Alles außer Blumen Was Frauen sich wirklich zum Muttertag wünschen

Düsseldorf · Wir stellen zum Muttertag sieben Mütter vor, die uns erzählt haben, was sie sich wirklich wünschen – und das ist tatsächlich alles außer Blumen. Unter ihnen sind zwei Frauen aus der Ukraine, eine Mutter mit sechs Kindern, eine mit Drillingen und eine Alleinerziehende.

Olga Ovsepyan mit Tochter Marie. Sie leben eigentlich in Odessa, seit März aber bei Olgas Schwester Angela in Neuss.

Olga Ovsepyan mit Tochter Marie. Sie leben eigentlich in Odessa, seit März aber bei Olgas Schwester Angela in Neuss.

Foto: Melanie Zanin (MZ)

Am zweiten Sonntag im Mai wird Muttertag gefeiert und die Kinder pilgern im besten Fall mit Blumen und Pralinen nach Hause. Mütter in den unterschiedlichsten Lebenssituationen haben uns erzählt, wonach sie sich am meisten sehnen.

Corina Murad (38) aus Dinslaken

„Ich war noch nie mit meinen sechs Kindern im Urlaub. Erst fehlte das Geld, dann kamen Corona, der Krieg und die Inflation dazu. Meine große Tochter möchte gerne mal nach Spanien, meine Söhne würden sich auch mit einem Ausflug in den Freizeitpark zufriedengeben. Aber für acht Personen ist alles teuer. Ich hoffe, dass mein Mann und ich ihnen das irgendwann bieten können.

Corina Murad aus Dinslaken mit fünf ihrer sechs Kinder. Sie hofft, dass sie bald eine neue Wohnung finden. In ihrer jetzigen kommt das Wasser durch die Wände.

Corina Murad aus Dinslaken mit fünf ihrer sechs Kinder. Sie hofft, dass sie bald eine neue Wohnung finden. In ihrer jetzigen kommt das Wasser durch die Wände.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Gerade haben wir aber ein viel existenzielleres Problem: Wir sind seit eineinhalb Jahren auf der Suche nach einer neuen Wohnung. In unserer jetzigen kommt das Wasser durch die Wände, in mehreren Zimmern schimmelt es. Leider ist es sehr schwierig mit sechs Kindern etwas zu finden. Wie viele Vermieter uns schon abgewiesen haben, weil sie Angst vor Lärmbelästigung haben. Oder sie haben sich einfach gar nicht mehr gemeldet. Daran könnte ich verzweifeln, aber ich gebe nicht auf. Für meine Kinder bleibe ich stark. Sie sollen es mal besser haben, eine gute Ausbildung oder ein Studium machen. Meine Älteste ist auf dem besten Weg dahin – sie macht gerade ihr Abitur. Darauf bin ich unglaublich stolz.

Viel wichtiger ist mir aber, dass meine Familie gesund ist. Ich arbeite daran, ein gutes Vorbild zu sein und habe 50 Kilogramm abgenommen. Zuvor war ich sehr übergewichtig und konnte nicht mehr mit meinen Kindern toben, Fußball spielen oder spazieren gehen. Das geht jetzt alles wieder. Ich verbringe so gerne Zeit mit ihnen und wenn sie mir zum Muttertag ein gemaltes Bild überreichen oder eine selbstgebackenen Kuchen, dann geht mir das Herz auf. Sie bräuchten das aber nicht zu machen. Sie bei mir zu haben – das reicht mir völlig.“

Olga Ovsepyan (34) aus Odessa

„Meine Töchter Angelina, zwölf, Marie, zwei Jahre alt, und ich leben seit März bei meiner Schwägerin und ihrer Familie in Neuss. Mein Mann musste in der Ukraine bleiben. Ich wünsche mir zuallererst, dass wir alle gesund bleiben, das ist das Wichtigste. Meine ältere Tochter sagte vor kurzem zu mir: Mama, ich vermisse mein Bett. Das tat mir sehr leid und es zeigt, wie wir uns fühlen: entwurzelt. Die Kinder vermissen ihre Großeltern sehr. Wir möchten wieder nach Hause und versuchen doch, das Beste aus der Situation zu machen. Und wir sind hier in Sicherheit. Angelina besucht jetzt eine Schule, ist in einer Klasse mit anderen ukrainischen Kindern. Das freut mich für sie, sie hat so ein Stückchen Normalität und sogar ein paar neue Freunde gewonnen. Es zeigt mir: Das Leben geht weiter.

