Paris Festung Roland Garros

Paris · Die French Open sind das einzige Grand-Slam-Turnier, das seit den 1930ern kein deutscher Tennisspieler gewinnen konnte. Alexander Zverev könnte das in diesem Jahr ändern. Zuletzt stand Michael Stich 1996 im Finale.

Um einen deutschen Sieger im Herreneinzel der French Open zu finden, muss man in der Siegerliste weit zurückschauen: Henner Henkel gewann 1937 in Paris, 1934 und 1936 war es Gottfried von Cramm. Seitdem fehlen deutsche Sieger. Boris Becker gewann dreimal in Wimbledon, zweimal die Australian Open, einmal die US Open - nur an Roland Garros biss er sich die Zähne aus. Genauso wie Michael Stich. Der Wimbledon-Sieger von 1991 schaffte es 1996 immerhin ins Finale der French Open, unterlag da aber dem Russen Jewgeni Kafelnikow.

In diesem Jahr ruhen die deutschen Hoffnungen auf Alexander Zverev. Der Hamburger fühlt sich anders als einst Becker nicht nur auf schnellen Belägen wohl, sondern lief zuletzt auch auf Sand zur Höchstform auf. Mit der richtigen Mischung aus Powerschlägen und Geduld brachte Zverev seine Gegner reihenweise zur Verzweiflung. Die Turniere in München und Madrid gewann Zverev, in Rom hatte er Sandplatzkönig Rafael Nadal am Rande einer Niederlage, ehe eine Regenpause den 21-Jährigen aus dem Rhythmus brachte. 17:3, so lautet Zverevs Bilanz auf der Roten Asche in diesem Jahr, nur die von Nadal ist mit 19:1 noch besser. Und so ist es wenig überraschend, dass Zverev nicht nur bei den Wettanbietern als Nadals größter Herausforderer gehandelt wird.

Die Chancen, mal wieder einen Deutschen im Finale zu sehen, stehen so gut wie nie zuvor. Zverev ist in Paris wegen der Absage von Roger Federer an Nummer zwei gesetzt, auf Nadal kann er deshalb erst im Endspiel treffen. Form und Selbstbewusstsein sprechen für Zverev, der vor fünf Jahren bei den French Open schon im Junioren-Finale stand. Doch es gibt auch Skeptiker. Die monieren zum einen Zverevs magere Bilanz bei Grand-Slam-Turnieren. Ein Achtelfinale in Wimbledon steht als bislang bestes Ergebnis zu Buche. Im Vorjahr reiste Zverev nach dem Titel von Rom ebenfalls mit großen Erwartungen nach Paris - um dann in der ersten Runde am Spanier Fernando Verdasco zu scheitern. Zum anderen könnten auf dem Weg zum Finale einige harte Brocken auf Zverev warten. Als da wären der Österreicher Dominic Thiem, Superstar Novak Djokovic, der Japaner Kei Nishikori, der Belgier David Goffin, der an Nummer vier gesetzte Bulgare Grigor Dimitrow und der frühere French-Open-Sieger Stan Wawrinka aus der Schweiz. Bleibt abzuwarten, wie viel Kraft die vergangenen Wochen gekostet haben. Zverev wirkt in diesem Jahr jedoch gereift und fitter als je zuvor. Die Auftakthürde gegen den Litauer Ricardas Berankis sollte den Deutschen dann auch vor keine Probleme stellen. Seine dürftige Bilanz bei den Majors bereitet Zverev nach eigener Aussage ebenfalls keine Sorgen. "Ich bin 21 Jahre alt, die meisten waren älter, als sie ihr erstes Grand-Slam-Turnier gewannen", sagte er im Interview mit der "Welt am Sonntag".

Nadal ist trotz Zverevs starker Sandplatzsaison in seinem "Wohnzimmer" am Bois de Boulogne der haushohe Favorit. "Natürlich", wie Zverev sagt. Erst zwei Matches hat der 31-Jährige in Paris verloren - zwei mickrige Matches seit seinem Debüt vor 13 Jahren. Nadal im Format über drei Gewinnsätze auf Sand niederzuringen - das gilt als die ultimative Herausforderung im Herren-Tennis. Womöglich kommt sie in diesem Jahr noch zu früh für Zverev. Doch der Weg des Deutschen führt steil nach oben. "Wenn er in den nächsten beiden Jahren nicht gut bei den Grand Slams spielt, könnt ihr zu mir kommen und mir sagen, dass ich nichts vom Tennis verstehe", sagte Nadal nach dem Finale in Rom. Und wer will einem 16-maligen Major-Sieger das Fachwissen absprechen?

(areh)
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