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Interview mit Christian Lindner "Die Parteien im Bundestag sind alle sozialdemokratisch"

Was ist das Neue an der neuen FDP?

Was ist das Neue an der neuen FDP?

Lindner Wir haben generell die Dosis an Liberalismus im Programm erhöht. Im Zentrum steht der Einzelne, den wir stark machen wollen. Durch beste Bildung, Bürokratieabbau und den Schutz vor Abkassieren und Bespitzelung. Das ist eine Rückbesinnung auf klassische Werte als Antwort auf Fragen der Zeit.

Die CDU sagt, die FDP sei ihr natürlicher Partner - umgekehrt auch?

Lindner Wir schauen auf unser eigenes Programm. Ehrlich gesagt, kann ich zwischen den einzelnen Parteien im Bundestag keine großen Unterschiede mehr ausmachen. Das sind alles mehr oder weniger Spielarten von Sozialdemokratie. Wir sind eben anders, wir orientieren uns nicht am Staat, sondern am Einzelnen.

Wären Koalitionen aus SPD, FDP und Grünen eine Alternative zu großen Koalitionen und Schwarz-Grün?

Lindner Ich sehe keine größeren Gemeinsamkeiten. Die Grünen haben bisher ihre Ankündigung, liberaler werden zu wollen, nicht umgesetzt. Die SPD weiß nicht, wie sie sich aufstellen will. Herr Gabriel spricht von Ludwig Erhard und Bürgerrechten, gefährdet durch seine Energiepolitik dann aber Arbeitsplätze und macht den Weg für die Vorratsdatenspeicherung frei. Insofern sehe ich wenig Berührungspunkte.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann empfiehlt Ihnen mehr soziale Verantwortung, um von der SPD ernstgenommen zu werden.

Lindner Wir verstehen unter sozialer Politik vor allem beste Bildung und nicht Umverteilung. 80 000 junge Menschen ohne Schulabschluss in jedem Jahr können uns nicht ruhen lassen. Ich möchte mich für den Ratschlag von Herrn Oppermann aber gerne revanchieren: Die SPD sollte sich an ihre wirtschaftlich vernünftigen Zeiten unter Gerhard Schröder und Wolfgang Clement erinnern, um vielleicht wieder Richtung 30 Prozent zu kommen.

Welche Fehler würden Sie in einer Koalition nicht noch mal machen?

Lindner Wir werden unsere Prioritäten in Zukunft klar verfolgen und die roten Linien markieren. Wer zehn Jahre die Entbürokratisierung des Steuerrechts fordert, muss dann auch das entsprechende Ressort beanspruchen. Löst der Koalitionspartner sich dann von diesen Plänen, ist auch die Geschäftsgrundlage für eine Koalition entfallen. Das haben wir 2009 bis 2013 nicht richtig gemacht.

Sie würden also das Finanzministerium zur Bedingung machen?

Lindner Ich werde jetzt nicht die Prioritäten für 2017 nennen, erst Recht keine Koalitionsverhandlungen führen. Aber im Rückblick muss ich sagen, dass ich als Generalsekretär geschwiegen habe, als die Kanzlerin 2010 die Steuerreform absagte. Das passiert mir in meinem Leben kein zweites Mal. In einem solchen Fall wäre eine Koalition beendet.

Wie geht es weiter mit dem Euro-Land Griechenland?

Lindner Der Vorstoß der SPD für ein drittes Griechenland-Paket ist katastrophal falsch. Das ermutigt Ministerpräsident Alexis Tsipras ja geradezu, seine unfinanzierbaren Wahlversprechen von Europa bezahlen zu lassen. Das Gegenteil ist richtig: Statt jetzt über ein drittes Hilfspaket zu sprechen, müssen wir Athen klar machen, dass es ohne konkrete Reformzusagen auch keine weiteren Auszahlungen aus dem zweiten Hilfspaket geben kann. Ohne 180-Grad-Wende in der griechischen Politik verabschiedet sich das Land selbst aus dem Euro. Das wäre weniger gefährlich als das, was die SPD jetzt vorschlägt.

G. MAYNTZ FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(may-)
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