Kampf um Medienrechte Milliarden-Poker um die Bundesliga beginnt

Frankfurt · Am Montag beginnt der Poker um die Medienrechte am deutschen Profifußball. Die zwei Wochen dauernde Auktion wird zeigen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Preise hat.

Fragen und Antworten zur Bundesliga-Rechtevergabe
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Foto: dpa/Martin Meissner

Wenn sich Christian Seifert am Montag mit seinem Stab an einen geheimen Ort in Frankfurt zurückzieht, begibt sich der Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) auf eine Reise ins Ungewisse. Die Corona-Krise hat aus der Auktion, bei der die Medienrechte am deutschen Profifußball für die vier Spielzeiten von 2021/22 bis 2024/25 vergeben werden, ein Lotteriespiel gemacht. Denn hinter dem Wunsch der Klubs, wonach beim Milliarden-Poker immer neue Gebote in Rekordhöhe eingehen sollen, steht ein großes Fragezeichen.

Erst am 19. Juni wird die DFL wissen, wie sich die Pandemie auf die Preise ausgewirkt hat. Verkündet wird das Ergebnis am 22. Juni - nachdem die Klubs bei ihrer obligatorischen Versammlung informiert wurden. Die Fragen im Vorfeld der Vergabe für den deutschsprachigen Raum, die eigentlich für den Zeitraum vom 27. April bis zum 8. Mai geplant war, liegen auf der Hand: Wie viel Geld haben die Interessierten noch zur Verfügung? Ist der Preis aufgrund der Zwangspause und der Geisterspiele gefallen? Ist das Produkt vielleicht sogar mehr Wert, weil die Liga europaweit als erste wieder an den Start gegangen ist und so ihre Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt hat? Welche Rolle wird Amazon spielen?

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Foto: dpa/Jan Woitas

Der US-Gigant, der schon in der laufenden Saison in die Live-Übertragung der Bundesliga eingestiegen ist, könnte alle anderen Bewerber unter Druck setzen - auch wenn die meisten Beobachter von nur einem gezielten Gebot der Amerikaner auf ein Rechtepaket ausgehen. Sportmarketing-Experte Karsten Petry sieht Amazon als "Schreckgespenst" für andere Interessenten. Schließlich hat Amazon sogar von der Krise profitiert. Der Onlinehändler konnte im ersten Quartal des Jahres seinen Umsatz im Vergleich zum Wert des Vorjahres um 26 Prozent auf knapp 69 Milliarden Euro steigern.

Zudem würde hinter einem Angebot der Amerikaner, die sich bereits Rechte an der Champions League ab der Saison 2021/22 gesichert haben, ein anderes Geschäftsmodell als bei den Konkurrenten stecken. "Es ist ein Zusatzgeschäft, das ihnen den Zugriff auf weitere Daten bietet", erklärte Petry gegenüber dem SID den Amazon-Ansatz. Laut dem Geschäftsführer der Agentur Octagon Deutschland würde das Unternehmen von Jeff Bezos über "Big Data" ableiten, was es an "Werbung ausspielen und welche Produktvorschläge" es machen könne: "Damit kann Amazon sein Kerngeschäft, den Versandhandel, weiter ankurbeln."

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Möglich geworden waren die aktuellen Amazon-Übertragung durch den Streit zwischen der DFL und Eurosport. Der US-Konzern Discovery, zu dem Eurosport gehört, will den Vertrag mit der DFL auflösen und beruft sich angesichts der Coronakrise auf eine Sonderkündigungsklausel für den Fall von höherer Gewalt. Eurosport hatte 2019 seine Rechte an 45 Spielen pro Saison an Dazn verkauft, soll aber weiter die Hälfte der jährlich rund 80 Millionen Euro Kosten tragen.

Diese Summe läuft im Vergleich mit den Beträgen bei der anstehenden Auktion allerdings unter der Rubrik "Peanuts". Derzeit kassieren die 36 Profiklubs 1,2 Milliarden Euro pro Saison (inklusive Zusammenfassungen im Free-TV) für die deutschsprachigen Rechte, dazu kommen ein paar Hundert Millionen aus der ganzen Welt. Welche Bedeutung die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Vereine hat, wurde durch die drohenden Insolvenzen aufgrund der ausbleibenden Zahlungen während der Zwangspause deutlich.

Als Interessenten an den Live-Übertragungen werden neben Sky, Dazn und Amazon auch Netflix, die Telekom, Apple und Disney gehandelt. Wer welche Rechte bekommt, entscheiden auch die Vorgaben des Bundeskartellamts - unter anderem mit Blick auf den Übertragungsweg (Satellit, Kabel, Web-TV, Mobile-TV). Ein Unternehmen kann alle Rechte kaufen. In diesem Fall muss "nur" dafür gesorgt sein, dass ein weiterer Anbieter gleichzeitig zumindest einen Teil der Spiele übertragen kann.

(sid/old)
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