Dormagens Tier- und Pflanzenwelt Natur-Invasoren erobern Bäche und Beete

Knechtsteden · Biologe Michael Stevens kennt sich mit Eindringlingen in die hiesige Pflanzen- und Tierwelt aus.

     Der Kamberkrebs hat den heimischen Edelkrebs verdrängt.

Der Kamberkrebs hat den heimischen Edelkrebs verdrängt.

Foto: DPA/Reinhard, H.

Professor Donald Kessler liegt schwer daneben. Als Vorsitzender der Amerikanischen Akademie für Raumfahrt überzeugt er in der Science-Fiction-Komödie „Mars Attacks“ den US-Präsidenten davon, dass die Marsianer, die in fliegenden Untertassen Kurs auf die Erde nehmen, keine Bedrohung darstellen. Eine gravierende Fehleinschätzung, denn die Invasoren machen sich daran, ihre neu eroberte Umgebung vom Menschen zu „befreien“. Im Film geht alles in typischer Hollywood-Manier gut aus für die Angegriffenen. In der realen Natur indes drohen Eindringlinge einheimische Arten zu vertreiben, wenn nicht gar auszumerzen, weiß Michael Stevens. Der Diplom-Biologe arbeitet in der Biologischen Station des Rhein-Kreises Neuss in Knechtsteden und kennt sich mit den schädlichen Auswirkungen invasiver Arten bestens aus.

Zum Einstieg ins Thema lenkt Stevens den Blick zunächst in die Geschichte, ins Jahr 1492. Da landete Christoph Kolumbus mit seinen Leuten in Amerika. Das Ereignis markiert den Beginn des Austausches von Pflanzen und Tieren zwischen den Kontinenten. Denn mit den Schiffen der Seefahrer kamen Pflanzen und Tiere von der jeweils anderen Seite des Atlantischen Ozeans in Gefilde, in denen sie nicht heimisch waren. Wie der Breitwegerich: Die trittfeste Pflanze kam von Europa nach Amerika, und dass sie dort nicht hingehörte, erkannten die Indianer schnell. „Sie sprachen im Zusammenhang mit dem Breitwegerich von der ‚Fußspur des weißen Mannes’“, erzählt Michael Stevens. Neobiota, Neubürger, lautet der biologische Oberbegriff für die nicht-heimischen Arten, unterteilt in Neophyten (Pflanzen) und Neozoen (Tiere).

     Der Saft des Riesen-Bärenklaus enthält Giftstoffe.

Der Saft des Riesen-Bärenklaus enthält Giftstoffe.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Viele Neubürger seien „neutral“ zu betrachten, weil sie keine negativen Auswirkungen aufs heimische Ökosystem haben, so Stevens. Das gilt aber nicht für alle. Zu den berüchtigsten Neophyten im hiesigen Raum gehört der Riesen-Bärenklau. Die Pflanze stammt aus dem Kaukasus und kann über zwei Meter hoch werden. Man vermutet, Imker hätten sich von ihrer Ansiedlung eine Bereicherung für die Bienenwelt versprochen, weil sie einen großen Blütenstand hat. Inzwischen ist sie eine Plage, die nicht nur andere Pflanzen in ihrem Lebensraum beschränkt, sondern gar dem Menschen gefährlich werden kann. „Der Pflanzensaft beinhaltet einen Giftstoff, der mit Sonnenlicht reagiert. Bei Berührung führt das zu schwerwiegenden Hautausschlägen“, erklärt Stevens. Nicht ohne ist auch die Beifußblättrige Ambrosie („Traubenkraut“). „Die Pflanze verfügt über sehr viele Pollen. Der Kontakt kann vor allem für Allergiker sehr unangenehm sein“, sagt der Experte.

 Biologe Michael Stevens mit Traubenkraut.

Biologe Michael Stevens mit Traubenkraut.

Foto: Stefan Schneider

Was aber tun gegen die unerwünschten Arten? Stevens rät zur Vernichtung mit Stumpf und Stiel: „Am Besten ausreißen, in verschließbare Tüten packen und im Hausmüll entsorgen. Nicht im Kompost, weil die Pflanzen dort weiter ihre Samen verbreiten können.“ Für die Beseitigung ermpfiehlt sich das Tragen von Handschuhen, gegebenenfalls auch Mundschutz.

Um die Ausbreitung gefährlicher bzw. unerwünschter invasiver Arten zu verhindern, hat die Europäische Union 2014 eine Verordnung erlassen. Darin sind Pflanzen und Tiere aufgelistet, bei deren Auftauchen Gegenmaßnahmen ergriffen werden sollten. Aber: Bei vielen solcher Lebewesen ist der Kampf schier aussichtslos. Der aus den USA eingeschleppte Kamberkrebs hat die Krebspest mitgebracht. Ihm schadet die nicht, wohl aber dem deutschen Edelkrebs. Der ist inzwischen fast ausgerottet.

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