Wuppermann AG in Leverkusen „Wir brauchen bezahlbaren grünen Strom“

Leverkusen · Der Vorstandssprecher der Wuppermann AG, Johannes Nonn, über die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens: Bis 2025 wird CO2-neutral produziert.

 Einblick in den Betrieb bei Wuppermann. Die Bandverzinkung ist das Hauptgeschäftsfeld des Leverkusener Familienbetriebs, der seit 145 Jahren existiert.

Einblick in den Betrieb bei Wuppermann. Die Bandverzinkung ist das Hauptgeschäftsfeld des Leverkusener Familienbetriebs, der seit 145 Jahren existiert.

Foto: Michael Rennertz

Immer mehr Unternehmen nehmen Nachhaltigkeit und Klimaschutz in den Fokus. Bayer, Lanxess, Covestro gaben ambitionierte Ziele bekannt. Andere in Leverkusen tun es ihnen gleich.

Herr Nonn, wie positioniert sich die Wuppermann AG zum Thema?

Johannes Nonn Als energieintensives Unternehmen hat das Thema für uns eine herausragende Bedeutung, und als großer europäischer Stahlverarbeiter ist es unser Ziel, hier eine Vorreiterrolle zu spielen

Was bedeutet die CO2-neutrale Produktion bei Wuppermann?

Nonn Dass alle unmittelbar mit dem Produktionsprozess verbundenen Emissionen bis spätestens 2025 auf Null reduziert werden sollen. Ich denke, damit haben wir im Wettbewerbsvergleich ein sehr ambitioniertes Ziel.

 Johannes Nonn.

Johannes Nonn.

Foto: Wuppermann

Was ist Ihre persönliche Motivation?

Nonn Dass die globale Erwärmung im Wesentlichen durch CO2 verursacht wurde, ist wissenschaftlicher Fakt. Und die Industrialisierung hat nachweislich hieran einen erheblichen Anteil. Insofern sehe ich insbesondere die stark industrialisierten Länder in der Pflicht, eine Vorreiterrolle einzunehmen und an der Reduzierung der CO2-Emissionen zu arbeiten. Wir alle werden von unseren Kindern und Enkeln darauf angesprochen. Sie hinterfragen das Thema, und wir bleiben ihnen oft genug vernünftige Antworten schuldig. Auch daher sehen wir uns im Management der Wuppermann-Gruppe in der Verantwortung zu handeln.

Und die unternehmerische Motivation?

Nonn Wir sind überzeugt, dass in Europa langfristig nur die Industrieunternehmen überleben werden, die CO2-frei sind und nachhaltig produzieren. Neben CO2 gibt es auch weitere Nachhaltigkeitsthemen, die genauso wichtig sind: Gerade lesen wir wieder in den Zeitungen, wie wichtig Rohstoffe und eine möglichst hohe Recyclingquote in der Produktion sind, und auch bezüglich der sonstigen Emissionen wird es Herausforderungen geben. Interessant ist ja, dass wir in den letzten Jahren gelernt haben, dass Maßnahmen zur CO2-Reduzierung durchaus ökonomisch sein können. Viele unserer Maßnahmen haben auch zu einer Kostenreduzierung geführt. Das heißt also: Ökonomie und Ökologie schließen sich nicht unbedingt aus.

Welche politischen Rahmenbedingungen braucht es dafür?

Nonn Die Verfügbarkeit sauberer und bezahlbarer Energie ist eine Grundvoraussetzung. Hier spielt der grüne Strom eine herausragende Rolle. Das heißt: Die Dekarbonisierung in Europa unter Beibehaltung des Wohlstands wird uns nur gelingen, wenn wir bezahlbaren grünen Strom zur Verfügung haben. Bei Wuppermann wollen wir unseren Beitrag leisten, indem wir nicht nur in Maßnahmen zur CO2-Reduzierung investieren, sondern auch in die Eigenerzeugung von grüner Energie. Diese wird bei uns eine wesentliche Rolle spielen.

Welchen Beitrag leistet Wuppermann zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie?

Nonn Die Hauptlast der CO2-Emissionen entsteht in der stahlerzeugenden Industrie. Wuppermann hingegen ist ein stahlverarbeitendes Unternehmen. Und bei der Stahlverarbeitung ist unser Prozess anderen Prozessen zum Verzinken von Bandstahl überlegen: Während die herkömmlichen Verzinkungsprozesse auf fossilen Energien basieren, ist unser Prozess strombasiert. Damit können wir unser Band auf Basis von grünem Strom verzinken – ein Wettbewerbsvorteil in punkto Nachhaltigkeit.

Und konkret?

Nonn Wir sind zur Zeit dabei, unsere Stromlieferverträge auf CO2-freie Belieferung umzustellen. Wir nutzen etwa seit 1. Januar dieses Jahres an beiden Produktionsstandorten in Österreich zu hundert Prozent grünen Strom aus Wasserkraft, und in den Niederlanden werden wir ab 1. Januar 2022 den gesamten Strom aus Windkraft beziehen. An unseren beiden anderen Produktionsstandorten in Ungarn und Polen arbeiten wir daran, auf CO2-freien beziehungsweise grünen Strom umzustellen. Wir investieren auch in eigene Stromerzeugung und haben uns entschieden, in diesem Jahr auf drei Hallendächern Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von drei Megawatt zu installieren. Damit könnte man über 1700 Haushalte versorgen. Wir wollen uns auch auf andere Themen konzentrieren wie die Recyclingquote. Am Standort in Moerdijk haben wir eine Recyclingquote von über 99 Prozent. Damit geben wir uns aber nicht zufrieden, sondern streben 100 Prozent an.

Was bedeutet das für Kunden und Produkte?

Nonn Auf die Qualität unserer Produkte hat das keinen Einfluss. Feuerverzinktes Band ist aufgrund des Korrosionsschutzes sehr langlebig. Darüber hinaus ist es vollständig recycelbar. Wir wollen unseren Kunden ein CO2-freies Produkt zur Verfügung stellen. Das heißt in unserem Fall, dass wir dem Material, das wir einkaufen, in unserem Verarbeitungsprozess kein weiteres CO2 hinzufügen. Damit haben wir einen Wettbewerbsvorteil, den wir an unsere Kunden weitergeben.

Wie wird Wuppermann weiter Verantwortung übernehmen?

Nonn Wir arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung der Nachhaltigkeit in unserem Unternehmen. Das wollen wir im Wesentlichen über einen möglichst hohen Bezug an regenerativer Energie, der Reduzierung des spezifischen Stromverbrauchs pro Tonne und mittels Investitionen in eigene regenerative Energien erreichen. In einem Jahr werden wir an der Mehrheit der Standorte CO2-freien Strom beziehen. Bis 2025 wollen wir das an allen unseren Standorten umsetzen, das heißt, wir wollen dann zu hundert Prozent CO2-freien Strom beziehen. In zehn Jahren wollen wir zu hundert Prozent Strom aus regenerativen Energien beziehen. Auch bei der Recyclingquote werden uns mit 99 Prozent nicht zufrieden geben, denn das Ziel muss es sein, 100 Prozent zu recyceln. „Höchster Korrosionsschutz bei niedrigsten CO2-Emissionen“ – daran wollen wir uns messen lassen.

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