Kiesabbau in Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg Der Kampf um die Flächen beginnt erst

Kamp-Lintfort · Als befremdlich und absurd kritisieren die Bürgermeister von Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg das Rechtsgutachten zum Vorkaufrecht, das eine Kiesfirma in Auftrag gab. Sie wollen mit Flächeneigentümern sprechen.

 Der Kiesabbau steht am Niederrhein immer mehr in der Kritik der Bürger.

Der Kiesabbau steht am Niederrhein immer mehr in der Kritik der Bürger.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Der Kampf um die Flächen hat erst begonnen: Darin sind sich Christoph Landscheidt, Ralf Köpke und Dietmar Heyde einig. Die Bürgermeister der vom Kiesabbau am linken Niederrhein besonders stark betroffenen Städte Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg zeigten sich am Montag empört über das Rechtsgutachten, das das Kiesunternehmen Hülsken in Auftrag gegeben und in der vergangenen Woche an Landrat Ingo Brohl und die Mitglieder des Kreistages verschickt hatte. Die Drei sprachen auch für Alpens Bürgermeister Thomas Ahls, der am Montag nicht am Pressegespräch habe teilnehmen können.

 Christoph Landscheidt, Bürgermeister in Kamp-Lintfort.

Christoph Landscheidt, Bürgermeister in Kamp-Lintfort.

Foto: SPD Kamp-Lintfort/Bettina Engel-Albustin | Fotoage

In dem Rechtsgutachten kommt der von der Kiesindustrie beauftragte Jurist zu dem Ergebnis, dass sich Landrat und Kreistag strafbar machen würden, wenn sie mit dem kommunalen Vorkaufsrecht weitere Abgrabungen verhindern wollten (RP berichtete). Das wollten die drei Bürgermeister am Montag nicht unkommentiert stehen lassen. „Es ist befremdend und absurd, dass die Firma Hülsken mit dem scharfen Schwert des Strafrechts droht und erklärt, alle, die den Raubbau der Landschaft am Niederrhein einzudämmen versuchten, würden sich strafbar machen“, sagte der Kamp-Lintforter Bürgermeister Christoph Landscheidt. Das sei juristisch nicht haltbar, erklärte er, und politisch unklug: „Damit hat sich Hülsken keinen Gefallen getan – besonders vor dem Hintergrund, dass man dort angeblich an einem gemeinsamen Dialog mit den betroffenen Städten, den Bürgern und der Landesregierung interessiert ist.“

 Ralf Köpke, Bürgermeister in Neukirchen-Vluyn.

Ralf Köpke, Bürgermeister in Neukirchen-Vluyn.

Foto: Stadt Neukirchen-Vluyn

Er sei wütend geworden, erklärte Neukirchen-Vluyns Bürgermeister Ralf Köpke, nachdem er Ende der letzten Woche das Rechtsgutachten des beauftragen Juristen, der als Professor für Öffentliches Recht an der Uni Würzburg arbeitet, gelesen habe. „Es geht hier lediglich um den Prüfauftrag, ob Kommunen sich das Vorkaufsrecht sichern können, der im Weseler Kreistag beschlossen wurde“, sagte Köpke und bezeichnete die Methode des Kiesunternehmens als „einen einmaligen Vorgang“. „Es wird ein politischer Beschluss schon im Vorfeld angegriffen und angedroht, strafrechtlich vorzugehen“, sagte Köpke und zeigte sich kampfeslustig: „Wir lassen uns als Kommunen nicht vorschreiben, wie wir im Interesse der Bürger handeln.“ Er habe mit vielen Flächeneigentümern in seiner Stadt gesprochen und werde es auch weiterhin tun – und zwar mit allen Optionen. Wie Köpke erfahren hat, hätten Makler aus Köln just nach Offenlage des Regionalplanes durch den Regionalverband Ruhr (RVR) im Dezember Eigentümer in Neukirchen-Vluyn kontaktiert. Dass das Kiesunternehmen ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben habe, zeigt aus Sicht des Rheinberger Bürgermeister Dietmar Heyde eine „gewisse Nervosität“. Er kritisiert insbesondere die Argumentationschiene im Rechtsgutachten, dass es sich um eine bewusste Verschwendung von öffentlichen Mitteln handele, ja sogar um Veruntreuung von Steuergeldern, wenn Städte Flächen „zu einem deutlich über dem Wert liegenden Kaufpreis“ erwerben würden. Durch Kiesabbau gehe der ökologische Nutzen der Flächen verloren. „Hier von Werten zu sprechen, ist fragwürdig. Aus ökologischer Sicht müssen wir jede Grünfläche erhalten. Das geben die Klimaanpassungserfordernisse uns vor“, sagte Heyde und verwies darauf, dass der Kreis Wesel Ökomodellregion sei. „Das Land legt interessante Projekte wie dieses auf und wirft die Flächen gleichzeitig der Kiesindustrie vor die Füße. Das passt für mich nicht zusammen.“

 Dietmar Heyde, Bürgermeister in Rheinberg.

Dietmar Heyde, Bürgermeister in Rheinberg.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Vom Kiesabbau sei hingegen jede der am linken Niederrhein betroffenen Kommunen mit bis zu 200 Hektar betroffen. Die Städte und Gemeinden setzen weithin auf die eingereichte Klage gegen den Landesentwicklungsplan vor dem Oberverwaltungsgericht Münster.

Mit einer Entscheidung wird im März gerechnet. Und darauf, dass Bürger und Bürgerinitiativen von ihrem Recht Gebrauch machen, eine Vielzahl von Einwendungen gegen den Regionalplan einzureichen. „Wir unterstützen sie gerne bei der Formulierung ihrer Einsprüche“, betont Christoph Landscheidt. Man wolle aber auch die Eigentümer von potenziellen Auskiesungsflächen anschreiben und sie für die Thematik sensibilisieren. Christoph Landscheidt: „Wenn sie Kaufangebote erhalten, sollten sie zuerst mit uns, also den Städten, sprechen und Verhandlungen aufnehmen.“

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