Langzeitarbeitslose in Lohn und Brot bringen Millionenprogramme für den Arbeitsmarkt

Krefeld · Arbeitslosigkeit bedeutet eine große Belastung für die Volkswirtschaft. Krefeld und den Betroffenen gehen Kaufkraft und Lebensqualität verloren. Um Armut zu erkennen, müsse man nur mit offenen Augen durch die Innenstadt gehen, sagte Klaus Curth vom DGB am Dienstag. Millionenschwere Programme sollen helfen.

 Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld, Bettina Rademacher-Bensing, und Klaus Churt (Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Arbeitsagentur Krefeld) präsentierten gestern die Jahresbilanz.

Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld, Bettina Rademacher-Bensing, und Klaus Churt (Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Arbeitsagentur Krefeld) präsentierten gestern die Jahresbilanz.

Foto: Agentru für Arbeit/Michael Becker

Jeder Arbeitslose, der in die Lage versetzt wird, für seinen Lebensunterhalt alleine zu sorgen, ist ein Gewinn für die Volkswirtschaft. Das ist die eine Seite – die nüchterne, gefühlskalte, ökonomische. Es gibt auch eine andere Sicht auf die Dinge. „Bei denen, die es nach Jahren der Langzeitarbeitslosigkeit schaffen, ohne Hilfe auszukommen, macht sich ein unheimlicher Stolz bemerkbar“, sagte Bettina Rademacher-Bensing, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld, am Dienstag bei der Vorstellung der Jahresbilanz.

Neben der seit Jahren auch im Bezirk Krefeld (Stadt Krefeld und Kreis Viersen) allgemein festzustellenden Rückgang der Arbeitslosenzahlen sei das strukturelle Problem des Arbeitsmarktes in der Seidenstadt unübersehbar, sagten sie und der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses der Agentur für Arbeit Krefeld, Klaus Churt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), gestern übereinstimmend. Ein Gang mit offenen Augen durch die Krefelder Innenstadt sei geeignet, die Folgen sich verfestigender Arbeitslosigkeit, wie viele Langzeitarbeitslose sie erleben, zu erkennen. Armut, geringe Kaufkraft, schlechte Lebensqualität und – ganz unmittelbar – schlechtere Stadtfinanzen seien die Konsequenzen.

Die Agentur für Arbeit hat sich bereits auf den Weg gemacht, daran etwas zu ändern und sieht die nächsten Hürden bereits am Horizont. Die Digitalisierung werde den Arbeitsmarkt noch einmal kräftig verändern, sagte Bettina Rademacher-Bensing. Zwei Gesetze mit sperrigen Titeln sind die neuen Werkzeuge, um tätig zu werden – das Teilhabechancengesetz und das Qualifizierungschancengesetz. 444 Männer und Frauen sind im vergangenen Jahr entsprechend betreut worden. Das Ganze hat eine deutlich zweistelligen Millionensumme gekostet. Den genauen Betrag konnten sie gestern nicht nennen. „Wir wissen, dass es teure Instrumente sind“, sagte Bettina Rademacher-Bensing.

Nach dem Teilhabechancengesetz wurde die Wiedereingliederung von 278 Personen (150 in Krefeld und 128 im Kreis Viersen) in die Wege geleitet. Sie fanden eine Beschäftigung in der freien Wirtschaft (38 Prozent), bei der öffentlichen Hand (18 Prozent) und bei gemeinnützigen Trägern (44 Prozent). Die Arbeitgeber werden in den ersten beiden Jahren durch die 100-prozentige Übernahme der Lohnkosten unterstützt. Außerdem werden die Teilnehmer für die Höchstdauer von fünf Jahren von so genannten Coaches der Arbeitsagentur und von externen Trägern begleitet.

Das Qualifizierungschancengesetz setzt bei denen an, die bereits ein Beschäftigungsverhältnis haben. Manche Langzeitarbeitslose würden deshalb eigens angestellt, um sich dann direkt fortzubilden – und zwar bei Weiterzahlung des Tarifentgelts für die Zeit der Weiterbildung. 164 Männer und Frauen (jeweils die Hälfte in Krefeld und im Kreis Viersen) haben im vergangenen Jahr am Programm teilgenommen.

Beide Gesetze ergänzten sich gut, sagte Bettina Rademacher-Bensing. Langjährige Helfer in Betrieben, die sich fortbilden wollten, könnten während ihrer Abwesenheit ohne Kosten für den Betrieb ersetzt und die Schulung ebenfalls ohne Kosten für den Betrieb erfolgen. Viele Berufe entwickelten sich vom mechanischen zum digitalem Arbeiten.

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