Rees Die Legende vom „Blitz“

REES/KEVELAER · Seit langem wird in Rees von den Kevelaer-Pilgern erzählt, deren Pferd bei einem Unwetter getötet wurde. Wilhelm Brauer kennt die wahre Geschichte.

 Schütze Wilhelm Brauer auf „Blitz“ Anfang der 1960er Jahre.

Schütze Wilhelm Brauer auf „Blitz“ Anfang der 1960er Jahre.

Foto: Markus Balser

Die Reeser Katholiken waren die ersten, die 1643, mitten im 30-jährigen Krieg, nach Kevelaer pilgerten. Sie haben damit vor 375 Jahren die Wallfahrten in die Marienstadt begründet. Das ist eine Tatsache.

Um die Pilgerfahrten, die es seitdem gab, ranken sich aber auch viele Anekdoten und Geschichten. Eine davon: In den 1960er Jahren sollen die Wallfahrer aus Rees in ein schweres Unwetter geraten sein. Dabei wurde ein Pferd von einem Blitz getroffen und getötet.

Wilhelm Brauer hat diese Geschichte schon häufiger gehört. Als sie kürzlich, im Vorgriff auf die am Samstag stattfindende Jubiläumswallfahrt  auch von der RP erwähnt wurde, griff der Reeser zum Telefonhörer und rief bei der Redaktion an, um klar zu stellen: „Das stimmt so nicht.“

Brauer, Jahrgang 1943, muss es wissen. Zwar nahm er seinerzeit an der Wallfahrt nicht teil, ist aber der Sohn des Pferdebesitzers, der damals sein Tier verlor.

Das Pferd von Josef Brauer, das die Reeser damals auf die Wallfahrt mitnahmen, es zog einen Planwagen, war auf den Pilgerfahrten schon oft im Einsatz gewesen. Auf dem Bauernhof der Brauers, der schon lange nicht mehr existiert, war es als Nutztier im Einsatz, zum Beispiel wenn Milch transportiert oder Felder umgepflügt werden mussten. „Der war immer zuverlässig, mit dem konnte man viel machen“, erzählt Wilhelm Brauer. Und weil das Pferd auch absolut verkehrssicher war, kam es nicht nur bei Schützenfesten zum Einsatz, sondern wurde auch von den Pilgern genutzt. Vermutlich 1968, ganz genau weiß das Brauer nicht mehr, trat das Nutztier seine letzte Wallfahrt an. „Es war auf der Rückkehr nach Rees, als die Wallfahrer eine Pause in Kehrum einlegten. Da ist das Pferd auf einmal umgefallen und war auf der Stelle tot.“ Wie sich später bei einer Untersuchung des Kadavers herausstellen sollte, war  der etwa 25 Jahre alte Hengst an einem Lungenriss gestorben.

Wie nun die Geschichte vom Unwetter und dem tödlichen Gewitter in Umlauf kam, dafür hat Wilhelm Brauer eine einfache wie einleuchtende Erklärung: „Der Name des Pferdes war ,Blitz’. Wahrscheinlich ist daraus im Laufe der Zeit diese Geschichte entstanden“, vermutet der Reeser. Und weil mittlerweile kaum noch Zeitzeugen leben, konnte sich die Mär vom Blitzschlag halten.

Der Verlust des Tieres war für die Bauernfamilie damals nicht leicht. Zwar bekam sie von den Pilgern einen Ersatz für „Blitz“, doch dieses Pferd war viel jünger und für die Zwecke der Bauernfamilie nicht so gut geeignet wie sein Vorgänger. Später konnten die Brauers über die Ereignisse aber auch schmunzeln: „Wir haben immer gesagt: Wenigstens hat ,Blitz’ einen schönen Tod gehabt. Er ist auf der Wallfahrt nach Kevelaer gestorben.“

(Markus Balser)
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