Meine Freunde aus der Ukraine sind wegen des Kriegs in die ganze Welt zerstreut. Ich weiß nicht, wann und ob wir uns wiedersehen. Sie sind nach Bulgarien, Schweden und Kanada und geflüchtet. Wer weiß, wie lange der Krieg noch dauert und wer danach alles zurückkehrt nach Odessa. Ich träume aber von einem Wiedersehen.“

Miriam Storm (28) aus Langenfeld

„Als mein Sohn Leo vor zwei Jahren geboren wurde, war ich überglücklich. Ich wollte so viel Zeit mit ihm verbringen, wie nur möglich. Und das sollte doch klappen, habe ich gedacht. Schließlich hatte ich zwei Jahre Elternzeit eingeplant. Nach einigen Monaten haben mein Freund und ich aber gemerkt: Das Geld wird knapp, wenn nur er arbeitet. Also kehrte ich in meinen Job im Einzelhandel zurück, als Leo ein Jahr alt wurde. Und zwar in Vollzeit, denn in Teilzeit hätte ich nur unwesentlich mehr bekommen als in Elternzeit. Jetzt schläft mein Sohn meistens schon, wenn ich um 19.30 Uhr nach Hause komme. Ich sehe ihn nur sonntags in Action und mittwochs, wenn ich frei habe. Frustrierend ist das. Ich würde doch so gerne jeden Schritt miterleben, jedes noch so kleine Lächeln.

Es ist ungerecht, dass wir uns das finanziell nicht leisten können. Auch mein Freund hätte sich gerne Elternzeit genommen, aber er war damals noch in der Ausbildung zum Mechatroniker und hätte wertvolle Zeit verloren. Jetzt hat er einen festen Job, glücklicherweise andere Arbeitszeiten als ich und kann Leo immerhin nachmittags betreuen. Ich habe schon hin und her überlegt, wie ich die Situation verbessern kann. Vielleicht gehe ich doch in Teilzeit, wenn Leo in die Kita kommt. Ich möchte doch einfach nur für ihn da sein.“

Miriam Storm mit ihrem Sohn Leo. Sie ging nach einem Jahr Elternzeit wieder arbeiten, weil das Geld nicht reichte.

Miriam Storm mit ihrem Sohn Leo. Sie ging nach einem Jahr Elternzeit wieder arbeiten, weil das Geld nicht reichte.

Foto: Miriam Storm

Annika Tollhausen (37) aus Korschenbroich

„Noch viel schöner als Blumen finde ich gemeinsame Zeit mit der ganzen Familie. Tolle Erlebnisse, die Verbindungen stärken und an die wir uns zusammen zurückerinnern können. Ich wünsche mir Gelassenheit, um Fünfe gerade sein zu lassen und die wertvolle und wunderbare Zeit als Mama in vollen Zügen genießen zu können. Ich wünsche mir Stunden ohne viele Verpflichtungen von außen, um unsere zwei Mädels, zwei und fünf Jahre alt, in Ruhe groß werden zu sehen und ausreichend Gelegenheit zum miteinander spielen und erleben zu haben. Viele Mamas sind gestresst oder erschöpft, weil es nicht leicht ist, Haushalt, Kinder und Arbeit unter einen Hut zu bringen und dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Eine zuverlässige Kinderbetreuung einerseits sowie Unterstützung und Wertschätzung innerhalb der Familie andererseits sind deshalb sehr wichtig, damit man nicht abends noch nacharbeiten muss, sondern auch als Mama irgendwann einmal Feierabend hat.“

 Annika Tollhausen wünscht sich viel gemeinsame Zeit mit ihren Kindern.

Annika Tollhausen wünscht sich viel gemeinsame Zeit mit ihren Kindern.

Foto: bauch, jana (jaba)

Kira Walkenhorst (31), Volleyball- und Beachvolleyballspielerin aus Borken

Ich finde es eine sehr spannende Frage, was ich mir zum Muttertag abseits von Blumen wünschen würde. Auch, weil unsere Kinder bisher noch nicht in dem Alter sind, in dem sie überhaupt die Bedeutung des Muttertages verstehen. In unserem Fall sind wir zwei Mütter. Meine Frau Maria hat 2018 unsere Drillinge zur Welt gebracht. Ich bin sehr gespannt, wann das überhaupt bei unseren anfängt, dass sie uns was zum Muttertag schenken. Ich denke, dann werden das schon erst mal selbst gebastelte Sachen sein. Und über die freue ich mich auch jetzt immer sehr. Wenn die Kinder ein Bild aus der Kita mitbringen, dass sie für Mama oder Mutti gemalt haben. Mama, das bin übrigens ich. Maria nennen die Kinder Mutti.

Wichtiger als Geschenke sind mir aber gemeinsame Momente mit den Kindern. Projekte, die wir gemeinsam angehen. Zu sehen, wie sich die drei entwickeln – das ist für mich das größte Geschenk. Gerade in den vergangenen Tagen war ich viel unterwegs für die Turniervorbereitung. Da schaue ich schon, dass ich zwischen den Trainings und Reisen Zeit mit den Kindern habe, bevor es wieder weitergeht.“

Natalia Vitiuk (33) aus Kiew

„In der Ukraine wird Muttertag nicht groß gefeiert. Ich habe aber eine ganz besondere Beziehung zu diesem Tag im Mai. An diesem Tag haben mein Mann und ich erfahren, dass wir zum zweiten Mal Eltern werden. Das ist immer wieder ein besonderer Tag für uns. Diana ist jetzt sieben, Dima zwei Jahre alt. Mein Mann ist in der Ukraine geblieben und und kämpft für die Freiheit seines Heimatlandes. Die Kinder und ich leben zur Zeit in Kaarst.

 Natalia Vitiuk stammt aus der Ukraine und wünscht sich vor allem, wieder dorthin zurückkehren zu können.

Natalia Vitiuk stammt aus der Ukraine und wünscht sich vor allem, wieder dorthin zurückkehren zu können.

Foto: Wolfgang Walter

Ich wünsche mir ein gutes Leben für meine Kinder. Ich wünsche mir, dass sie eine schöne Kindheit mit mir und meinem Mann in der Heimat haben und nicht vor Bomben flüchten müssen. Ich träume davon, nach dem Ende des Krieges beim Wiederaufbau der Ukraine helfen zu können und das Land wieder erfolgreich mitzugestalten. Es gibt sehr viele Mütter, die mit ihren Kindern aus der Ukraine in ein anderes Land geflohen sind, um dort in Sicherheit zu sein. Ich wünsche allen ukrainischen Müttern viel Kraft und dass sie bald wieder mit ihren Ehemännern vereint sind.“

Kathleen van Hümmel (38) aus Alpen

„Blumen zum Muttertag? Die kauf ich mir meistens selbst. Ich freue mich viel mehr, wenn eines meiner drei Kinder – 19, 13 und zwei Jahre alt – mal die Spülmaschine ausräumt. Eine der Älteren zumindest...Oder wenn sie mir ein schönes Frühstück machen. Ich wünsche mir als alleinerziehende Mutter, dass Arbeitgeber flexibler mit uns umgehen. Viele Alleinerziehende möchten arbeiten, können es aber nicht, weil die Arbeitszeiten nicht zu den Betreuungszeiten passen. Und ich wünsche mir eine gerechte Besteuerung für Alleinerziehende. Ich bin Landwirtin und habe gerade zum Glück eine neue, gute Stelle gefunden. Kinder von alleinerziehenden Müttern haben in der Schule oft einen Stempel auf der Stirn. Wenn etwas nicht funktioniert, wird es schnell darauf geschoben. Das ist für die Kinder einfach blöd. Mehr Verständnis und mehr Besonnenheit fände ich schön.“

Protokolliert von Leslie Brook, Claudia Hauser, Jana Marquardt, Christina Rentmeister und Stephan Seeger

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