Konzert in der Pauluskirche in Hückeswagen Stehende Ovationen fürs Oratorium

Hückeswagen · Trotz winterlicher Temperaturen war die Pauluskirche am Abend des dritten Adventssonntags sehr gut gefüllt. Der Kammerchor „Vocale“ gab Auszüge aus Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium – und begeisterte das Publikum.

 Imposant: Der Kammerchor „Vocale“ begeisterte mit dem Weihnachtsoratorium in der Pauluskirche die Zuhörer.

Imposant: Der Kammerchor „Vocale“ begeisterte mit dem Weihnachtsoratorium in der Pauluskirche die Zuhörer.

Foto: Jürgen Moll

Musik kann einem fraglos das Herz wärmen. Die Probe aufs Exempel konnte man am späten Nachmittag eines überaus unangenehmen und frostigen dritten Adventssonntags in der ebenfalls alles andere als wohltemperierten Pauluskirche machen. Da strahlte nämlich Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium wie ein musikalischer Heizpilz so viel angenehme musikalische Wärme ab, dass man die winterliche Kälte, die durch die Energiesparpolitik und der damit zusammenhängenden Heizpolitik in den Kirchen zusätzlich deutlich gemindert wurde, beinahe vergaß. Das Weihnachtsoratorium wurde vom Kammerchor „Vocale“ der Evangelischen Kirchengemeinde zusammen mit dem Kölner Barockorchester „musica sacra“ und den Solisten Veronika Madler (Sopran), Cornelia Orendi (Alt), Michael Brauer (Tenor), Markus Auerbach (Bass) in Auszügen gegeben.

Das ganze Werk wäre für ein normales Konzert viel zu lang. Daher hatte sich Kantorin Inga Kuhnert dazu entschieden, nur die Kantaten I, II und V aufzuführen. Auch wegen der kalten Temperaturen eine durchaus weise Entscheidung. Aber viel wichtiger war, dass die drei Kantaten in dieser kompakten Form von rund eineinhalb Stunden Spieldauer eine in dieser Form wunderbar anzuhörende Einheit ergaben. Weniger kann manchmal eben auch mehr sein – vor allem, wenn es musikalisch so hochwertig dargeboten wurde, wie an diesem Sonntagnachmittag vor den vollen Reihen eines am Ende begeisterten Publikums.

Schon der Beginn mit dem „Jauchzet, Frohlocket“ packte einen direkt. Und das nicht nur, weil es sprichwörtlich mit Pauken und Trompeten so richtig zur Sache ging. Die Akustik in der Pauluskirche sorgte für einen dichten Klang, besonders dann, wenn Orchester und Chor gemeinsam alles gaben. Da war an der einen oder anderen Stelle eine durchaus ehrfürchtige Gänsehaut zu spüren. Der Chor mit seinen etwa 30 Stimmen erfüllte den Kirchenraum mit einer eindrucksvollen Strahlkraft und sauberer Intonation, was umso eindrucksvoller war, da es sich ja um einen Laienchor handelt. Der aber auf einem immens hohen musikalischen Niveau agierte – sicherlich nicht zuletzt ein Verdienst der intensiven Probenarbeit der Kantorin.

Aber auch das Orchester beeindruckte durch eine gleichermaßen fragile wie wuchtige Musikalität. So etwa in der Einleitung zur Kantate II, die rein instrumental war und die Musiker auf ihren historischen Instrumenten zeigen lassen konnte, wie das Weihnachtsoratorium zu Bachs Zeiten wohl geklungen haben mochte. Dass die kalten Temperaturen in der Kirche ein ausgiebiges Nachstimmen zwischen den drei Kantaten nötig machten, war hingegen sicherlich kein Problem der historischen Instrumente.

Aber nicht nur als musikalisches Gerüst und Chorbegleitung fungierte das Orchester, es war in gewisser Weise auch eine Art Handlauf für die Rezitatitive und Arien der vier hervorragenden Solisten. Die rundeten das Weihnachtsoratorium nämlich auf ihre ganz individuelle Art und Weise ab. So war es eindrucksvoll, die unterschiedlichen Stimmlagen die Weihnachtsgeschichte singend erzählen zu hören. Dabei überzeugten alle vier Sänger gleichermaßen. Sei es nun Markus Auerbach, der besonders in seiner Bass-Arie in Kantate V zur Oboen-Begleitung brillierte, während der basso continuo im Hintergrund die harmonischen und strukturierenden Fäden zog. Sopranistin Veronika Madler sang schon einmal von der Kanzel herab, was ihre Darbietung tatsächlich noch etwas eindrucksvoller werden ließ. Michael Brauers Tenor hatte einen gewissen Schmelz in der Stimme, der genauso gegen die mit weiterem Verlauf des Konzerts langsam doch in die Beine kriechenden Kälte wirkte, wie der warme Alt von Cornelia Orendi.

Inga Kuhnerts Idee, den fulminanten Schlusschor der Kantate VI anstelle des eher unauffälligen Chorals der Bachschen Originalversion an den Schluss der Kantate V zu setzen, ging dann zum Schluss wirklich blendend auf. Denn noch einmal erklangen Chor und Orchester gemeinsam, noch einmal gaben die Pauken und Trompeten, wie bereits zu Beginn des Konzerts, alles, es wurde noch einmal „gejauchzet, frohlocket“, ehe dann das Publikum das Seinige machte und dieses großartige Konzert mit lautstarkem und begeistertem Applaus in absolut angemessener Weise würdigte. Stehende Ovationen inklusive.

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