Performance am Wochenende in Düsseldorf Die „wütende Frau aus Moldawien“ kommt ins FFT

Düsseldorf · Jetzt wird‘s gesellschaftskritisch: Das moldawische Theaterensemble um die Dramaturgin Nicoleta Esinencu bringt das Thema Ausbeutung und Kapitalismus als Performance auf die Bühne. Dabei kommen osteuropäische Saisonarbeiter zu Wort.

 Das Forum Freies Theater (FFT) zeigt die „Sinfonie des Fortschritts“ am 28. und 29. Januar.

Das Forum Freies Theater (FFT) zeigt die „Sinfonie des Fortschritts“ am 28. und 29. Januar.

Foto: Ramin Mazur

Die Ausbeutung von Arbeitskräften, illegale Beschäftigung und das Paradox einer gegenseitigen Abhängigkeit zwischen West- und Osteuropa:  gewichtige Themen, die Nicoleta Esinencu schon lange umtreiben und die sie in ihrem neuen Stück „Sinfonie des Fortschritts“ bearbeitet. Das bringt die Dramaturgin am Freitag, 28., und Samstag, 29. Januar, mit ihrem Ensemble auf die Bühne des Forum Freies Theater (FFT).

Journalisten hätten ihr das Etikett „die wütende Frau aus Moldawien“ angeheftet, stellt sie fest und wundert sich: „Seit Jahren höre ich das immer wieder, und ich frage mich, wie kommen die da drauf?“. Wütend zu sein, sei wohl eher so ein Männerding, stellt sie klar. Sie hat es sich vielmehr zur Aufgabe gemacht, den Finger in offene Wunden zu legen, indem sie das Publikum mit Tatsachen konfrontiert, vor dem es gern Augen und Ohren verschließt; dieses immer mehr, schneller, größer als Motor eines kapitalistischen Systems auf Kosten sozialer Gerechtigkeit. Wenn die Kritiker meinen, sie sei deshalb wütend, „soll‘s mir recht sein“, sagt sie achselzuckend.

Der Lockdown im vergangenen Jahr mit geschlossenen Grenzen habe mehr als deutlich gemacht, wie abhängig westliche Gesellschaften von billigen osteuropäischen Arbeitskräften seien. Vom Spargelstecher und Erdbeerpflücker bis zum Arbeiter in Fleischfabriken, überall werden Saisonkräfte gebraucht, mies bezahlt und noch mieser behandelt. Dagegen spiele das Kollektiv in „Sinfonie des Fortschritts“ mit Texten und Soundkollagen an. Mit ersteren wird das Publikum in Russisch und moldawischem Rumänisch konfrontiert, übertitelt mit deutschen und englischen Übersetzungen. Das aktuelle Stück setzt thematisch da an, wo Esinencu 2019 mit „Requiem für Europa“ aufhörte. Eine Performance in die Interviews mit moldawischen Saisonarbeitern und Studien zur Armut einflossen.

Das Ensemble ist derzeit ohne feste Spielstätte in seiner Heimat. In Moldawiens Hauptstadt Chisinau betrieben sie elf Jahre lang ein kleines Theater mit Bar, das sie aufgeben mussten, weil es dafür keine Förderung gab. Ihr größter Wunsch wäre, nicht nur mit ihrem Stück durch Europa touren zu müssen, sondern wieder im eigenen Haus auftreten zu können.

Info „Sinfonie des Fortschritts“ ist am 28. und 29. Januar im FFT zu sehen. Beginn: jeweils 20 Uhr. Tickets und Infos unter www.fft-duesseldorf.de

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