Neue Option in Hessen Ist eine Rot-Grüne Minderheitsregierung möglich?

Wiesbaden · Acht Wochen haben die Parteien in Hessen sondiert, nun wird entschieden. Wer regiert miteinander? Die SPD kann sich plötzlich auch ein rot-grünes Minderheitskabinett vorstellen.

Neue Option in Hessen: Ist eine Rot-Grüne Minderheitsregierung möglich?
Foto: dpa, Daniel Reinhardt

Knapp zwei Monate nach der Landtagswahl in Hessen steuern die Parteien auf Entscheidungen über die Regierung zu. Die SPD brachte dabei eine weitere Option ins Spiel: ein rot-grünes Minderheitskabinett. Der Vorstoß überschattete spürbar das vierte und letzte Sondierungsgespräch von CDU und SPD am Montag. "Hessen braucht eine stabile und verlässliche Regierung auf fünf Jahre", mahnte der CDU-Landesvorsitzende und Ministerpräsident Volker Bouffier in Wiesbaden.

Der SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel zog abends im Parteirat in Frankfurt eine Bilanz der Gespräche mit der Union sowie mit Grünen und Linkspartei. Mit dem Ende der Sondierungen beginnt für die hessische Landespolitik eine Woche der Entscheidungen. Auch CDU, Grüne und Linkspartei wollen bis zum Wochenende ihre Marschroute festlegen.

Bouffier und Schäfer-Gümbel sprachen nach eigenen Angaben über Streitfragen wie Schule, Finanzen und den Frankfurter Flughafen. In vielen Sachfragen sehe man einen Korridor für Lösungen. Sie gaben aber keinen Hinweis darauf, ob sie eine große Koalition ansteuern.

Unklar blieb, ob der SPD-Parteirat noch am Montag über Koalitionsverhandlungen entscheidet. Wahrscheinlich werde sich die SPD-Führung bis zu einem Parteitag am 30. November noch mehrfach mit der Frage beschäftigen, sagte Generalsekretär Michael Roth. "Meine Wunschkonstellation ist die, in der Thorsten Schäfer-Gümbel Ministerpräsident wird", sagte der Landtagsabgeordnete Marius Weiß.

Ein Minderheitskabinett könnte die CDU aus der Regierung verdrängen, obwohl sie stärkste Partei ist. "@HessenSPD arbeitet nach wie vor für Politik- und Regierungswechsel", schrieb Roth im Kurznachrichtendienst Twitter. Rot-Grün könnte sich nach diesen Vorstellungen von der Linkspartei ins Amt wählen lassen und danach auf wechselnde Mehrheiten setzen. Ein festes rot-grün-rotes Bündnis will Schäfer-Gümbel angeblich nicht.

"Aktivposten für den Politikwechsel"

Seine Vorgängerin Andrea Ypsilanti war 2008 am Widerstand aus den eigenen Reihen mit dem Versuch gescheitert, eine Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linken zu bilden.

Die Linkspartei zeigte sich mit dem neuen Vorstoß einverstanden. "Wenn Thorsten Schäfer-Gümbel bei der Wahl antritt, gehe ich davon aus, dass wir Bouffier abwählen", sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler dem Sender hr-Info. Rückendeckung erhielt sie von Bundeschefin Katja Kipping, die im "Tagesspiegel" sagte: "Unsere hessische Landtagsfraktion ist ein Aktivposten für den Politikwechsel."

An diesem Dienstag will Schäfer-Gümbel mit Jörg-Uwe Hahn, dem Vorsitzenden der hessischen Liberalen, die politische Lage im Land erörtern. Dies soll ausdrücklich keine Sondierung sein, weil die FDP sich an keinem Bündnis beteiligen will. Eine Minderheitsregierung könnte aber auch eine Kooperation mit der FDP versuchen. Am Donnerstag wird Grünen-Chef Tarek-Al-Wazir mit Hahn sprechen.

Die Grünen wollten den SPD-Vorstoß nicht kommentieren. Sie streben nach bisherigen Beschlüssen eine auf fünf Jahre stabile Regierung an. Sie könnten auch als Partner der CDU an die Regierung kommen.

(dpa)
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