Räumungsverkauf in Hückelhoven Blumen Tenesch schließt nach 74 Jahren

Hückelhoven · Floristmeisterin Kristina Hommers gibt das alteingesessene Hückelhovener Fachgeschäft auf. Ihr Großvater Hubert Tenesch gründete es 1946 als Gärtnerei.

 Floristin Kristina Hommers möchte Gartentherapeutin werden. Trauerfloristik will sie künftig weiter anbieten, das gilt auch für Grab- und Gartenpflege.

Floristin Kristina Hommers möchte Gartentherapeutin werden. Trauerfloristik will sie künftig weiter anbieten, das gilt auch für Grab- und Gartenpflege.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Ihre Arbeitswoche umfasst nie weniger als 55 bis 60 Stunden. Die regelmäßigen Einkaufsfahrten zum Großmarkt in Venlo, die anstrengenden Büroarbeiten sonntags zu Hause. Sie hat schon lange gemerkt, dass sie die Kraft nicht mehr hat. Dass sie viel lieber etwas ganz anderes beginnen möchte. Anfang Juni reifte in ihr der endgültige Entschluss, Blumen Tenesch aufzugeben. Der Gedanke war schon lange da. Kristina Hommers schließt Ende September das Blumengeschäft, das ihr Großvater Hubert Tenesch 1946 als Gärtnerei an der Martin-Luther-Straße gründete.

Die 39-jährige Floristmeisterin, die 2017 NRW-Meisterin wurde und 2018 bei den Deutschen Meisterschaften der Floristen in Berlin antrat, möchte Gartentherapeutin werden. Dabei setzt sie auf die heilende Wirkung der Pflanzen, die sie als Ganzes betrachtet. Für die umfangreiche Fortbildung an der Meisterschule in Gießen hatte sie sich angemeldet, kurz bevor Corona kam. Deshalb fand nur ein Termin statt. Ein einwöchiges Praktikum hat die zweifache Mutter in zwei Fachkliniken für Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen erfolgreich absolviert. Es hat ihr gut gefallen.

Im Geschäft an der Martin-Luther-Straße, das sie in dritter Generation mit mehreren Angestellten führt, hat derweil der Räumungsverkauf begonnen. Es gibt Rabatte zwischen 20 und 70 Prozent, nur nicht auf Schnittblumen, Topfpflanzen, Auftragsfloristik und Serviceleistungen. Kristina Hommers spürt, dass ihr der Abschied nicht leicht fallen wird. Hier hat sie schon als Vierjährige Sträußchen gebunden und später als Schülerin jede freie Minute verbracht. Das Haus im Besitz ihrer Eltern mit zwei Wohnungen soll nun verkauft werden, ein Makler ist bereits beauftragt. „Sie waren überrascht, als ich ihnen meine Entscheidung mitgeteilt habe, hatten aber Verständnis“, sagt sie.

Mit ihrem Vater Bruno Deuß wird sie Grab- und Gartenpflege, für die langfristige Verträge abgeschlossen wurden, fortführen. Auch Trauerfloristik möchte sie künftig gerne weiter in Zusammenarbeit mit einem Bestatter anbieten. 1979 übernahm Mutter Bärbel Deuß den elterlichen Betrieb. Die gelernte Floristin erweiterte das Sortiment um Geschenkartikel und Kleinmöbel, übergab 2015 an ihre Tochter Kristina. Das Problem, nur schwer Personal zu finden, kam bei dem Entschluss zur Geschäftsaufgabe nach 74 Jahren hinzu. „Es ist schwierig, jemanden für den Beruf zu begeistern. Es ist Niedriglohnsektor. Reich wird man dabei nicht.“

Von langjährigen Stammkunden hat sich die Tenesch-Chefin per Brief verabschiedet. Sie schreibt: „Dank Ihnen konnten wir ein Buch mit vielen tollen Geschichten schreiben. Nun ist es an der Zeit, ein neues Kapitel zu beginnen.“ Die Gerüchteküche ärgert sie. Obwohl sie weiß, dass sie dagegen nicht viel machen kann. „Es wurde sogar schon erzählt, dass ich schwer krank sei und man mich mit Perücke gesehen hat. Dabei sind meine Haare echt“, sagt sie und schüttelt verständnislos den Kopf. Kristina Hommers glaubt, dass auch Opa Hubert Tenesch, der Gärtnermeister, der Chrysanthemen, Nelken und Gemüsepflanzen züchtete, sie verstehen könnte. „Ich möchte zurück zu den Wurzeln.“ Im Herbst wird sie erstmal bei einem Kuraufenthalt neue Energie tanken.

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