Vor Jahren hatte ich Muhammad während einer abenteuerlichen Fahrt über den Gebirgspass von Beirut nach Damaskus kennengelernt: einen höflichen, kultivierten und liebenswerten muslimischen Studenten. Oft sind wir in den lauen Sommernächten zusammen durch die Altstadt geschlendert, die "Gerade Straße" entlang, die schon in der Apostelgeschichte erwähnt wird, vorbei am Haus des Hananias, wo der Apostel Paulus getauft worden ist, oder haben vom "Dschebel Qasinun" auf das goldene Lichtermeer der Stadt herabgeschaut. Erinnerungen von Schönheit und scheinbar ewigem Frieden . . . Wie brüchig! "Die Kämpfe rücken immer näher an unser Wohnviertel; ich habe mich gerade mal fünf Minuten aus dem Haus getraut, um etwas Brot zu organisieren — die Versorgung wird immer schwieriger . . .."

Eine Einschätzung der politischen Lage kann ich ihm nicht entlocken; die Angst vor Bespitzelung, falschen Worten ist spürbar. Einig sind wir uns, dass es für die Christen in Syrien am schlimmsten ist, denn sie sitzen zwischen allen Stühlen. Von Christen aus Syrien weiß ich, dass sie die Berichterstattung unser Medien heftig kritisieren wegen ihrer Einseitigkeit. Die Oppositionsbewegungen seien zersplittert und massiv unterwandert von islamistischen Kadern, die Christen als Schutzschilde und Geißeln benutzten. — Vergessen wir nicht unsere christlichen Geschwister! Beten wir für das Syrische Volk, das zum Spielball dunkler Kräfte geworden ist.

Joachim Schwarzmüller, Pfarrer in St. Johann Baptist