Vor Bund-Länder-Runde Wüst fordert von Kanzler Scholz Tempo bei der Impfpflicht
Düsseldorf · Der NRW-Ministerpräsident mahnt Bundeskanzler Scholz, bei der Impfpflicht sein Wort zu halten. Hier dürfe nicht auf Zeit gespielt werden. Ärzte- und Apothekerverbände halten eine Impfpflicht wegen der nachlassenden Wirkung der Vakzine dagegen für sinnlos.
Kurz vor den erneuten Beratungen von Bund und Ländern zur Corona-Pandemie hat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Kanzler Olaf Scholz (SPD) gemahnt, sein Wort bei der Impfpflicht zu halten. „Der Bundeskanzler hat die Impfpflicht für Februar angekündigt – dieses Wort muss gelten. Die Menschen brauchen Verlässlichkeit und Vertrauen in die Politik. Das Gefühl, dass bei einem solch sensiblen Thema wie der Impfpflicht taktiert und auf Zeit gespielt wird, darf nicht entstehen“, sagte Wüst unserer Redaktion. Die Impfung sei und bleibe der zentrale Weg aus der Pandemie, betonte der Ministerpräsident: „Die Vorbereitung einer Impfpflicht ist Teil einer vorausschauenden Pandemiepolitik. Bei allen noch zu klärenden Fragen braucht es Tempo und politische Führung.“
Die Beratungen über eine Impfpflicht sollen erst ab dem 24. Januar aufgenommen werden. Dann soll es im Bundestag eine Orientierungsdebatte geben, die erste Lesung dann im Februar erfolgen. Ursprünglich war vorgesehen, bereits in der nächsten Woche im Bundestag mit den Beratungen zu beginnen.
Auch Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sprach sich für eine Impfpflicht aus: „Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass eine Pflicht den Bürgerinnen und Bürgern zumutbar ist. Einerseits um die Menschen zu schützen, andererseits um uns endlich aus dieser Pandemie herauszuführen.“
Dagegen kamen von Ärzten und Apothekern skeptische Stimmen, was eine Impfpflicht betrifft. „Impfen ist das wirksamste Instrument im Kampf gegen das Virus. Trotzdem halte ich nicht viel von einer Impfpflicht, zumal ich glaube, dass wir dadurch letztlich keine relevante Erhöhung der Impfquote im Vergleich zu einer guten und intensiven Impfkampagne, flankiert von Maßnahmen wie 2G, erreichen werden“, sagte Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Zudem gebe es zu viele organisatorische Hindernisse, um die Impfpflicht in kurzer Zeit in Kraft treten lassen zu können.
„Solange die Impfung nicht ausreichend lange vor einer Infektion schützt, macht eine Impfpflicht keinen Sinn. Die Kontrolle weiterer notwendiger Booster-Impfungen würde Staat und Bürger stark belasten“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein.
Apotheker und Ärzte würden es begrüßen, wenn die Länderchefs eine Ausweitung der 2G-Regel beschließen. Laut Beschlussentwurf sollen nur noch Geimpfte und Genesene mit aktuellem Test die Gastronomie besuchen dürfen, es sei denn, sie sind geboostert. „Die Ausweitung der 2G-plus-Regel auf Gastronomie und Veranstaltungen wäre epidemiologisch vernünftig“, so Preis. Die Impfung schütze zwar vor schweren Verläufen, aber sie schütze bei Omikron nicht mehr zuverlässig vor Ansteckung. „Daher bietet es allen mehr Schutz, wenn sie sich vor dem Besuch von Restaurants oder Veranstaltungen testen lassen.“ Der Hotel- und Gaststättenverband ist dagegen alarmiert und verweist auf die Umsatzeinbrüche im Dezember, 56 Prozent der Betriebe fürchteten bereits um ihre Existenz.
Um das Land vor Personalmangel wegen Omikron zu bewahren, wollen die Länderchefs auch eine Verkürzung der Quarantäne beschließen. Kontaktpersonen in der kritischen Infrastruktur sollen sich nach fünf Tagen freitesten können. Der Industrie- und Handelskammertag mahnte, dabei nicht nur an Gesundheitswesen, Energie- und Wasserversorgung zu denken. Kürzere Quarantänefristen solle es auch für Personal in Supermärkten, Logistik und Arzneiversorgung geben.
Mit Blick auf Personalausfälle forderte der Städtetag NRW, das Alltagshelferprogramm für Kitas auszuweiten. Einrichtungen müssten „so lange wie möglich im Regelbetrieb laufen können, auch wenn Quarantäne und Krankheitsfälle zunehmen. Eine wichtige Maßnahme dafür ist, dass Teilzeitkräfte ihre Arbeitszeit kurzfristig erhöhen können, um ausgefallene Kollegen zu ersetzen. Wir fordern das Land auf, unverzüglich das Alltagshelferprogramm auszuweiten, damit auch in Teilzeit beschäftigtes Personal schnell die Stunden erhöhen kann“, sagte Städtetagschef Pit Clausen.
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