Kinofilm „Berlin, i Love You“ Vergesst Berlin!

Den mit Stars besetzten Episodenfilm „Berlin, I Love You“ hätte es nicht gebraucht.

 Szene aus „Berlin, I Love You“ mit Helen Mirren und Liam Gross.

Szene aus „Berlin, I Love You“ mit Helen Mirren und Liam Gross.

Foto: dpa/-

(dpa) Wenn bei einem neuen Film mehr über seine Entstehung als über den Inhalt gesprochen wird, dann deutet das auf gehörige Probleme hin. „Berlin, I Love You“ ist so ein Fall. Schon im Vorfeld gab es Häme von einigen Bewohnern der Stadt und sogar einen kleinen Skandal um den chinesischen Künstler Ai Weiwei. Der Regimekritiker hatte einen Kurzfilm für den Episodenreigen gedreht, erlebte aber dann eine Überraschung: Sein Teil war herausgeschnitten worden.

In einem Interview mit der Deutschen Welle vermutete der Künstler hinter diesem Rausschmiss Zensur. Die Verantwortlichen hätten aus Angst vor politischen Konsequenzen und schlechteren Vermarktungschancen vor der Regierung gekuscht, erklärte er. Angeblich hätte sogar die Berlinale den Film abgelehnt, weil Ai Weiwei ein Teil davon war. Der damalige Festivalchef Kosslick wies das damals zurück. „Wir haben den Film nicht ausgewählt, weil er einfach grottenschlecht ist“, erklärte er unumwunden. 

In Berlin gab es bereits für den Werbeclip zum Film viel Spott. In der Filmvorschau nämlich wirkte die Metropole wie ein global seltsam unverankerter Ort zum Wohlfühlen für die Mittelschicht. Genauso sahen bereits die anderen Teile dieser Reihe aus. „Cities of Love“ heißt sie – das sind Episodenfilme, die immer in einer anderen Großstadt mit Kurzfilmen berühmter Regisseure von der Liebe erzählen. Das bei Kritik und Publikum passabel erfolgreiche „Paris, je t’aime“ spielte im Jahr 2006 weltweit mehr als 17 Millionen Dollar ein und „New York, I love you“ zwei Jahre später kam immerhin noch auf rund acht Millionen Dollar. Es folgten Tbilisi, Rio und nun eben die deutsche Hauptstadt, wieder mit einer beeindruckenden Starbesetzung.

Helen Mirren und Keira Knightley spielen dabei in einer Episode über ein Flüchtlingskind Mutter und Tochter, Altstar Mickey Rourke lernt in einer weiteren Episode in einer Bar eine mysteriöse Frau kennen, und Hannelore Elsner ist in einer ihrer letzten Rollen zu sehen. Inszeniert wurden die Teile unter anderem von Dani Levy, Dennis Gansel und Peter Chelsom. Doch unter anderem eine unglückliche Feminismus-Episode mit Veronica Ferres als schnodderige Waschsalon-Besitzerin zeigt, was alles nicht stimmt mit „Berlin, I Love You“: Die Dialoge, mit denen ein Filmregisseur kritisiert wird, der mit jungen Schauspielerinnen schläft bevor sie einen Vertrag bekommen, geraten platt; eine kurz darauf folgende Party sieht aus wie in einer Vorabendserie. Kaum berühren kann auch eine hölzerne Rahmenhandlung mit Robert Stadlober als Straßenkünstler.

Neben solchen misslungenen Einzelepisoden fehlt dem vollständigen Film das Gespür für den Reiz der Hauptstadt. Pflichtschuldig wird in Schwarz-Weiß-Animationen die Zeit des Mauerbaus abgearbeitet oder die Charaktere fahren mal eben im Auto an Siegessäule und Brandenburger Tor vorbei.

„Ist das typisch Berlin?“, fragt eine Figur an einer Stelle. „Nein, nichts ist typisch Berlin“, bekommt sie als Antwort. Das aber ist genauso faul und uninspiriert wie dieser komplett verzichtbare Kurzfilmkatalog.

Berlin, I Love You, Deutschland 2019, unter anderem von Dennis Gansel, Dani Levy, Peter Chelsom, mit Helen Mirren, Mickey Rourke, Hannelore Elsner, 120 Minuten

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