Weltfrauentag erinnert an weibliche Benachteiligung Rot-Grün streitet um Gleichstellungsgesetz

Berlin (AP). Zum Weltfrauentag ist in der rot-grünen Koalition Streit über das geplante Gleichstellungsgesetz aufgebrochen. Die Grünen bestünden auf einem solchen Gesetz, das von Bundesfrauenministerin Christine Bergmann in Frage gestellt worden sei, sagte Vorstandssprecher-Kandidatin Renate Künast am Mittwoch. Frauen seien in Spitzenpositionen der Wirtschaft bei weitem nicht ausreichend vertreten.

Soziale Organisationen beklagten die weltweite Benachteiligung und Gewalt gegen viele Frauen. In Deutschland soll nach Worten von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin ein Gewaltschutzgesetz Frauen und Kinder künftig besser vor schlagenden Männern bewahren.

Das umstrittene Gleichstellungsgesetz hatten SPD und Grüne in ihrer Koalitionsvereinbarung 1998 verabredet. Es soll verbindliche Regelungen zur Frauenförderung einführen, die auch für die Privatwirtschaft gelten sollen. Bergmann hatte am Dienstag gesagt, die Bundesregierung strebe einvernehmliche Regelungen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften an. Sie hatte offen gelassen, ob es zu einem Gleichstellungsgesetz kommen werde.

Daran äußerte Künast Kritik. Die Frauenförderung in der Wirtschaft müsse für alle Betriebe gelten und dürfe nicht nur an die Vergabe öffentlicher Aufträge geknüpft sein, sagte die Berliner Fraktionsvorsitzende der Grünen. Auch Grünen-Vorstandssprecherin Antje Radcke erinnerte daran, dass der Frauenanteil in Führungspositionen der deutschen Wirtschaft erhöht werden müsse.

Auch bei einer DGB-Veranstaltung zum Frauentag forderten Politikerinnen und Vertreterinnen von Frauenorganisationen und Kirche auf einmütig mehr Chancengleichheit für Frauen in der Ausbildung, auf dem Arbeitsmarkt, in Beruf und Familie. Justizministerin Däubler-Gmelin und Verfassungsgerichtspräsidentin Jutta Limbach verlangten zudem eine bessere Vertretung von Frauen in politischen Toppositionen.

Säureattentate und Frauenhandel beklagt

Zum Gewaltschutzgesetz sagte Däubler-Gmelin, dieses komme jetzt "zügig ins Gesetzgebungverfahren". Die Quintessenz liege darin, dass nicht mehr wie bisher die Frau mit den Kindern vor ihrem gewalttätigen Ehemann fliehen müsse, sondern umgekehrt: "Der, der schlägt, geht", sagte die SPD-Politikerin.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens nahm den Frauentag, der bereits zum 90. Mal begangen wurde, zum Anlass für harte Kritik am Frauenhandel. "Sklaverei ist das Wort, das annähernd das Schicksal dieser Frauen beschreibt", sagte der SPD-Politiker. Er forderte ein konsequentes und international abgestimmtes Vorgehen gegen die Täter.

Auf Säureattentate als neue Form von Gewalt an Frauen verwiesen UNICEF und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Die SPD-Politikerin sagte, sie sei schockiert von den brutalen Verbrechen, bei denen die Täter Batteriesäure über das Gesicht und manchmal auch den Körper von Mädchen und Frauen schütteten. Dies sei vor allem in Bangladesch, aber auch in Italien vorgekommen.

UN-Generalsekretär Kofi Annan lobte die Fähigkeit von Frauen zur Konfliktlösung. Sie neigten in Krisensituationen dazu, Brücken statt Mauern zu bauen. Amnesty International kritisierte die geringen Bemühungen der Regierungen, Frauenrechte zu verbessern. Jedes Jahr würden unzählige Frauen und Mädchen verstümmelt, zu Tode geprügelt, bei lebendigem Leibe verbrannt, vergewaltigt oder sexuell ausgebeutet.

(RPO Archiv)
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