Überraschend klare Aussage des Fraktionsvorsitzenden: CDU-Vorsitz: Merz ist für Merkel

Berlin (dpa). Mit dem klaren Votum von CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz sind die Chancen für eine Wahl Angela Merkels zur CDU- Vorsitzenden gestiegen. Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) sprach sich für eine „Führungsmannschaft“ an der Spitze der CDU aus.

In der aktuellen Krise würde die Konzentration des öffentlichen Interesses auf den Vorsitzenden „jeden überfordern, der das Amt in den kommenden zwei Jahren ausübt“. Merkel selbst legte sich am Mittwoch nicht auf eine Kandidatur fest. Die CDU will die Vorentscheidung über den höchsten Parteiposten bei der Vorstandssitzung am 20. März treffen.

Nach positiven Stimmen von anderen Spitzenpolitikern sprach sich auch Merz für Merkel als Nachfolgerin des im Zuge der Finanzaffäre scheidenden Partei-Chefs Wolfgang Schäuble aus. „Alles andere wäre der Partei nur schwer zu erklären“, sagte Merz in Hechingen. „Angela Merkel wäre eine gute Vorsitzende der CDU“, betonte er auch im Südwestrundfunk. Die Parteibasis sehe dies genau so. Wer sich über das Votum der Basis hinwegsetzen wolle, müsse Argumente haben, die er sich derzeit nicht vorstellen könne.

Biedenkopf sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag), das Präsidium müsse gestärkt werden und Vielfalt sichtbar machen. Die CDU müsse den Zentralismus der vergangenen Jahre überwinden. Unter dem früheren Parteichef Helmut Kohl habe die Union ihre Vielfalt eingebüßt, die sie nun zurückgewinnen müsse. Dazu müsse das Präsidium gestärkt und in ein Kollegialgremium verwandelt werden, „dessen Mitglieder klar umrissene Aufgaben übernehmen und deren Erledigung verantworten“.

Merkel, nach Umfragen weiter beliebteste CDU-Politikerin, sagte bei der Aufzeichnung der ZDF-Sendung „Was nun...“ in Berlin, bis zur Vorstandssitzung, bei der ein Vorschlag unterbreitet werden könne, „wird es keinen Kandidaten geben“. Sie wehrte sich aber gegen Vorwürfe, sie stehe in der Partei zu weit links. „Ich stehe in der Mitte der CDU.“ Auch Merkel deutete an, dass der Vorstand am 20. März eine Empfehlung für eine Führungsmannschaft präsentieren könnte, die während des Parteitags vom 9. bis 11. April in Essen gewählt werden soll: „Die Mannschaft soll stimmen.“ Merkel betonte: „Es bleibt beim verabredeten Fahrplan.“ Bis zum 20. März solle die Parteibasis gehört und der Prozess offen gehalten werden.

Die Berliner „B.Z.“ berichtete, es habe sich bereits eine Führungsmannschaft formiert. Nach dem Bericht ohne Quelle soll Merkel Vorsitzende werden und Biedenkopf als einer von vier stellvertretenden Vorsitzenden in das Führungsteam integriert werden. Partei-Vize Volker Rühe würde aus dem Spitzenteam ausscheiden. Für den ehemaligen Arbeitsminister Norbert Blüm soll der nordrhein- westfälische Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers nachrücken. Annette Schavan aus Baden-Württemberg und Christian Wulff aus Niedersachsen blieben Stellvertreter. Favorit für das Amt des Generalsekretärs soll der CDU-Generalsekretär in Baden-Württemberg, Volker Kauder, sein.

Merkel hatte in der „Bild“-Zeitung zu erkennen gegeben, dass sie im Falle einer Kandidatur auch gegen mögliche Mitbewerber antreten würde. „Es spricht nicht gegen, sondern für das demokratische Prinzip, wenn sich mehrere Kandidaten für ein Amt bewerben“, sagte sie. Thüringens Ministerpräsident, Berhard Vogel (CDU), hielt eine Mitgliederbefragung zum CDU-Vorsitz für möglich. Voraussetzung sei, dass es mehrere Bewerber gebe. Er selbst werde nicht antreten.

39 Prozent der Deutschen sprachen sich in einer Forsa-Umfrage für Merkel als CDU-Chefin, 17 Prozent für Biedenkopf aus, teilte die Illustrierte „Bunte“ mit. Nach einer Forsa-Umfrage für die Zeitung „Die Woche“ würde Merkel auch als Kanzlerkandidatin eher eine Chance gegen Amtsinhaber Gerhard Schröder haben als andere Unionspolitiker, auch als CSU-Chef Edmund Stoiber.

Stoiber kündigte beim Politischen Aschermittwoch in Passau verschärfte Oppositionspolitik an. Er räumte ein, dass die CDU- Finanzaffäre das Vertrauen der Bürger in die Politik erschüttert habe. „Aber nach dem Aschermittwoch ziehen wir das Büßerhemd wieder aus und dann ziehen wir den Kampfanzug an.“ Auch Merz betonte in Hechingen: „Die Zeiten des Regierens ohne Opposition sind vorbei.“

Zur Parteispendenaffäre sagte Merkel, die CDU habe aus eigener Kraft die Strukturen ihres früheren illegalen Finanzgebarens klar gestellt. Die Geldzuflüsse in den Jahren 1989 bis 1999 seien offen gelegt. Merz sagte, mit Blick auf Kohls Spendendsammlung: „Die Probleme der CDU sind nicht allein durch Geld zu lösen.“

Kohl muss seinen Platz im Bundestag jetzt für Schäuble freimachen, der nach seinem Verzicht auf den Fraktionsvorsitz in die zweite Reihe rückt. Zu Kohls Spendensammlung, mit der er die durch sein Finanzgebaren ausgelösten Strafgelder für die CDU ausgleichen will, sollen nach Angaben der „Wirtschaftswoche“ auch Prominente wie Ex- Fußball-Bundestrainer Berti Vogts beitragen. Die Schauspielerin Uschi Glas sagte der „B.Z.“ und dem „Mannheimer Morgen“, sie wolle 10 000 Mark geben. Kohl selbst will angeblich eine Hypothek auf sein Eigenheim in Ludwigshafen-Oggersheim aufnehmen.

(RPO Archiv)
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