Brauchtum am Niederrhein Wenn der Nikolaus in Rente geht

Paul Boemans aus Hartefeld ist seit 50 Jahre im Dienste des Nikolaus’ unterwegs – zunächst als Begleiter, dann als Bischof selbst. Er hat Generationen von Familien besucht. Immer an seiner Seite: Knecht Ruprecht. Sie gehen ein letztes Mal zusammen auf Tour. Boemans hört endgültig auf.

 Zu Besuch beim Nikolaus. Er wohnt übrigens in einem Haus in einer Straße in Hartefeld.

Zu Besuch beim Nikolaus. Er wohnt übrigens in einem Haus in einer Straße in Hartefeld.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Das Haus vom Nikolaus. Da ist eine braune Holztür, zunächst ganz unspektakulär. Auf dem Klingelschild steht auch ein anderer Name. Aber das ist ja auch klar. Weil der Nikolaus inkognito bleiben möchte. Aber dann, wenn er den Kopf mit der hohen, rote Mütze, der Mitra, aus der Tür steckt, den goldfarbenen Bischofsstab in der Hand, dann weiß man, dass man richtig ist. Der Nikolaus wohnt übrigens in Hartefeld.

Vielleicht kann man das auch schon ein bisschen erahnen, wenn man ihn privat trifft. Denn auch wenn noch nicht Nikolausabend ist, trägt Paul Boemans ein rotes Poloshirt und hat weiße Haare. In seinem Wohnzimmer hat er eine Weihnachtslandschaft aufgebaut. „Ein bisschen bleibt immer hängen“, sagt er lachend. Adventszeit, das ist seine Zeit. Seit 50 Jahren ist er im Dienste des Nikolauses unterwegs für die Hartefelder Bruderschaft. Die hatte die Nikolaus-Rundgänge 1952 von den Ordensschwestern übernommen, plaudert Boemans aus der Geschichte. Seit 1969 ist er dabei. Er hat schon Generationen von Hartfeldern aus dem roten Buch vorgelesen. Wichtig sei, nicht nur die bösen Taten zu nennen, sondern eine gute Mischung. „Der Nikolaus ist nicht der Geschenkebringer. Seine Aufgabe ist es, zu gucken, was über das Jahr gewesen ist“, umreißt er seine Aufgabe. „Wir sind keine Erzieher. Was die Eltern nicht in 365 Tagen hinbekommen, können wir nicht in zehn Minuten machen“, sagt er für sich und seine Nikolaus-Kollegen. Fünf Nikoläuse werden in Hartefeld von der Bruderschaft am Nikolausabend unterwegs sein. Immer an ihrer Seite: Knecht Ruprecht. „Er ist nicht der böse Mann“, stellt Boemans alias der Nikolaus klar.

Sein Knecht Ruprecht, Karl-Heinz „Charly“ Vermöhlen, begleitet ihn schon seit 38 Jahre. Seit 30 Jahren ist bei ihm Joachim Duwe als Begleiter dabei, der dafür sorgt, dass alles richtig sitzt. Boemans erinnert sich an diesen einen Nikolausabend, an dem seine Perücke ganz schief hing und die Mitra bis in den Keller flog, weil ein Sturm durch Hartefeld tobte. „Das war ´ne Katastrophe.“

Als Begleiter ist er übrigens auch in die Nikolaus-Geschichte gestartet. Zunächst etwas unwillig. Sein Vater Johannes hatte ihn überredet. „Bis 15 Jahre hatte ich Angst vorm Nikolaus“, gibt der 68-Jährige unumwunden zu. Kein Wunder. Teilweise hatte ein Nikolaus damals zwei als Teufel verkleidete Männer dabei, die mit den Ketten rasselten. „Das war früher viel bang machen“, erinnert sich Boemans. Gut fand er das nicht. Deswegen macht er das anders und freut sich über das Kompliment eines Kindes. „Nikolaus weißt du, du bist so ein guter Mann“, sagte eines mal zu ihm. „Du sagst mir immer, was ich nicht so Gutes tue.“ Es kommt halt immer darauf an, wie man es sagt.

Oft helfen die Eltern nach und schreiben auf einen Zettel, was ihre Kinder gut machen und was weniger gut. Sie sollten das möglichst groß schreiben, sagt der Hartefelder Nikolaus. Denn die Brille, die er am Nikolausabend trägt, hat keine Gläser. „Manche Leute meinen es zu gut und setzen den Nikolaus direkt an den Kamin“, erklärt Boemans lachend. Bei den Temperaturwechseln von draußen nach drinnen beschlägt jede normale Brille.

Die Brille könnte auch beim Abschied beschlagen. Nach 50 Jahren ist Schluss für Boemans. Auch wenn er mit Herz und Seele Nikolaus war.

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