Reeser Kunstsonntag Gespaltenes Echo zum Frühjahrs-Termin

REES · Dass der Kunstsonntag nach 17 Jahren erstmalig im Frühjahr und dann auch noch parallel zum Stadtfest stattfand, kam bei einigen Künstlern nicht gut an. Sie verzeichneten in ihren Ateliers so wenige Besucher wie noch nie zuvor.

 Die Anholterin Gabi Luemen (r.) zeigte ihre Werke im Beerdigungsinstitut von Anja Klaczynski.

Die Anholterin Gabi Luemen (r.) zeigte ihre Werke im Beerdigungsinstitut von Anja Klaczynski.

Foto: Markus van Offern (mvo)

18 Jahre lang fand der Reeser Kunstsonntag im November statt. Auf Wunsch mehrerer Künstlerinnen und Künstler wurde er jetzt erstmals in den Mai verlegt, wobei er sich allerdings (mehr zufällig als geplant) mit dem Stadtfest der Reeser Werbegemeinschaft überschnitt. „Wir finden das großartig“, betonte die RWG-Vorsitzende Renate Bartmann in ihren Eröffnungsworten zum Stadtfest am Sonntagmittag.

Die Meinungen der Kreativen fielen allerdings sehr unterschiedlich aus. Einige hatten ihre Teilnahme am Kunstsonntag gleich ganz abgesagt, andere wollten das Experiment wagen.

Astrid Karuna Feuser aus Haldern kritisiert die Verlegung als „absolute Fehlplanung, auch unabhängig vom Stadtfest“. Zwar habe sie in ihrem Atelier einen „schönen Tag“ mit Freunden und Sammlern verbracht, die alle im Vorfeld persönlich per Brief eingeladen wurden, doch weitere Besucher blieben nahezu aus: „Bei den Novemberterminen kommen meist 20 bis 40 Besucher, die aus der Zeitung vom Kunstsonntag erfahren haben, diesmal waren es nur zwei.“ Der Frühling sei einfach eine Jahreszeit, in der die Menschen draußen etwas unternehmen möchten, meint Astrid Karuna Feuser. „In der Vorweihnachtszeit sind sie eher darauf eingestimmt, Bilder als Geschenke zu kaufen.“ Wenn der 20. Kunstsonntag im nächsten Jahr wieder im Frühjahr stattfindet, plant die Halderner Künstlerin, „sich auszuklinken“ und im Herbst oder Winter einen eigenen Tag des offenen Ateliers mit geladenen Gästen zu veranstalten.

Brigitte Schlossmacher-Thissen zieht eine zweigeteilte Bilanz: „Ein verkaufsoffener Sonntag und ein Kunstsonntag passen nicht zusammen“, sagt die Künstlerin, die in ihrem Privathaus in der Oberstadt ausstellte. Andererseits: „Ich hatte Hochbetrieb und habe fünf Bilder verkauft.“ Die Käufer und Kunstinteressenten, darunter auch Gäste aus Emmerich und Hamminkeln, seien aber gezielt wegen des Kunstsonntags nach Rees gekommen und nicht zufällig auf das Kulturprogramm aufmerksam geworden. Tendenziell neigt Brigitte Schlossmacher-Thissen zu einer Rückverlegung in den November, obgleich sie ab 2020 aus Altersgründen nicht mehr am Kunstsonntag teilnehmen möchte.

Michael Hoffmann, einer der Urväter des Kunstsonntags, plädiert klar für den Novembertermin: „In der Vorweihnachtszeit suchen die Kunstfreunde Geschenke für ihre Freunde und Verwandten und greifen gern zu meinen Reeser Motiven“, sagt der Architekt und ehemalige Stadtplaner. Die 25 Besucher, die er diesmal in seinem Atelier am Bärenwall empfing, seien Negativ-Rekord gewesen: „Und diejenigen, die von auswärts kamen, sagten, dass sie wegen des Stadtfests große Probleme hatten, einen Parkplatz zu finden.“

Elisabeth Kemkes verzeichnete in ihrem Artelier Artelli am Melatenweg „etwa ein Drittel weniger Besucher“ als in den Vorjahren. „Ich war aber innerlich darauf vorbereitet“, sagt die Künstlerin, die Acrylmalerei, Lampenkunst und schalldämmende Bilder ausstellte. Obgleich sich ihre Art von Kunst in der dunklen Jahreszeit besser verkaufe, sei sie der Idee eines Kunstsonntags im Frühling gegenüber aufgeschlossen: „Allerdings nicht in Kombination oder Konkurrenz mit einem Stadtfest, denn die Besucher eines Kunstsonntags und die Besucher eines Stadtfestes sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe.“

Gabi Lümen aus Anholt, eine von fünf Debütantinnen beim Reeser Kunstsonntag, war zufrieden mit der Resonanz auf ihre erste Ausstellung im Beerdigungsinstitut Klaczynski. Dagegen hätte sich Hausherrin Anja Klaczynski noch mehr Wechselwirkung zwischen den Stadtfest-Besucherströmen in der Fallstraße und den 32 ausgestellten impressionistisch-naturalistischen Acrylbildern erhofft. „Wir haben extra einen 1,60 Meter großen Mondstein vor die Tür gestellt, damit die orangefarbenen Hinweispfeile des Kunstsonntags nicht so leicht übersehen werden“, sagt Anja Klaczynski, die sich für die kommenden Jahre eine Trennung zwischen Kunstsonntag und Stadtfest wünscht.

Laut Stadt Rees profitierten sowohl die Ausstellung im Rathaus als auch das Koenraad-Bosman-Museum mit der Ausstellung von Unai Etxebarria vom gutbesuchten Stadtfest. „Allein die Hein-Driessen-Ausstellung im Rathaus hatte am Sonntag mehr als 220 Besucher“, so Rita Betancor vom Kulturamt. Dazu  gehörte auch die Kreis Klever Bundestagsabgeordnete Barbara Hendricks, die auf ein Treffen mit Hein Driessen gehofft hatte. Jedoch weilt der Emmericher Künstler im Krankenhaus, weshalb er eine Woche zuvor auch nicht an der Vernissage seiner Ausstellung „Ölbaum und Kopfweide in der europäischen Landschaft“ hatte teilnehmen können.

Rita Betancor zufolge hat die Stadt Rees alle Künsterinnen und Künstler gebeten, im Laufe dieser Woche schriftlich mitzuteilen, ob der Reeser Kunstsonntag ab 2020 weiterhin im Frühjahr (dann wohl ohne Überschneidung mit dem Stadtfest) stattfinden soll oder ob eine Rückkehr zum bisherigen zweiten Sonntag im November gewünscht wird.

(Michael Scholten)
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