Interview mit Distel-Kabarettist Michael Nitzel „Die Zuschauer sehen bei uns, wie die Zukunft wird“

Grevenbroich · Die Berliner Kabarett-Bühne Distel kommt nach Grevenbroich – mit der Merkel-Satire „Weltretten für Anfänger“.

 Kabarett-Theater der Berliner Distel: Die ewige Kanzlerin (Timo Doleys, liegend) ist zur Psychoanalyse bei ihrem Therapeuten (Michael Nitzel).

Kabarett-Theater der Berliner Distel: Die ewige Kanzlerin (Timo Doleys, liegend) ist zur Psychoanalyse bei ihrem Therapeuten (Michael Nitzel).

Foto: Distel, Chris Gonz

Die Zeitreise beginnt um Punkt 20 Uhr. „Weltretten für Anfänger“ heißt das Kabarett-Theater, mit dem das Ensemble der Distel aus Berlin am Sonntag, 14. März, nach Grevenbroich kommt. Darin erfindet die Physikerin Angela Merkel eine Zeitmaschine, weil sie der Meinung ist, bislang der Welt nichts hinterlassen zu haben. Gemeinsam mit Caroline Lux und Timo Doleys steht Michael Nitzel auf der Bühne des Pascal-Gymnasiums.

Haben Sie Angst vor der Fahrt zum Auftritt in Grevenbroich – weil man doch in diesen Tagen ja gar nicht sicher sein kann, dass Angela Merkel noch Bundeskanzlerin ist, wenn man am Ziel ankommt?

Michael Nitzel Ja, da ist etwas dran. Manchmal reichen schon ein paar Stunden Schlaf und man wacht in einer völlig veränderten Welt wieder auf. Da ist es gut, dass wir drei zusammen im Bus zu unseren Auftritten fahren. Da wird dann rasch das Stück aktualisiert.

Was erwartet das Publikum in „Weltretten für Anfänger“?

Nitzel Na ja, bei uns ist Angela Merkel durchaus selbstkritisch und kommt deshalb zu dem Schluss, dass sie der Welt noch kein wirkliches Vermächtnis hinterlassen hat. Von diesem Gedanken fühlt sie sich in die Enge getrieben. Deshalb erfindet und baut die Ingenieurin die Zeitmaschine, mit deren Hilfe die Berliner Familie Konnewitz in die Zukunft, genauer in das Jahr 2070 geschickt wird. Auch das entspringt durchaus einem Kalkül von Merkel: Denn dann müssten die Früchte ihrer Politik des langen Atems sichtbar sein – glaubt sie. Wie diese Zukunft wirklich sein wird, sehen die Zuschauer in unserem Stück.

Nun sitzt Angela Merkel schon länger im Kanzleramt als Konrad Adenauer – sind da nicht alle Pointen schon geschrieben, alle Kalauer bereits mehrfach gebraucht?

Nitzel Ein ganz klares Nein – denn wir konzentrieren uns ja nicht nur auf diese eine Person, sondern beleuchten auch ihr Umfeld. Und daraus ergeben sich immer wieder spannende Konstellationen und erhellende Momente.

Welche Erfahrung haben sie mit „Weltretten für Anfänger“ gemacht – in punkto Beliebtheit der Kanzlerin. Gibt es Regionen, in denen Angela Merkel beliebter ist als anderswo?

Nitzel Nein, das konnte ich bisher nicht feststellen. Im Grunde freuen sich alle Zuschauer, wenn man sich der Politik und ihrer Führungsperson ironisch, kritisch nähert. Dies ist in Deutschland überall gleich. Je nach Region variiert manchmal die Schnelligkeit und die Intensität, mit der auf unsere Pointen reagiert wird. Aber den Erlebnissen der Familie Konnewitz samt ihrem Schwiegervater in der Zukunft gelingt es immer wieder, die Menschen zu verblüffen, zu erstaunen – von Nord bis Süd.

Haben Sie denn einen Rat für uns, was wir machen sollen, wenn die Dauerkanzlerin dann mal abtreten sollte?

Nitzel Politisch werde ich jetzt keine Ratschläge geben – außer vielleicht diesen hier: Wir sollten nicht vergessen, wie vergleichsweise gut es uns geht – und dass sich dieses sehr rasch ändern kann, wenn man unbedacht oder aus Protest die falschen wählt. Ich habe manchmal den Eindruck, dass sich viele Leute nicht klarmachen, wie rasch wir das, was wir erreicht haben, auch wieder verlieren könnten. An dieser Stelle wäre es wirklich gut, eine Zeitmaschine zu besitzen – von der unser Stück ja berichtet.

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