Moers/Krefeld Die Seidenbaronin
Moers/Krefeld · Martina Rauen hat bei Rowohlt ihr Erstlingswerk veröffentlicht: Der historische Roman erzählt die Geschichte der Adeligen Paulina von Gralitz, die im ausgehenden 18. Jahrhundert selbstbewusst und erfolgreich ihren Weg geht.
Als die "Seidenbaronin" Anfang Juli in den Handel kam, wollte es Martina Rauen wissen. Sie stellte sich in einer Krefelder Buchhandlung in die Nähe der Auslage, in der ihr frisch erschienener Roman präsentiert wurde: "Ich wollte mal gucken, ob jemand stehenbleibt und sich für mein Buch interessiert", sagt die Moerser Autorin, um lachend hinzuzufügen: "Vier Leute in 20 Minuten haben es gekauft."
Krefeld kommt nicht von ungefähr. Der historische Roman, der im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen ist, spielt zu einem großen Teil im "Crefeld" des ausgehenden 18. Jahrhunderts — zu einer Zeit, als die niederrheinische Stadt zu einem bedeutenden Zentrum der Seidenweberindustrie in Deutschland wurde. Auf mehr als 500 Seiten erzählt Martina Rauen die spannende und wechselvolle Geschichte der jungen Adeligen Paulina von Gralitz, die aus verarmtem Haus stammt, aber selbstbewusst und erfolgreich ihren Weg geht. Er führt sie an den Hof in Darmstadt, zur Kaiserkrönung nach Frankfurt, ins Stammhaus der Thurn und Taxis, aber auch nach Berlin und Mecklenburg-Vorpommern und — wie gesagt — nach Crefeld, das damals noch mit C geschrieben wurde.
Martina Rauen gelingt es, den Leser schon auf den ersten Seiten ihres dicken "Schmökers" zu fesseln, selbst denjenigen, der historische Romane nicht mehr zu seinen Favoriten zählt. Das liegt vor allem daran, dass sie dem Leser ein Gefühl für die Zeit vermittelt, als Napoleons Armeen Europa eroberten. Die Charaktere, die sie beschreibt, wirken mehr als authentisch. Selbst der Sprache jener Zeit scheint sie sich angenähert zu haben. "Ein historischer Roman ist immer mit sehr viel Recherche verbunden. Es gibt zum Beispiel ein Kapitel, in dem Paulina allein von Frankfurt nach Hannover reist. Ich habe mich lange mit der Frage befasst, wie eine solche Reise wohl vor 200 Jahren stattgefunden hat. Damit haben Sie ganz schön zu tun, bis Sie die nötigen historischen Fakten zusammenhaben, um dann nur zwei Seiten über die Reise zu schreiben."
Genau dies war der Grund dafür, dass Martina Rauen sich ein Thema auswählte, das ihr nicht ganz fremd war. "Auf der Themensuche bin ich schnell auf die Krefelder Seidenindustrie gestoßen, die vor 200 Jahren in Blüte kam", erzählt die Mutter von drei Kindern, die Germanistik und Geschichte studiert hat. Den Anspruch auf historische Vollständigkeit erhebt sie nicht. "Die historischen Gegebenheiten sind der Hintergrund für die Erzählung."
Dass sie einmal einen historischen Roman schreiben und dann als Erstlingswerk in einem renommierten Verlag veröffentlichen würde, hätte Martina Rauen nicht gedacht. "Ich habe schon immer geschrieben, bereits als Kind. Meine Mutter hat meine allererste Geschichte aufbewahrt, die ich mit zehn Jahren verfasst habe. Sie hieß: Das Hündchen mit dem Schleifchen." 2009 war es, als die Moerserin im Internet entdeckte, dass Rowohlt den Wettbewerb "Historischer Roman" ausgeschrieben hatte. "Ich habe gar nicht lange überlegt und mit der Recherche angefangen." Die ersten 50 Seiten schickte sie ein.
"Ich hätte nie im Traum daran gedacht, dass es darauf eine Reaktion geben würde." Doch die kam. Zwar klappte es zeitlich nicht mit der Teilnahme am Wettbewerb, doch die zuständige Rowohlt-Lektorin war von Rauens Ideen so angetan, dass sie hartnäckig das Manuskript einforderte.
Auf Amazon stehen inzwischen erste Leser-Rezensionen: "Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass die Leser auf Paulina von Gralitz so reagieren, wie ich es wollte. Ursprünglich sollte sie ein liebes Mädchen sein. Dann entschied ich mich dafür, sie nicht so positiv zu beschreiben und sie als streitbar und untypisch für ihre Zeit anzulegen. Sie sollte eine Frau sein, die man gerne begleitet. Und das haben meine ersten Rezensenten bestätigt."
Wenngleich Rauen mit dem Gedanken spielt, einen weiteren Roman auf den Weg zu bringen, soll das Schreiben ein Hobby bleiben — eines, für das sie sich zwischen Kinder, Familie und Beruf zuweilen die Zeit stehlen muss. "Es gibt ein Buch mit dem Titel: Frauen, die schreiben, leben gefährlich. Da ist was dran, vor allem, wenn sie alles unter einen Hut bringen wollen."