Hamburg im Visier der Fahnder Die Suche nach den Helfern der Terrorflieger

Hamburg (rpo). Hamburg rückte nach den Anschlägen vom 11. Sepetmber in den Focus der Terrorfahnder. Mehrere der Kamikazeflieger hatten in der Hansestadt als "Schläfer" gelebt. Noch immer dauert die Suche nach möglichen Helfern der Terroristen an.

Am 11. September 2001 hielt die Welt den Atem an: Terroristen kaperten Passagierflugzeuge und steuerten drei von ihnen mit tödliche Präzision in das Pentagon und die Türme des World Trade Centers - mehr als 3000 Menschen starben. Bereits wenige Tage danach rückte Hamburg in den Focus der Terrorfahnder. Die Kamikazeflieger Mohammed Atta, Marwan Alshehhi und Ziad Jarrah saßen in den entführten Flugzeugen. Ebenso wie ihre weiterhin gesuchten Komplizen Said Bahaji, Ramzi Binalshibh und Zakariya Essabar lebten und studierten sie unauffällig als "Schläfer" in der Hansestadt, hatten ihr "Hauptquartier" in einer unscheinbaren Wohnung in der Marienstraße 54 in Hamburg-Harburg.

Der später verhaftete Mounir El Motassadek hatte Verbindungen zur Atta-Gruppe. Der Hamburger Mohammed Haidar Sammar soll nach US- Presseberichten Atta und dessen Komplizen für das Terrornetz El Kaida angeworben haben. In Zeitungsschlagzeilen wurde die Stadt nach Bekanntwerden der "Hamburg Connection" gar zum "Weltzentrum des Terrorismus" erklärt. US-Justizminister John Ashcroft sprach nüchterner von "Hamburg als zentraler Operationsbasis" der Terroristen.

Die Anschläge in den USA und ihre Auswirkungen auf die Hansestadt prägten die Hamburger Polizeiarbeit des vergangenen Jahres, sagte Polizeipräsident Udo Nagel. In der "Sonderkommission USA" arbeiteten zeitweise bis zu 125 Kriminalisten, darunter 50 Beamte des Bundeskriminalamtes und FBI-Agenten. Noch im September war in Hamburg auch die Rasterfahndung angeordnet worden. Eine Soko mit 30 Mitarbeitern sollte in mühsamer Kleinarbeit Zehntausende unterschiedliche Datenbestände "durchsieben" und so das Umfeld der Terrorflieger erhellen. Nach Polizeiangaben wurden dabei bisher 811 Personen als auffällig herausgefiltert. Sie werden nach und nach zu klärenden Gesprächen ins Polizeipräsidium gebeten.

Als Ergebnis der Rasterfahndung durchsuchten im Juli Beamte der "Soko Netzwerk" sechs Wohnungen und einen Buchladen im Stadtteil St. Georg. Laut Generalbundesanwalt Kay Nehm hatte der Verdacht bestanden, die sieben Araber hätten sich zusammengeschlossen, "um auf der Grundlage eines aggressiven islamischen Fundamentalismus' Anschläge zu begehen". Allerdings blieben die Verdächtigen nach ihren Vernehmungen auf freiem Fuß. Die Ermittlungen wurden laut Bundesanwaltschaft zwar fortgesetzt, Haftbefehle gegen die Männer aber bisher nicht beantragt.

Auch eine weitere spektakuläre Aktion lief ins Leere: Ende Dezember hatte ein Mobiles Einsatzkommando in Hamburg-Horn die Wohnung eines terrorverdächtigen 33 Jahre alten Sudanesen gestürmt. Sprengstoffexperten trugen offenbar zum Bau von Bomben bestimmte unbekannte Materialien aus dem Haus. Der Mieter wurde mit internationalem Haftbefehl gesucht. Allerdings stellte sich schnell heraus: In den geheimnisvollen Gläsern waren lediglich Duftöle. Als der 33-Jährige aus seinem Urlaub im Sudan nach Hamburg zurückkehrte, blieb er ein freier Mann: das Verfahren wurde eingestellt.

Für den Hamburger Verfassungsschutz ist der "militante Islamismus" in den vergangenen Monaten zu einem "nachrichtendienstlich ganz starken Schwerpunkt" geworden, sagte der in diesen Tagen abgelöste Amtsleiter Reinhard Wagner. Bereits wenige Tage nach dem 11. September seien ad hoc Stellen im Landesamt für Verfassungsschutz umgegliedert worden, später wurden 15 Personen neu eingestellt, darunter ein Islamwissenschaftler. Es habe fast ein Jahr gedauert, denn schließlich stünden nicht einfach arbeitslose Verfassungsschützer mit Fachkenntnissen zur Auswahl bereit. Die neuen Kräfte sind laut Wagner nun - fast ein Jahr danach - in der Einarbeitungsphase: "Jetzt läuft es sehr gut an."

(RPO Archiv)
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