Verfassungsrechtler Thorsten Kingreen „Diese Bund-Länder-Runden stehen für eine atemlose Politik“

Düsseldorf · Der Verfassungsrechtler Thorsten Kingreen hat scharfe Kritik an der Ministerpräsidentenkonferenz geübt und eine gesetzliche Verankerung der Stufenpläne für die Lockerung des Corona-Lockdowns gefordert.

„Diese Bund-Länder-Runden stehen für eine atemlose Politik, die sich um eine langfristigere Strategie herumdrückt“, sagte Kingreen im Interview mit unserer Redaktion. „Es gibt diese Konklave nur, weil die Rechtsgrundlagen für die Schutzmaßnahmen so unbestimmt sind, dass sie letztlich alles erlauben. Viele Worte, aber wenig Freiheitsschutz“, betonte der Professor für Öffentliches Recht, Sozialrecht und Gesundheitsrecht an der Universität Regensburg. Er forderte, die Stufenpläne im Infektionsschutzgesetz zu verankern. „Genau das würde man vermeiden, wenn man parlamentsgesetzliche Stufenpläne schaffen würde, die selbstverständlich Entscheidungskorridore für den Erlass der Rechtsverordnungen durch die Landesregierungen belassen müssten. Die Bund-Länder-Runden bräuchten wird dann nicht mehr“, so Kingreen.

Diese gesetzliche Verankerung ist aus Sicht des Verfassungsrechtlers bisher bewusst umgangen worden. „Die Parteien der großen Koalition in BerlinCDU, CSU und SPD – sind zugleich in allen 16 Landesregierungen vertreten. Sie sorgen dafür, dass der Bundestag gesetzlich möglichst wenig regelt, damit sie in den Bund-Länder-Runden die notwendige Beinfreiheit der Exekutive behalten“, sagte Kingreen. Nach einem Jahr der Pandemie müsse man wieder in den Normalmodus“ zurückkehren. „Zur föderalen Normalität gehört es, dass der Bund kraft seiner Gesetzgebungskompetenz hinreichend konkrete Normen schaffen muss, die die Landesbehörden vollziehen“, so der Jurist.

(RP)
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