Moskau Menschen leben mit ständiger Bedrohung

Moskau · Wenn es in Moskau einen Terroranschlag gibt wie jetzt am Flughafen Domodedowo, dann schreckt die Welt auf. Im Nordkaukasus aber ist tägliche Gewalt die Norm, ohne dass davon außerhalb Russlands Notiz genommen wird. Vor allem in den Kaukasus-Republiken Tschetschenien, Inguschetien und Dagestan leben die Menschen mit einer ständigen Bedrohung durch tödliche Auseinandersetzungen und Anschläge. Allein im vergangenen Jahr hat es in der Region 200 Attentate und Explosionen gegeben, denen mehr als 600 Menschen zum Opfer fielen. Russlands Führung bekommt die Situation seit mehr als zehn Jahren nicht in den Griff. Das ist umso erstaunlicher, als seit dem Machtwechsel von Boris Jelzin zu Wladimir Putin im Jahre 2000 ehemalige Geheimdienstler in Russland das Sagen haben.

Kremlchef Dmitri Medwedew hat bereits nach den Selbstmordanschlägen in der Moskauer Metro im vergangenen Jahr erkannt, dass die grassierende Armut, Arbeits- und Perspektivlosigkeit im Kaukasus eine der Ursachen für den Terrorismus ist. Eine der "schwarzen Witwen", die damals die Attentate begingen, war erst 17 Jahre alt.

Es scheint trotz reichlich fließender Subventionen aus Moskau nicht zu gelingen, den Lebensstandard im Kaukasus wesentlich zu verbessern. Daran hat sich auch nichts geändert, seit Medwedew den ehemaligen Manager Alexander Chloponin zu seinem Kaukasus-Beauftragten machte. Chloponin will die Konflikt-Region zu einem Wirtschaftsgebiet vereinen, hat überzeugende Pläne. Sichtbare Erfolge aber bleiben aus. Das liegt auch an einem weiteren grundlegenden Übel im Kaukasus: der Korruption. Was immer der Staat gibt, versickert in dunklen Kanälen. Russlands Führung aber geht die Korruptionsbekämpfung landesweit nicht ernsthaft an – und im Kaukasus erst recht nicht. Die Bewohner dort nehmen die Staatsgewalt nicht als Garant für Recht und Ordnung, sondern als Quelle willkürlicher Bedrohung wahr.

(RP)
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