SOS Kinderdorf Hilfe für alleinerziehende Eltern

Kleve · Bei der Maßnahme „Aktivcenter Erziehende“ geht es darum, dass die Teilnehmer Entlastung und auch eine berufliche Perspektive erlangen.

 Julia Blind vom SOS-Kinderdorf betreut das Projekt.

Julia Blind vom SOS-Kinderdorf betreut das Projekt.

Foto: SOS Kinderdorf

„Wenn am 8. Mai wieder weltweit Muttertag gefeiert wird, sollten wir vor allem an Alleinerziehende denken“, sagt Julia Blind vom SOS-Kinderdorf Niederrhein. Denn vor allem diese Mütter habe Corona in den vergangenen zwei Jahren vor große Herausforderungen gestellt: Fehlende Kinderbetreuung, Homeoffice, Homeschooling, Einkommenseinbußen, ständige Überlastung und mangelnde berufliche Perspektiven. Mit welchen Schwierigkeiten Alleinerziehende auch nach der Pandemie zu kämpfen haben, wie sie ihre Handlungsfähigkeit stärken und damit ihre berufliche Zukunft gestalten können, weiß die diplomierte Sozialpädagogin vom Programm „Aktivcenter Erziehende“ des SOS-Kinderdorfes Niederrhein. Sie betreut dort überwiegend Mütter, deren Alltag sich in den zurückliegenden Monaten ausschließlich um Kinder gedreht hat. In Planung sind Aktivitäten für geflüchtete Mütter aus der Ukraine, die, jetzt in Deutschland angekommen, häufig alleine Sorge tragen für ihre Kinder.

Viele Alleinerziehende aus dem Programm seien vereinsamt und hätten kaum soziale Kontakte, denn Freundschaften hätten sich während der Pandemie verlaufen, so Blind. Hinzu komme Angst vor der Zukunft, ganz konkret schon vor einer nächsten Corona-Welle im Herbst, mit der die Kinderbetreuung wieder wegfallen und eine mögliche neue Arbeitsstelle in Gefahr sein könnte. Unabhängig von Corona seien Alleinerziehende mit vielen Dingen auf sich gestellt und hätten sehr unterschiedliche Bildungshintergründe. Häufig lebten sie auch in beengtem Wohnraum. „Nicht alle Kinder haben eigene Schreibtische, geschweige denn ein eigenes Zimmer. Wir begleiten viele, die am Monatsende oft nicht wissen, wie sie Lebensmittel bezahlen sollen. Wir sprechen hier von Armut: Elternarmut ist Kinderarmut.“, sagt Blind.

Ziel des SOS-Programms sei es, den Betroffenen Unterstützung und Möglichkeiten anzubieten, um perspektivisch ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. „Zudem wollen wir gemeinsam eine verlässliche Betreuungsstruktur aufbauen. Aktuell haben wir 18 Frauen unterschiedlicher Herkunft hier – wir versuchen ein Schutzraum für sie und ihre Kinder zu schaffen. Sie brauchen Sicherheit, um wieder einen Job annehmen zu können und ein intaktes Familienleben aufzubauen“, erläutert Blind.

Die Experten diskutieren mit den Frauen, wie sie ihre Fähigkeiten künftig im Beruf wie privat nutzen können und wo Stolpersteine liegen. Teilnehmerinnen könnten sich auch fortbilden oder Schulabschlüsse erlangen, so Blind. So kommt kommt jeweils mittwochs eine Lehrkraft zum SOS, die mit den Teilnehmerinnen Grundlagenwissen vermittelt. Zusätzlich werde zwei Mal wöchentlich ein Deutschkurs sowie einmal wöchentlich einen Alphabetisierungskurs angeboten. „Wir haben aber auch junge Mütter hier, die bei uns den Hauptschu Zeitgleich versuche das Team mit den Teilnehmerinnen eine berufliche Perspektive zu erarbeiten.

Die Maßnahme „Aktivcenter Erziehende“ führt das SOS im Auftrag für den Kreis Kleve durch. „Die von uns betreuten Frauen können in enger Absprache mit ihren Fallmanagerinnen und Fallmanagern bis zu einem Jahr teilnehmen, das ist die maximale Förderzeit“, erläutert Blind. Selbstverständlich gelte dieses Angebot sowohl für Männer als auch für Frauen und nicht nur speziell für Alleinerziehende, „aber die Praxis hat in den letzten Jahren gezeigt, dass wir nicht viel Nachfrage von Männern haben. Und wenn sie bei uns sind, schrecken sie wohl davor zurück, nur unter Frauen zu sein. Ich bin über diese Entwicklung selbst verwundert, schließlich gibt es immer mehr alleinerziehende Väter“, sagt Blind.

Es sei geplant, künftig auch geflüchteten Müttern aus der Ukraine zu helfen. „Unsere Aufgabe im Aktivcenter wird es dann sein, die Frauen maximal bei der Bewältigung ihrer traumatischen Erlebnisse und ihres neuen Alltags zu unterstützen“, betont Blind. Man wolle ihnen dabei helfen, ihre äußere und innere Sicherheit wieder zu erlangen und sich und ihre Kinder zu stabilisieren. Um sie dann – je nach Länge des Aufenthalts – auch in der Entwicklung einer beruflichen Perspektive in Deutschland zu unterstützen.

(RP)
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