kinder und Enkel, und Sie können ihre Stimmen nicht hören.“

Durch das Implantat kann Bärbel Kebschull heute wählen, ob sie hören möchte oder nicht. Und das ist manchmal auch von Vorteil: „Wenn mein Mann anfängt zu schnarchen, lege ich das CI ab“, erzählt sie schmunzelnd. Dann kommt das Außenteil, das den Prozessor enthält und das man zum Schlafen abnimmt, in eine Trockenbox.

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