Historische Leiterkästen in der alten Zollfeste 2000 Besucher bei Drehorgel-Festival in Zons

Zons · In Zons wurden über Pfingsten insgesamt 35 Leierkästen aus Europa gezeigt, die eines gemeinsam hatten: Sie alle waren mindestens 100 Jahre alt - und trafen auf großes Publikumsinteresse.

Alte Instrumente wurden beim Drehorgel-Festival in Zons mit passender Kleidung präsentiert.

Alte Instrumente wurden beim Drehorgel-Festival in Zons mit passender Kleidung präsentiert.

Foto: Melanie Zanin (MZ)

Nach vier Jahren Zwangspause konnte am Pfingstwochenende in den Gassen der Altstadt von Zons wieder ein internationales Drehorgelfest stattfinden. Es war die mittlerweile 20. Auflage des seit 1985 vom Kreismuseum und den Freunden und Förderern dieses Instituts alle zwei Jahre organisierten Wettbewerbs, der kongenial zum Stadtjubiläum „650 Jahre Zons“ passte. Viele Drehorgelspieler waren deshalb mittelalterlich gewandet.

35 Orgeln aus Deutschland, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz erfreuten mit ihrer Musik am Pfingstwochenende je rund 1000 Besucher. Es sollen vornehmlich historische Instrumente sein. „Wir legen Wert darauf, dass die Orgeln 100 Jahre plus alt sind“, sagt Verena Rangol, die kommissarische Leiterin des Museums. Die älteste Drehorgel war eine Waldkircher Stiftwalzorgel von 1890. Alleine sechs Orgeln standen unmittelbar vor dem Kreismuseum, die in Absprache miteinander „rund um die Uhr“ Musik machten. Das Schloss-Café gegenüber war entsprechend gut besucht.

Unter den Drehorgelspielern war auch der Kölner Rainer Scharl, der in seiner Heimatstadt die Privatsammlung von Rolf und Heidi Jacobi mit mehr als 400 Instrumenten betreut. Die jüngste Drehorgelspielerin in Zons war die Hamburgerin Sophia (18), die 2022 ihr Abitur gemacht hat. Von ihren Eltern infiziert, schätzt sie am Drehorgelspiel vor allem die Begegnungen: „Man lernt ungemein nette Leute kennen.“

Igor Stolianov aus Lüttich war zum ersten Mal in Zons. Gleichermaßen erstmals war das Drehorgelduo Rosi und Frithjof Gröger aus Renningen bei Stuttgart vertreten. Sie hatten neben mittelalterlicher Kleidung Besonderes mitgebracht: „Mariechen saß weinend im Garten.“

Dieses Küchenlied, eine Variante der Moritat, sangen beide zu Orgelmusik, Rosi Gröger zeigte mit einem Stock auf die zugehörigen Bilder, die auf einer großen Tafel gemalt waren. Wie viele in Zons präsentierte Orgeln, hat auch Frithjof Grögers Instrument neben 42 Tonstufen vier Register, mit denen die Interpretation allerdings nur in begrenztem Umfang steuerbar ist. Trompete und Flöte passten dabei nicht zum Gesang.

Insgesamt sechs Moritaten hatten sie im Repertoire für Zons, natürlich auch die Ballade „Sabinchen war ein Frauenzimmer“, die 1849 in der Sammlung „Musenklänge aus Deutschlands Leierkasten“ veröffentlicht wurde. „Leierkasten“ ist auch heute noch ein Synonym für die Drehorgel. Die Kleinkunstkünstlerin Claire Waldoff (1884–1959) hat neben „Wer schmeißt denn da mit Lehm“ das „Sabinchen“ wieder richtig bekannt gemacht: „Der Diebstahl, der bringt große Schmerzen, und nie kein Segen nicht.“

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