Frauensache Wie der deutsche Durchschnittsmann lebt

Berlin · Auf speziellen Wunsch eines männlichen Lesers sind diese Zeilen einem statistischen Phänomen gewidmet.

Diese Zeilen möchte ich Olliver widmen, jenem Leser der meine Kolumne in der Online-Kommentarspalte mit folgenden Worten begleitet: "Es reicht! Wann dürfen wir bei der Rheinischen Post mal folgende Überschrift lesen: Kolumne Männersache?"

Olliver, ich habe verstanden. Deshalb gehört heute dieser Platz dem Mann. Er heißt Thomas, ist 178,6 Zentimeter groß, wiegt 82 Kilogramm, lebt mit Schuhgröße 44 auf großem Fuß und ist der statistische Durchschnittsmann. Am liebsten trägt er Jeans, was wohl damit zu tun hat dass er ungern bügelt. Nun mag der Durchschnittsmann entgegnen, dass ihm seine 2230 Stunden Freizeit pro Jahr zu kostbar seien, um sie mit Hausarbeit zu verplempern. Schließlich gingen schon 150 Tage seines Lebens dafür drauf, die 25 000 Barthaare in seinem Gesicht zu rasieren und das wo er ohnehin 1825 Tage weniger Lebenszeit habe als seine Partnerin, die Durchschnittsfrau.

Da könne sie ruhig das Bügeln übernehmen und gleich auch noch seine Unterhosen kaufen. Laut einer Umfrage handhaben das mit den Unterhosen 55 Prozent der Männer so. Pah, sagt der Durchschnittsmann, es sei ziemlich unfair ihm das hier unter die Nase zu reiben. Und überhaupt sei das Rumwühlen der Statistik-Heinis in seiner Intimsphäre geschmacklos. Warum solle denn unbedingt alle Welt wissen, dass er glaube, hart zu sich selbst sein zu müssen und dass ihm beim Song "Everybody hurts" von R.E.M dann doch die Tränen kommen? Und wen bitteschön gehe es etwas an, dass er gerne ein bisschen angebe? Nur weil 53 Prozent der deutschen Männer dick auftrügen, könne ihm das nicht zum Vorwurf gemacht werden. Zugegeben, mit der Wahrheit nehme er es nicht immer so genau, 1092-mal lasse er sich im Jahr zu einer Lüge hinreißen, die Durchschnittsfrau nur 728-mal.

Bei der Liebe aber, da sei er grundehrlich während sie, diese scheinbar tugendhafte Dame, sich als berechnend erweise: Für 42 Prozent der Frauen spiele das Einkommen bei der Männerwahl eine Rolle, ihm hingegen sei — wie 71 Prozent seiner Spezies — ihr Geld egal. Wenn schon so viel Persönliches, dann um endlich mit dem nervigen Machoklischee aufzuräumen. Schließlich wünsche er sich Zärtlichkeit, sehne sich nach Verständnis, genieße es, wenn ihm übers Haar gestrichen werde — alles umfragetechnisch ermittelt.

Und, ach ja, er habe gerne jeden Tag ein Stück Fleisch auf dem Teller. Nur so, als kleiner Hinweis an die Durchschnittsfrau, der die Arbeit am Herd ja mehr liege als ihm. Das glaube übrigens nicht nur er, sondern 81 Prozent der Männer.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort