Kanarische Inseln Fahrt auf den Vulkan

Puerto de la Cruz · Abseits von Bettenburgen und Luxushotels bietet die Kanarische Insel Teneriffa auch einzigartige Landschaften, die es zu erkunden gibt.

 Blick auf den Teide, mit 3715 Metern der höchste Berg Teneriffas

Blick auf den Teide, mit 3715 Metern der höchste Berg Teneriffas

Foto: Stefan Quante

Oliver Conradi hat sein Schicksal zum Beruf gemacht. Seine aus Deutschland stammenden Eltern hatten sich erst ineinander und dann in Teneriffa verliebt. Er Schiffskoch, sie Kellnerin, eröffneten 1962 dort ihr eigenes Restaurant, das erste mit deutscher Küche auf Teneriffa, namens „Der dicke Otto“ in Puerto de la Cruz. Und geheiratet wurde in den 1960er-Jahren dort, wo es zu der Zeit gerade angesagt war – am 2150 Meter hoch gelegenen Fuß des Teide. Die kleine Kapelle ist heute noch da, gleich neben einem gehobenen Wanderer-Hotel im meistbesuchten Nationalpark Europas – 4,3 Millionen Menschen aus aller Welt kommen jedes Jahr zu dem mit 3718 Metern höchsten Berg Spaniens und der faszinierenden Kraterlandschaft, die ihn umgibt.

Und Oliver Conradi ist ein höchst sachkundiger und mitteilsamer Wanderführer durch die einzigartige Landschaft. Innerhalb der gewaltigen 70 Kilometer umspannenden Caldera Las Cañadas verlaufen mehrere ausgeschilderte Wanderwege, die den Besucher in eine andere Welt versetzen. Manche Stellen wirken so, wie man sich Mond- oder Marslandschaften vorstellt, andere erinnern an westernhafte Felsformationen Arizonas, und auch leichtes Outback-Feeling kann angesichts roter Wüstenböden aufkommen. Und das scheint Begehrlichkeiten zu wecken. Obwohl das Mitnehmen auch kleinster Steine, Mineralien oder Lavabrocken streng verboten ist, werden bei Stichprobenkontrollen am Flughafen immer wieder in Summe erhebliche Mengen sichergestellt und mühsam wieder zurück auf den Teide gebracht. Auf den Steine-Schmuggler komme eine Mindeststrafe von 600 Euro zu, erzählt unser Wanderführer.

Obwohl Oliver Conradi erst mit 26 Jahren in Passau die Sprache seiner Eltern lernte, spricht er Deutsch mit bayerischem Einschlag ebenso gut wie den starken Dialekt der Tinerfeños. Das hilft, wenn er im neuen Besucherzentrum darum bittet, den hochwertigen Film im Kinosaal etwas früher starten zu lassen, damit wir es noch rechtzeitig zur gegenüberliegenden Seilbahn schaffen. Denn die Tickets dafür gelten nur in einem engen Zeitfenster. In acht Minuten geht es zur Bergstation knapp unterhalb des Gipfels. Wer ganz nach oben möchte, braucht eine Sondergenehmigung, die mehrere Wochen im Voraus beantragt werden muss. Besonders begehrt sind die Slots am frühen Morgen, wenn die aufgehende Sonne den längsten Schatten der Welt produziert – die Meeresnähe des markanten Berges macht das Naturschauspiel möglich.

Mehr als jeder zweite Teneriffa-Tourist lässt sich den (noch) kostenlosen Besuch des Nationalparks nicht entgehen. Und da der Teide ziemlich genau in der Inselmitte liegt, ist er von allen Küstenorten nahezu gleich schnell zu erreichen.

