Roberto Ciulli und Navid Kermani im Schauspielhaus Von Mystikern und Menschen

Düsseldorf · Der Regisseur Roberto Ciulli und der Schriftsteller Navid Kermani sprachen im Schauspielhaus über Theater, Religion und über Kermanis neues Buch.

Roberto Ciulli (M.) und Navid Kermani (r.) diskutierten unter der Moderation von Helmut Schäfer.

Roberto Ciulli (M.) und Navid Kermani (r.) diskutierten unter der Moderation von Helmut Schäfer.

Foto: Anne Orthen (orth)

Das Düsseldorfer Theatermuseum zeigt bis Ende Juli eine neue Ausstellung. Unter dem Titel „Man muss sich an morgen erinnern“ bringt sie das Mülheimer „Theater an der Ruhr“ an den Rhein. Vor 40 Jahren wurde es von dem italienischen Regisseur Roberto Ciulli und dem Dramaturgen Helmut Schäfer gegründet. Reizvoller Hauptspielort ist das Kurhaus im Solbad Raffelberg an der Stadtgrenze Mülheims zu Duisburg. Überregional und sogar international bekannt wurde das Theater aber durch seine vielfältigen Gastspielreisen in Länder des Orients. Einer der Schwerpunkte war hierbei der Iran.

In einer Gesprächsrunde des Schauspielhauses sprachen jetzt die Mülheimer Theatergründer mit dem Schriftsteller und Philosophen Navid Kermani über „Theater und Religion“. Gerade ist dessen neues Buch erschienen, bereits ein „Spiegel“-Bestseller, mit dem etwas sperrigen Titel: „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen“. Beim Verlag wird es von der Kinder- und Jugendbuchabteilung beworben, aber vom Autor gedacht ist es als Gesprächsanlass für Erwachsene mit Kindern über Gott und den Tod. Themen also, denen sich auch das Theater seit seinen Anfängen immer wieder stellt.

Der 1967 in Siegen geborene Kermani kam bereits als Gymnasiast mit dem Theater an der Ruhr in Berührung. Nach einem Gastspiel an seiner Schule sagte er zu Roberto Ciulli, dass er von dem Dargebotenen „nicht das Geringste“ verstanden habe. Dem Regisseur gefiel der freche, unverbrauchte Zuschauerblick, und so blieb man in Kontakt. Als das Theater an der Ruhr dann seine erste Reise in die Islamische Republik Iran antrat, war Navid Kermani als sachkundiger Begleiter dabei. Die damalige Reise ist Beiden auch nach Jahrzehnten in lebhafter Erinnerung. Im Ergebnis führte sie zu mehreren erfolgreichen Gastspielreisen der Mülheimer, die als erstes westliches Theater überhaupt nach der islamischen Revolution auftraten.

Bei dem von Helmut Schäfer moderierten Gespräch ging es, wie konnte es anders sein, bald nur noch um Grundsätzliches. Um die „Condition humaine“, ums Menschsein schlechthin, wie Ciulli feststellte. Während sich der Italiener für Franz von Assisi als ersten christlichen Mystiker begeisterte, steuerte Kermani seine Kenntnisse der islamischen Mystiker bei. Einer der berühmtesten von ihnen war im elften Jahrhundert der Scheich Abu Saïd. Als bei einer seiner Predigten in der heiligen Stadt Tus viele Gläubige keinen Platz mehr in der Moschee fanden, sagte der Wächter am Eingang jenen Satz, der jetzt als Titel von Kermanis Buch dient. Den Satz hatte nämlich auch Abu Saïd gehört. Und sich bei dem Wächter bedankt: „Alles, was sämtliche Propheten gesagt haben, hast du bereits gesagt.“ Danach verließ er ohne Predigt die Moschee und die Stadt.

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