Luisa Neubauer im Düsseldorfer Zakk „Die Wirklichkeit ist so nah, so real und so schnell“

Düsseldorf · Die Umweltaktivistin Luisa Neubauer zeigte sich bei ihrem Auftritt im Zakk schlagfertig und unterhaltsam. Die 25-Jährige schreibt mit ihrer Großmutter an einem neuen Buch.

 Luisa Neubauer hält es gerade in schwierigen Zeiten für ein Privileg, Aktivistin zu sein.

Luisa Neubauer hält es gerade in schwierigen Zeiten für ein Privileg, Aktivistin zu sein.

Foto: dpa/Marcus Brandt

Pandemie und Krieg haben das Thema Klimawandel zeitweise in den Hintergrund gedrängt. Am Dienstagabend brachte Aktivistin Luisa Neubauer das Thema unterhaltsam und schlagfertig im ausverkauften Zakk wieder ins Bewusstsein. Die 25-jährige war nicht allein gekommen. Die Band Pano umrahmte den Mix aus Lesung, Diskussion und lockerer Unterhaltung mit Moderator Helge Tramsen.

Im Gepäck hatte Luisa Neubauer ihre beiden Bücher und ein noch unveröffentlichtes Manuskript, aus dem bis Herbst ein Buch werden soll. „Ich schreibe es zusammen mit meiner Großmutter“, verriet die gebürtige Hamburgerin. Denn ihre Oma sei es gewesen, die der Enkelin schon sehr früh vermittelte, wie wichtig es ist, eine Haltung zu haben. „Die hat sie sich bis heute bewahrt“. Die alte Dame, inzwischen 94, würde sie immer wieder auf Demonstrationen begleiten.

„Es ist beklemmend, die Wirklichkeit ist so nah, so real und so schnell. Trotzdem dürfen wir unser Ziel nicht aus den Augen verlieren“, mahnte Luisa Neubauer und gab zu: „Ich muss mich sehr konzentrieren, um mich weiter auf das Wesentliche zu fokussieren. Das fällt mir gerade sehr schwer.“

Damit schlug sie den Bogen zu ihrem aktuellen Buch „Noch haben wir die Wahl“, das aus Gesprächen mit dem Journalisten Bernd Ulrich besteht. „Wir haben darin durchgespielt, was es heißt, wenn sich Krisen überschlagen, und dabei haben wir überlegt, was wäre, wenn Putin irgendwann ausflippt“, fasste sie die Grundidee der gemeinsamen Arbeit daran zusammen. Das Buch basiert auf ihrem Podcast „1,5“ Grad, in dem Ulrich zu Gast war. Kein Dreivierteljahr danach, so Neubauer, „passierten all diese Dinge plötzlich gleichzeitig“.

Auf Tramsens Frage, ob es schlimm sei, mit ihren Prognosen über den Umgang mit fossilen Energien und Abhängigkeiten, insbesondere mit „Nordstream II“, durch den Krieg Recht zu bekommen, erzählte die 25-jährige von einem TV-Auftritt vor der Bundestagswahl: „Leute, ich sitze da bei Markus Lanz und lass mir von Friedrich Merz erklären, dass Gas doch eine Superalternative ist. Das kann ich doch niemanden mehr so vermitteln.“ Ihr Fazit ist ein Hoffnungsschimmer „Vielleicht sehen wir jetzt doch endlich ein, wie teuer es ist, die Wirklichkeit schon so lange zu verdrehen“

Ihre Reaktion auf die Frage, wie sie Robert Habecks Suche nach Alternativen zur Sicherstellung der Energieversorgung einschätze, fiel entsprechend deutlich aus: „Es gibt keine Nutzung von fossilen Energien mit gutem Gewissen. Sie ist immer auch verbunden mit Menschenrechtsverletzungen“. Natürlich könne man es sich schönreden, dass die Menschen es so wollen, das ändere aber an der Sache nichts.

Es sei doch schockierend, wie schnell sich ein scheinbar sicheres System destabilisieren lasse. Darin möchte die Klimaaktivistin eine Chance sehen, jetzt die Alternativen zu fördern.

Im Anschluss an den Talk über die aktuellen Entwicklungen und deren Einordnung, las die 25-jährige ein Kapitel aus ihrem ersten Buch „Vom Ende der Klimakrise“, das einen Eindruck vermittelte, wie sie zum bekannteste Gesicht der deutschen „Fridays for Future“ Bewegung und damit inzwischen auch zur international gefragten Gesprächspartnerin zum Thema Klimawandel geworden ist. Darin beschreibt sie, den ersten großen Schülerstreik, von dem sie nicht ahnen konnte, was sich daraus noch entwickeln würde.

Zum Abschluss des bei aller Ernsthaftigkeit unterhaltsamen Abends, stellte sich Neubauer Fragen aus dem Publikum. Die Frage, ob der Ausstieg aus dem Atomstrom doch noch hinausgezögert werden sollte, beantwortete sie mit einem klaren Nein und dem Satz: „Ich sehe es als Privileg gerade in diesen schweren Zeiten, Aktivistin zu sein.“ Sie hoffe, schob Neubauer hinterher: „Dass wir mit mehr Haltung aus diesen Krisen herausgehen und nicht nur das Schlimme sehen, sondern auch was an schönen Dingen um uns herum passiert.“ Das sei der Grund für die Form gewesen, den sie für den Abend im Zakk gewählt habe. Eine Mischung aus Talk, Lesung und der Musik von Pano, als positivem Gegenpol zu den aktuellen Geschehnissen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Das erträumte Leben
Ein neues Buch von Martin Walser zu seinem 95. Geburtstag Das erträumte Leben
Aus dem Ressort