Die meisten Besucher wählen für ihren Aufenthalt die südwestlichen Orte rund um Los Cristianos und Playa de las Americas unweit des Flughafens Teneriffa-Süd. Etwas weiter nördlich liegen auch mit Abstand die meisten Top-Hotels der Insel. Keimzelle ist das Hotel Bahia del Duque – vor 30 Jahren im Stil eines typischen Teneriffa-Dorfes inklusive Kirchturm gegründet. Anders als ähnlich große Hotels wirkt es trotz seiner 356 Zimmer angenehm verschachtelt und hat nichts mit einer gesichtslosen Bettenburg zu tun, von denen Teneriffa auch einige zu bieten hat. Dass hier mit der Zeit gegangen wird, sieht und schmeckt der Gast vor allem auf kulinarischem Gebiet. Das japanische Restaurant Kensei etwa kann es locker mit den besten Japanern Düsseldorfs aufnehmen. Und mit dem Nub hat das Hotel sogar ein Restaurant mit Michelin-Stern. Mit insgesamt mittlerweile sieben Sternen ist Teneriffa eindeutig auf dem Weg zu einer High-End-Destination.

Das Örtchen Garachico liegt im Nordwesten der Insel.

Das Örtchen Garachico liegt im Nordwesten der Insel.

Foto: Stefan Quante

An der nordwestlichen Spitze Teneriffas befindet sich der Buenavista Golf Club. Hier ist das Meer rauer, sind die Winde herausfordernder und die Wellen manchmal so hoch, dass sie bis auf die Grüns am Meeresrand schwappen. Der 2001 verstorbene spanische Top-Spieler Severiano Ballesteros hat den Platz herausfordernd designt und sich selbst ein Denkmal gesetzt. Direkt am Wasser verläuft ein Wanderweg, von dem aus sich der Kampf der Golfspieler gegen Wind und andere Widrigkeiten so nah wie selten beobachten lässt. Doch nicht alle Bälle landen da, wo sie hin sollen. Wer das Schauspiel unbeschadet übersteht, kann sich zum Beispiel auf eine Stärkung nebenan im Restaurante El Burgado (keine Website) ebenfalls direkt am Wasser freuen. Und ganz in der Nähe, entlang der Küstenstraße lohnen idyllische Städtchen ohne Massentourismus wie Los Silos oder Garachico mit ihren stimmungsvollen Plazas und urigen Kirchen einen Abstecher.

Für Wanderführer und Reiseleiter Oliver Conradi zählen andere Dinge als Golf und Gourmetgelüste. Er kann stundenlang referieren über endemische Vogelarten, unterschiedlichste Lava-Formationen, lateinische Pflanzennamen, fünf verschiedene Klimazonen auf dem Weg zum Teide und die weitgehend untergegangene Kultur der Guanchen – wie die ersten Bewohnen Teneriffas geheißen haben.

Bei aller Liebe zu seiner Heimat-Insel weiß er aber auch um die Orte, die es vielleicht besser zu meiden gilt. Das pittoreske Bergdorf Masca im Teno-Gebirge etwa und die vierstündige Wanderung von dort durch ein urwüchsiges Tal bis zum Meer fehlen in keinem Reiseführer und gelten als Top Ten-Sehenswürdigkeiten Teneriffas. Nur übersteige die Zahl der sich täglich über engste Serpentinen dorthin schleichenden Autos die Zahl der verfügbaren Parklätze um ein Vielfaches. Und noch etwas erläutert Oliver Conradi: „Früher fuhr man dann mit dem Boot in den nächsten Hafen und von dort mit dem Sammeltaxi wieder zu seinem Auto in Masca. Aber jetzt ist gerade ein kleiner Hafen im Bau und deshalb müsste man die vier Stunden wieder zurücklaufen. Das macht kaum noch einer.“ Eine weitere Warnung gibt er uns zum Abschied mit auf den Weg: „Ich war einmal in der Hochsaison im berühmten Siam Park, diesem gigantischen Spaßbad. Nach mehr als drei Stunden Anstehen an einer der wirklich tollen Wasserrutschen habe ich den Spaß daran verloren.“

Teneriffa ist eben eine Insel extremer Gegensätze. Und deshalb kann sich hier jeder seinen eigenen Weg zum Urlaubsglück bahnen – mit oder ohne Wandern.


Die Reise wurde vom Hotel Bahia del Duque unterstützt.

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