Kinofilm „Zoros Solo“ Persiflage auf die Wutbürgerschaft

„Zoros Solo“ erzählt von einem afghanischen Jungen in einem christlichen Chor.

 Der Hamburger Schauspieler Mert Dincer als Zoro.

Der Hamburger Schauspieler Mert Dincer als Zoro.

Foto: dpa/Felix Meinhardt

(dpa) Dieser Film will viel, bloß nicht politisch korrekt sein: In „Zoros Solo“ bekriegt sich ein kleiner afghanischer Macho mit einer christlichen Chorleiterin. Diese Frau Lehmann ist spröde wie ein Stück morsches Holz. Sie probt täglich mit den Jungen in ihrem christlichen Knabenchor, dabei hasst sie Kinder. Die schroffe, alte Jungfer ist eine Paraderolle für Andrea Sawatzki und ein spannender Widerpart für den talentierten Nachwuchsdarsteller Mert Dincer in der Hauptrolle des Bengels Zoro.

Mit dem ungewöhnlichen Darstellerduo stellt Regisseur Martin Busker in seinem Debütfilm „Zoros Solo“ sein feines Gespür für skurrile Komik unter Beweis. Er stattet seine Hauptfiguren mit Wünschen aus, die nicht widersprüchlicher sein könnten: Während der afghanische Flüchtlingsjunge Zoro mit einer selbstgebauten Bombe den vergoldeten Jesus vom Kreuz sprengen will, um damit Geld zu machen, hat es Frau Lehmann auf internationale Preise für ihren Chor abgesehen.

So gerät der Hamburger Schauspieler Mert Dincer als Möchtegern-Macho Zoro immer wieder mit Frau Lehmann aneinander. Er ist frech, vorlaut und gibt gern frauenfeindliche Sprüche von sich, um den starken Macker zu markieren. Doch das ist nur Fassade. In Zoros Inneren tobt die Sehnsucht. Der 13-Jährige will seinen Vater, der auf der Flucht von seiner Mutter, seinen Schwestern und ihm getrennt wurde, aus Ungarn nach Deutschland holen.

Um das Geld dafür zu ergaunern, würde er wohl alles tun. Doch dann eröffnet sich ihm ein neuer Weg: Der pubertäre Teufelskerl will nun ausgerechnet in Frau Lehmanns Chor aufgenommen werden, weil der an einem Wettbewerb in der ungarischen Stadt Tolna teilnimmt. Dabei hat Zoro einen unerwarteten Vorteil auf seiner Seite. Es stellt sich heraus, dass er eine ganz und gar engelhafte Stimme hat, mit der er sogar Frau Lehmann begeistert. Zoro schmiedet einen gewagten Plan: Er will seinen Vater auf der Rückreise mit nach Deutschland schmuggeln.

Regisseur Busker will viel vereinen: Heranwachsenden-Drama, Flüchtlingstragödie, Jugendkomödie. Tatsächlich gelingt der Spagat. Der Film spießt Klischees auf, wo er nur kann. Zoro nennt Frau Lehmann eine „Bitch“ oder noch schöner: „Frau Bitch“. Er ist für sie ein „Bastard“, dem sie Pfefferspray ins Gesicht sprüht, um ihn auf die Polizeiwache zu zerren. Der Film ist eine Persiflage auf die deutsche Wutbürgerschaft. Andrea Sawatzkis Frau Lehmann stöckelt mit erhobenem Haupt über die Leinwand und gibt mit rechthaberischem Ton fremdenfeindliche Plattitüden von sich: „Ich habe nun wirklich nichts gegen Ausländer, aber wenn die hier leben wollen, dann müssen die sich auch an unsere Gesetze halten.“

Der schönste Witz des Films aber läuft auf einem Nebenschauplatz: In kurzen Sketchen belagert die Kabarettistin Christine Prayon als Demonstrantin mit zwei Freundinnen auf Campingstühlen Zoros Flüchtlingsheim. Ihre rassistischen Glaubenssätze sind so dümmlich, dass man schon verstehen kann, warum einige Flüchtlingsjungen in dem Film nicht recht wissen, ob am Kreuz in deutschen Kirchen eigentlich Jesus oder Hitler hängt.

Zoros Solo, Deutschland 2019, von Martin Busker, mit Andrea Sawatzki, Mert Dincer, 90 Min.

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