Kleve Neues Beuys-Zentrum in Kleve

Kleve · Am Niederrhein gibt es nun neben Schloss Moyland in Bedburg-Hau ein zweites Beuys-Zentrum: das Museum Kurhaus in Kleve. Die Räume, in denen Joseph Beuys Ende der 1950er Jahre wirkte, sind ausgebaut und in das für 4,24 Millionen Euro erweiterte Museum einbezogen worden.

Eröffnung Museum Kurhaus mit Beuys-Westflügel
26 Bilder

Eröffnung Museum Kurhaus mit Beuys-Westflügel

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Das ehemalige Atelier von Joseph Beuys (1921—1986) werde Teil des Museums, so verlautete vorab aus Kleve, und mancher mag sich schon ausgemalt haben, wie sich dort zwischen Filz- und Fettvorräten Skizzen stapeln und allerlei Gerätschaften auf Tischen ausgebreitet sind. Wer sich aber jetzt einen Eindruck davon verschafft, wie das einstige Atelier des später weltberühmt gewordenen Künstlers umgebaut und ins Museum Kurhaus einbezogen worden ist, der wird enttäuscht und zugleich überrascht sein: enttäuscht, weil Pinsel, Farbbehälter und Bleistifte hinter Vitrinenglas verbannt sind, überrascht, weil die Familie Beuys — Witwe Eva mit ihren Kindern Jessyka und Wenzel — das Museumsanhängsel großzügig mit Leihgaben gefüllt hat, die den überschaubaren Eigenbestand an Werken von Beuys vortrefflich ergänzen.

Eine 3,40 Meter lange, wuchtige Badewanne aus Bronze, Blei und Kupfer bildet den Blickfang dieses kleinen Museums im Museum. Beuys hat sie 1961 entworfen; gegossen wurde sie erst 1987, ein Jahr nach seinem Tod. Im Museum Kurhaus befindet sie sich am rechten Fleck: im einstigen Friedrich-Wilhelm-Bad, das Beuys dann — wenige hundert Meter von seinem Elternhaus entfernt — nach einer persönlichen Krise für ein paar Jahre als Atelier nutzte.

Diese Bronze-Badewanne, verwandt mit jener berühmten Wanne von Beuys, die in den 1970er Jahren zwei weibliche Mitglieder des SPD-Ortsvereins Leverkusen-Alkenrath im dortigen Museum Morsbroich zuschanden schrubbten, existiert noch in zwei weiteren Exemplaren. Eines befindet sich ebenfalls im Besitz der Familie Beuys, das andere in der Münchner Pinakothek der Moderne.

Im Übrigen vermischen sich in der Präsentation des Museums Kurhaus Leihgaben und Eigenbesitz, darunter vor allem frühe Zeichnungen. Diejenigen Gegenstände, die ein wenig Atelieratmosphäre herbeizaubern sollen, stammen allesamt nicht aus dem Klever Atelier, das Beuys bereits Mitte der 1960er Jahre aufgab, sondern aus seinem Atelier am Düsseldorfer Drakeplatz, das heute ebenfalls nicht mehr besteht: Taschenmesser, skelettierte Hasenschädel, Farbtuben, eine rote Lampe.

Aus der Reihe der ausgestellten Kunstwerke ragen heraus: das Modell der bronzenen Badewanne — ein Mammutzahn mit Kupferkrempe —, ein androgyn wirkendes plastisches Selbstporträt des Künstlers von 1947 und — dies wiederum soeben erworbener Eigenbesitz — eine vierteilige Foto-Arbeit "Ohne Titel (Mein Kölner Dom)" von 1980. Zum 700-jährigen Bestehen des Doms hatte Beuys die von seinem Lehrer Ewald Mataré entworfenen, von ihm selbst mitgestalteten Türen der Kathedrale auf vier je drei Meter hohe Fotoleinwände projiziert, die er teilweise bearbeitete.

Zu diesem Zeitpunkt war das Klever Atelier nur mehr Erinnerung. Damals, in den 1950er Jahren, lag Beuys noch näher bei Matarés Formensprache, vor allem mit seinem "Büdericher Ehrenmal". Es war der einzige große öffentliche Auftrag, den er ausführte, und eigens dafür hatte er die Räume im Klever Kurhaus gemietet. Die zweiteilige Arbeit — ein monumentales Tor und ein frei hängendes Holzkreuz — ist noch heute im Ortskern von Meerbusch-Büderich zu erleben.

Aus dem Klever Atelier heraus bewarb sich Beuys 1961 um eine Stelle als "Professor für monumentale Bildhauerei" an der Kunstakademie Düsseldorf. Er legte seinem Schreiben Fotografien seiner Werke bei, die Fritz Getlinger (1911—1998) gemacht hatte, der langjährige Fotograf der "Rheinischen Post" in Kleve, der sich mit seinen Schwarzweiß-Fotografien hohe Verdienste als Dokumentarist von Beuys' frühen Jahren erwarb.

Das innerhalb des historischen Kurhaus-Gebäudes erweiterte Museum und die darin enthaltene Beuys-Abteilung sind den langjährigen Bemühungen des bisherigen Museums-Chefs Guido de Werd zu verdanken. Wenn die Klever in diesen Tagen von der unmittelbar bevorstehenden Eröffnung des Erweiterungsbaus sprechen, benutzen sie zuweilen spaßeshalber den Begriff "de Werds Krönungsmesse". In der Tat hat er nach 40 Dienstjahren das Beste für sein Museum erreicht. Das Haus gilt mit seiner vorzüglichen Sammlung vor allem zur Moderne und zur Gegenwartskunst als gute Adresse in der deutschen Museumslandschaft. Und mit dem neuen Schwerpunkt Beuys, den de Werd dank langjähriger guter Beziehungen zu Beuys' Erben einrichten konnte, ist ihm die Krönung des Museums und gleichzeitig seiner selbst gelungen.

Doch wie geht es weiter? Noch ist kein Vertrag darüber unterzeichnet, wie lange die Leihgaben im Museum bleiben sollen. Wird es de Werds Nachfolger Harald Kunde gelingen, als Partner der Familie Beuys in seine Fußstapfen zu treten? Und wenn nicht? Könnte das Museum Kurhaus dann dereinst das gleiche Schicksal ereilen wie andere Museen, die sich zu sehr darauf verlassen haben, dass Leihgaben für immer bleiben? De Werd selbst wird in absehbarer Zeit den Niederrhein verlassen, um mit seiner Ehefrau Rita Kersting, die die Leitung des Israel-Museums in Jerusalem übernimmt, und den Kindern in den Nahen Osten zu ziehen.

Einstweilen aber können sich die Klever über ihren Beuys-Zuwachs freuen. In der Nähe von Moyland gibt es nun ein zweites Beuys-Museum, und Konkurrenz belebt auch das Ausstellungsgeschäft.

(RP/ila)
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